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Erschöpft richte ich mich vom Sofa auf

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Erschöpft richte ich mich vom Sofa auf. Gestern Abend muss ich auf dieser eingeschlafen sein, als ich mir einer meiner DVDs angeschaut habe.
Als ich mich strecke, schmerzen meine ganzen Knochen. Lola und Mason hätten durchaus eine besseres Sofa kaufen können.

Seufzend schlürfe ich in das Badezimmer und mache mich in Ruhe fertig, als mein Handy kurz klingelt. Auf dem hellen Bildschirm ploppt eine Nachricht von Milo auf. Wir hatten uns nach seinem Training verabredet und ich versprach ihm, etwas zu Essen mitzubringen.

Schockiert blicke ich auf die Uhr. Verdammt, bin ich spät dran. Sein Training ist fast zu Ende. Der Umbau meines Zimmers hat mich extrem ausgebaut. Ich bin noch lange nicht so fit, wie ich es als Jugendlicher war. Doch Lola wollte erst aufhören, als wir fertig waren.
Hastig schnappe ich mir meinen Rucksack und stopfe das wichtigste herein, bevor ich mir meine Jacke überziehe und aus der Wohnung eile.

Trotz des guten Wetters, brauche ich länger als erwartet. Meine Sachen lasse ich im Auto. Milo und ich müssen sowieso noch weiterfahren. Lola hat uns aufgetragen Getränke und Naschzeug für die „kleine" Hausparty bei uns in der WG zu besorgen.
Rasch eile ich in die Eishalle. Manchmal ist es schon seltsam, dass ich mit Eislaufen nichts am Hut habe und trotzdem immer hier bin.
Schon beim betreten, rieche ich den süßlichen Geruch vom Café. Es muss wieder frischer Kuchen gebacken worden sein.

Schwungvoll öffne ich die Türen und eile an den Tresen. Doch dann gerate ich ins Stocken. Die Haare und die Schleife in ihr kommen mir äußerst bekannt vor. Mein Gefühl bestätigt sich, als sich die Frau umdreht. Überrascht blickt Cassandra mich mit ihren großen Augen an. Das helle braun scheint noch heller zu leuchten, als die letzten Tage.
„Jim?"

Das Nennen meines Namens reißt mich aus meinem Starren heraus. Peinlich berührt räuspere ich mich, um Zeit zu gewinnen, meine Gedanken zu sortieren.
„Zwei Kaffee. Und Zitronenkuchen."
Freundlich lächelt sie mir zu und dreht sich wieder um. Zischend geht die Kaffeemaschine an. Wie gebahnt beobachtet sie, wie die dunkle Flüssigkeit in die Becher läuft.
„Jimmy Parker. Was für eine angenehme Überraschung."

Sharon kommt aus dem Hinterzimmer hervor. Ihre Hände, die voller Mehl und Teig sind, streicht sie sich an der Schürze ab, bevor sie hinter dem Tresen hervortritt und mich in die Arme zieht. Als Kind habe ich viel Zeit mit ihr verbracht. Immer dann, wenn meine Eltern Arbeiten mussten oder auf Geschäftsreise waren, luden sie mich zu Sharon ab. Nach meinem Onkel, ist sie einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben.
„Schön, dass du wieder gesund bist", flüstert sie mir in mein Ohr. So leise, dass nur ich es hören kann. Sie weiß, dass ich nicht viel, dass jemand davon erfährt. Noch nicht. Früher oder später wird jeder es herausfinden, vor allem wie schwer es gewesen ist. Aber noch ist nicht der richtige Zeitpunkt. Ich brauche Zeit.
„Jim, dein Kaffee!"

An dem Tresen wartet Cassandra mit den fertigen Sachen. Schälmisch grinst mir Sharon zu. Kopfschüttelnd beantworte ich ihre Gedanken.
„Es ist an der Zeit, Jim. Du hast lang genug gewartet. Du hast genug Zeit verloren", flüstert sie erneut, bevor sie mir kurz und behutsam die Hand auf die Schulter legt und dann wieder in ihre Backstube verschwindet.

Tief atme ich ein. Ihre Worten haben mir durchaus zugesetzt. Sie hat recht. Ich sollte mich wieder verlieben und ich möchte es auch. Immerhin habe ich vier Jahre lang in Einsamkeit gelebt. Aber ich habe Sorgen, irgendwann von meiner Krankheit erzählen zu müssen. Dadurch würden sich schmerzhafte Narben öffnen. Ob ich bereit bin, diesen Schmerz erneut zu spüren, weiß ich nicht. Zumindest noch nicht.
„Der ist für dich."

Während ich den einen Kaffee nehme, schiebe ich den anderen zu Cassandra zurück. Fragend runzelt sie die Stirn.
„Ich schulde dir noch einen."
Ein zartes Grinsen breitet sich über ihr Gesicht aus. Nur zögerlich greift sie nach dem Kaffee. Genüsslich schlürft sie aus diesen.
„Ein Meisterwerk", scherzt sie amüsiert und stellt wieder auf dem Tresen ab.

Mein Herz macht einen kleinen Satz, als ihr Lächeln auf dem Gesicht sehe. Wie immer bilden sich die markanten Grübchen auf ihren Wangen.
„Meine Mitbewohnerin Lola hat beschlossen eine kleine Hausparty zu machen", versuche ich Cassandra zu erklären, während ich den Kaffee fest umklammert halte und den genüsslichen Kaffeegeruch einatme. Dabei mag ich Kaffee überhaupt nicht. Nichts auf der Welt kann mit einer heißen Schokolade mit Sahne konkurrieren. „Wenn du Lust hast, kannst du gerne vorbeikommen."
Sie scheint mit sich zu hadern, als würde sie an die letzte Studentenfeier denken. Auch dort hat sie sich unwohl gefühlt und das kann ich sehr gut nachvollziehen.

„Es ist wirklich nichts Großes. Versprochen."
Nochmals scheint Cassandra zu überlegen. Doch dann nickt sie eifrig und lächelt wieder. Ein warmer Schauer bahnt sich den Weg über meinen Rücken, der mir eine Gänsehaut erzeugt.
Was sind das bloß für Gefühle, die sie in mir weckt?
„Kannst du mich vielleicht abholen?", hinterfragt sie mich. Mit ihrer Frage überrumpelt sie mich augenblicklich. Ich habe nicht damit gerechnet, dass sie mich darum bitten würde, wo ich immer das Gefühl habe, dass sie nur zögerlich auf andere Menschen zugeht. „Ich habe noch keinen Führerschein."

„Natürlich. Ich schicke dir die Uhrzeit, wann ich dich holen komme. "Sie reicht mir ihr Handy und tippe meine Nummer ein. Leicht zittern meine Hände vor Aufregung, ohne dass ich etwas dagegen tun kann. Es freut mich so sehr, dass sie vorbeikommen möchte.
„Bis später!"

Eilig schnappe ich den Kaffee und die Tüte mit dem Zitronenkuchen, bevor ich aus dem Café rausche. Erst als ich außer Cassandras Sichtweite bin, erstrahlt mein Gesicht in einem breiten Grinsen. Seltsamerweise hat es mich eine Menge Überwindung gekostet, sie einzuladen. Dabei ist Lolas Party nichts besonders. Und ein Date ist es auch nicht. Trotzdem fühlt es sich besonders an. Die Freude in mir kann ich nicht unterdrücken.

„Wer strahlt denn da, wie ein Honigkuchenpferd?"
Lachend kommt mir Milo mit seiner übergroßen Sporttasche entgegen. Vor mir lässt er sie auf den Boden sinken und wischt sich über die Stirn. Sein Training scheint anstrengender als sonst gewesen zu sein. Normalerweise sehe ich ihn nie so schwer atmen, denn er trainiert wie ein Biest. Manchmal frage ich mich, ob er überhaupt ein Mensch ist. Vor allem, da er so einen Muskulösen Körper besitzt und bis zum Umfallen essen kann.
Ab und an gibt es Tage, da beneide ich ihn, um seinen Körper. Ich bin noch nie wirklich muskulös gewesen und meine Krankheit hat mich komplett ausgenockt. Doch dann erinnere ich mich daran, dass ich noch lebe und das wichtiger ist, als das Aussehen meines Körpers.

„Es ist nichts", winke ich und gebe ihm die Sachen. „Lass uns die Getränke kaufen, damit wir noch alles vorbereiten können. Damit machst du Lola bestimmt eine Freude."
Zwinkert werfe ich ihm einen Blick zu, woraufhin er die Augen verdreht.
„Du bist anstrengend, Jimmy Parker", erwidert er lachend. 

Seufzend greift er nach seiner Sporttasche, bevor wir gemeinsam die Halle verlassen.
Noch einmal blicke ich zurück zu dem Café. Cassandra hat es verlassen und steht vor diesem. In ihren Händen hält sie ihre Schlittschuhe. Dann treffen sich unsere Blicke und erneut entfacht sie ein, noch kleines, Feuer in mir.
Und egal, wie oft ich es überdenke, ich glaube, ich habe Interesse an ihr.

𝓐𝓵𝓼 𝓲𝓬𝓱 𝓭𝓲𝓬𝓱 𝓽𝓻𝓪𝓯Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt