Kapitel 28

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Bis in die Nacht hinein feierte ich zusammen mit den anderen.
Den gesamten Abend über hatten Chris und ich nicht einmal gestritten. Wir tauschten nicht mal genervte Blicke aus.

Es war ein komisches Gefühl seinem eigentlichen Erzfeind so nah zu sein, ohne jegliche negative Emotionen zu verspüren.
Gleichzeitig war es aber auch erleichternd.

Ich musste nicht jede Sekunde damit rechnen, auf irgend eine Art und Weise attackiert zu werden, sondern konnte einfach den Abend genießen.

Nachdem mich meine Mutter gegen 01:00 Uhr anrief, um mir zu sagen, dass sie da ist um mich abzuholen, wendete ich mich zuerst an Chris, da dieser direkt neben mir stand.

Ich zog leicht an dem Ärmel seines T-Shirts, was ihn dazu brachte zu mir runter zu sehen.
"Meine Mom ist da um mich abzuholen", rief ich ihm zu, sodass er mich grade so über die Musik hören konnte.

Als er nickte, um mir zu gestikulieren, dass er mich verstanden hatte, lief ich zu den anderen und verabschiedete sie alle mit einer Umarmung.

"Ich lauf noch kurz mit", rief Chris und begab sich an meine Seite als ich loslaufen wollte.

"Oh du musst nicht-"

"Versuchs gar nicht erst Roberts", unterbrach er mich.
"Wer weiß, wo sich Matt rumtreibt. Du willst mit Sicherheit nicht in der Nähe sein, wenn Matt seine Reifen sieht."

Ich seufzte, ließ ihn aber mit mir laufen, da ich ihm dieses Mal tatsächlich nicht widersprechen konnte.

"Woher wusstest du, dass ich nicht schwimmen kann?", unterbrach ich nach einiger Zeit die Stille.

Chris blies daraufhin seine Backen auf und entließ langsam die Luft.
"Erinnerst du dich an den Abend, an dem du mit deiner Familie bei uns warst?", antwortete er schließlich.

"Du meinst den Abend an dem du ausgerutscht und ins Wasser gefallen bist?"
Ein leichtes Grinsen schlich sich über meine Lippen.

"Genau der", lachte er auf.
"Naja du sahst damals im Wasser ein wenig panisch aus. Und als ich sah, wie Matt dich ins Wasser warf, bin ich dir eben so schnell ich konnte hinterher."

Ich nickte nur.
Mir war nicht bewusst, dass er so aufmerksam sein konnte.

Zusammen streiften wir über den Parkplatz, bis hin zum Straßenrand.
Aus jedem Winkel hörte man die Grillen zirpen und den kühlen Wind, welcher mir einige Strähnen ins Gesicht pustete, konnte man auf der Haut spüren.

"Danke", murmelte ich schließlich.
Chris' Blick war nun auf mich gerichtet.
Ich hingegen, sah weiterhin nach vorne.

Am Straßenrand kamen wir zum Stehen.
Die roten Lichter des Autos meiner Mutter schienen bereits aus der Dunkelheit hervor.

Ehe ich mich auf den Weg zum Auto machte, drehte ich mich noch einmal zu Chris.
"Danke für heute, und all die restlichen Tage."

In Chris' Gesicht zeichnete sich ein Grinsen.
"Und ich dachte schon, du wärst undankbar."

Ich verdrehte meine Augen, konnte es jedoch nicht verhindern ebenfalls zu grinsen.
"Übertreibs nicht O'Neill"

Ich lächelte ihm ein letztes Mal zu, bevor ich in das Auto meiner Mutter stieg.

"Wie kam es denn dazu? Bist du etwa tatsächlich mal meinem Rat gefolgt?"

Mit einer hochgezogenen Augenbraue, sah ich zu meiner Mutter, welche ihren amüsierten Blick auf der Straße hielt.

"Nun... er hat sich eben einmal in seinem Leben wie ein normaler Mensch und nicht wie ein völliger Idiot verhalten."
Ich verschränkte meine Arme ineinander und lehnte meinen Kopf gegen das kühle Fenster.

"Aha."
Anscheinend fand sie meine Antwort lustig, denn ich hatte sie damit etwas zum Lachen gebracht.

"Ich wusste, ihr findet doch noch irgendwann zueinander..."

"Gott, Mom! Wir haben nicht zueinander gefunden! Er hat mich doch nur kurz begleitet", schnaubte ich verärgert.

"Wenn du das sagst..."

Ich rollte mit den Augen und verschränkte stur meine Arme ineinander.
Wenn ich diesen Satz noch einmal höre...

"Ich glaube jedenfalls nicht, dass er dich hasst."
Sie warf mir einen kurzen Blick zu, wendete sich aber schnell wieder der Straße zu.

"Du kannst es einfach nicht lassen, oder? Warum interessiert dich das überhaupt so sehr?"
Es war fast schon so, als wären Chris und ich ihre eigene und private Reality-Show.

"Du bist eben meine Tochter und ich weiß noch ganz genau wie sehr ihr euch damals gemocht habt."

"Ja, damals. Wie in Vergangenheit, nicht Gegenwart."

Meine Mutter kicherte wieder, ließ es aber endlich sein.

Als wäre es mir nicht bewusst wie gut ich damals mit Chris befreundet war.
Aber die Dinge haben sich nun mal geändert.
Chris und ich haben uns geändert.

Und doch brachte mich irgendwas an ihren Worten zum Nachdenken.
Dass Chris und ich in letzter Zeit einiges zusammen durchgemacht hatten, war völlig außer Frage.

Die ganzen Ereignisse waren nur so überwältigend, dass ich nicht wusste wie ich damit umgehen sollte.
Geschweige denn was ich fühlen sollte.

Von heute auf morgen, verhielt er sich ohne Grund nicht mehr wie der Vollidiot, der er sonst immer war.

Bestand denn wirklich die Möglichkeit, dass Chris sich verbessert hat?
Eigentlich war dies etwas, das ich für unmöglich hielt.

Wenn man sich jedoch über Chris' Verhalten der letzten paar Tage Gedanken machte, dann schien es gar nicht mehr ganz so unmöglich.

Was mir jedoch mehr Sorgen bereitete als die Tatsache, dass er sich verändert hat, war die Frage, was ihn dazu gebracht hat sich zu verändern.

Immerhin bin ich nach wie vor dieselbe Person, was bedeutete, dass es schon mal nicht an mir liegen konnte.

Oder er hat endlich eingesehen, dass ein Krieg gegen mich unmöglich gewonnen werden kann.
Das klingt mir noch am realistischsten.

Nichtsdestotrotz, fehlte mir immer noch eine angemessene Entschuldigung von ihm, um ihm vergeben zu können.

Chris - Because Enemies Don't Look At Each Other Like ThatWo Geschichten leben. Entdecke jetzt