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Eilig wische ich mir die Hände an meiner Hose ab

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Eilig wische ich mir die Hände an meiner Hose ab. Mit schwitzigen Fingern könne ich niemals einen sauberen Ton aus der Gitarre bekommen. Mit meinem Fuß wippe ich auf und ab, während ich immer wieder aus der Tür herausluge. Das Heaven ist bereits ordentlich mit Menschen gefüllt. Viele tummeln sich an der Bar und genießen ihre Drinks. Andere sitzen an den aufgestellten Tischen. Laut unterhalten sie sich miteinander.

 An einen der Tische kann ich Milo und Lola erkennen. Mason und Milos Freundin Louanna haben es nicht geschafft. Dennoch bin ich dankbar, die beiden bei meinem ersten Auftritt zu sehen.
Grinsend hält Lola mir die Daumen hoch, als ihr Blick den meinen streift.
So aufgeregt wie heute, bin ich schon lange nicht mehr gewesen. Die ganzen Menschen zu sehen, dass sie auf meinen Auftritt warten, bringt mein Herz zum Rasen. Doch als mein Onkel eine kurze Ansprache hält, mich auf die Bühne ruft, gibt es kein Zurück mehr.

Tief atme ich ein, bevor ich entschlossen auf die kleine Bühne trete. So etwas habe ich noch nie gemacht. Es ist der erste Auftritt in meinem Leben.
„Hey, wie geht es euch?", frage ich in die Runde. Leicht zittert meine Stimme.

Die Leute reagieren nicht auf meine Worte. Stattdessen schauen sie mich mit ihren großen Augen an. Doch auf einmal fängt Lola an zu pfeifen und zu jubeln. Milo zuckt mit den Achseln und schließt sich grinsend Lola an. Langsam beginnen auch ein paar andere zu klatschen.
Dankend nicke ich meinen Freunden zu. Sie machen das ganze weniger unangenehm. Auch wenn ich vor Scham im Boden versinken könne.

„Ich bin Jim Parker. Ehm, heute möchte ich euch einen Song präsentieren, der mir sehr viel bedeutet."
Ohne noch groß drum herumzureden, beginne ich die ersten Akkorde der Melodie zu spielen. In diesem Moment öffnet sich die Tür und Mason kommt herein. Lächelnd betrachtet er mich, bevor er sich zu meinen Freunden setzt. Er hat es doch noch geschafft. Da sitzen die drei vor mir. Augenblicklich kehren die Erinnerungen an unsere Jugendzeit in Brighton zurück. Das waren die wildesten und wundervollsten Zeiten. Verrückt, dass wir eine zweite Chance bekommen, vergangenes wieder aufleben zu lassen.

Lächelnd beginne ich den Text zu singen, von dem Lied über die Kompliziertheit des Lebens und der Suche nach einem Zuhause. Es ist der erste Song, den ich jemals geschrieben habe. Entstanden ist er, als ich nicht wusste, wo mein Zuhause ist. Lediglich ein Chaos umgab mich, in dem ich mich fast verlor. Doch wie die Dunkelheit, von der Helligkeit eines neuen Tages vertrieben wird, ein Kapitel umgeschlagen werden kann, begann ich einen neuen Lebensabschnitt. Vielleicht habe ich mein Zuhause bereits gefunden. Vielleicht ist mein Zuhause, der Tisch, an dem meine drei Freunde sitzen.

Meine Stimme erfüllt den gesamten Raum. Kein Klang, außer der meiner Gitarre und meiner Stimme, ertönt. Wie gebahnt, lauschen die Gäste meiner Musik.
„But I'am strong enough, to get through this ", beginne ich die den Refrain zu singen. Ein warmes Gefühl breitet sich in meinem Inneren aus. Ein Schauer zieht über meine Arme und meinem Rücken. Kurz schließe ich die Augen und wiege mich in meinen Gefühlen. Alle samt packe ich den Song, als wäre es das letzte Mal, dass ich hier stehe.
Noch einmal singe ich den Refrain, bevor ich langsamer werde und den letzten Ton meiner Gitarre erlöschen lasse.

Obwohl kein Ton mehr klingt, herrscht noch immer Stille. Als würden sie dem Song noch immer hinterherhängen und alles Revue passieren lassen.

Mit einem Mal brechen sie in lautes Klatschen Jubeln aus. Überrascht von den Reaktionen halte ich mir die Hand vor den Mund. Ein breites Lächeln legt sich über mein Gesicht. Dieses Feedback zu bekommen, ist wie ein Traum.

Meine Hand legt sich auf meine Brust, bevor ich mich verbeuge. Laut pfeift Lola mir zu. Dankend lächle ich ihr zu, bevor ich von der Bühne verschwinde und meine Gitarre in dem Koffer verstaue.
„Ich bin unfassbar stolz auf dich!"
Anerkennend klopft mein Onkel mir auf die Schulter. Der Stolz ist ihm im Gesicht anzusehen.

Meine Eltern haben mir nie gesagt, dass sie stolz auf mich sind. Ich bin mir nicht einmal sicher, dass sie es überhaupt mal waren.
Diese Worte von meinem Onkel zu hören, freut mich mehr, als er sich vorstellen kann.
„Es war unglaublich! Ich habe mich so wohl auf der Bühne gefühlt!"
Lachend tätschelt mein Onkel meine Schulter. „Weil du dafür geboren bist, Jim. Irgendwann werden es deine Eltern verstehen!"

Mit einem Kopfnicken wendet er sich ab, den nächsten Sängern und Bands zu. Er gibt ihnen kurz und knapp Anweisungen, wann sie auftreten. Dann schickt er die nächsten auf die Bühne. Erneut ertönt das laute Klatschen der Gäste.
Eine breite Gänsehaut fährt über meine Arme. Diesen Tag werde ich so schnell nicht mehr vergessen.
„Ah, Jim! Du bist ein verdammter Genie!"

Laut schreiend betritt Lola das Hinterzimmer. Im Schlepptauch hat sie Mason und Milo, welcher noch immer sein Bier in der Hand trägt.
„Psst. Die anderen treten doch noch auf", versuche ich Lola zu beruhigen, doch sie ist nicht zu bremsen. So ist halt Lola. Manchmal frage mich, woher sie jeden Tag diese Masse an Energie gewinnt.
„Selbst wenn, keiner von denen ist so gut wie du!"
Fest zieht sie mich zu einer Umarmung in ihre Arme. „Du erdrückst mich, Lola!"
Sie hört jedoch nicht auf meine Worte. Stattdessen drückt sie mich noch fester. Erst nach und nach lässt sie mich los.
„Das war nicht schlecht, Kumpel!"

Anerkennend nickt Milo, bevor er den nächsten Schluck des Bieres in sich hereinschüttet.
„Milo untertreibt. Es hätte ihn fast zu Tränen gerührt", erwidert Mason grinsend und kassiert augenblicklich einen Knuff von Milo. Laut schnaubt dieser auf. „Entschuldige den Herren, dass ich Gefühle besitze!"
Lola rollt mit den Augen. Doch wie auch ich auch ich, muss sie ebenfalls lachen. Die beiden zu beobachten, ist wie sich neckende Kinder im Kindergarten zu beobachten. Dabei strahlen sie eine solche Freude aus, die ansteckend ist.

„Wollt ihr noch bleiben? Sonst würde ich schon gehen", unterbreche ich den kleinen Kampf zwischen Milo und Mason.
„Jetzt schon, man?", hakt Milo nach. Deutlich hörbar seufzt er auf.
„Lass ihn gehen! Er ist noch lange genug in Brighton!", mischt sich nun Lola ein. Auf Milos Wange haucht sie einen Kuss. Daraufhin nickt er mir zu.

𝓐𝓵𝓼 𝓲𝓬𝓱 𝓭𝓲𝓬𝓱 𝓽𝓻𝓪𝓯Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt