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„Das ist mein Fenster

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„Das ist mein Fenster. Eben,
bin ich so sanft erwacht.
Ich dachte, ich würde schweben,
Bis wohin reicht mein Leben,
und wo beginnt die Nacht?

Ich könnte meinen, alles
wäre noch ich ringsum,
durchsichtig wie eines Kristalles
Tiefe, verdunkelt, stumm.

Ich könnte auch noch die Sterne
fassen in mir; so groß
Scheint mein Herz, so gerne,
ließ es ihn wieder los.

Was bin ich unter diese
Unendlichkeit gelegt,
duftend wie eine Wiese,
hin und her bewegt,

rufend zugleich und bange,
daß einer den Ruf vernimmt,
und zum Untergange,
in einem Andern bestimmt."

Als die letzte Zeile erklang, zieht sich Cassandra den Stöpsel aus dem Ohr. Eben noch wirkte sie gedankenverloren, fast melancholisch. Doch dann lächelt sie sanft, blickt auf den Bildschirm ihres Handys, bevor sie es ausschaltet.

Auch ich ziehe den Stöpsel aus dem Ohr. Es dauert einige Momente, bis ich etwas sagen kann. Ich weiß nicht genau warum, aber das Gedicht hat mich in einen eigenartigen Bann gezogen und lässt mich zurück mit unzähligen Gedankenfetzen, die sich nicht ordnen lassen.
„Ich glaube ich verstehe dich jetzt", erwidere ich dann und greife nach Cassandras Hand. „Gedichte sind, können schöner sein als gedacht."

Sie nickt und lehnt sich gegen meine Brust. Behutsam fahre ich mit meiner Hand über ihren Kopf. Noch vor ein paar Stunden habe ich nicht gedacht, sie nochmals in meine Arme schließen zu können.
„Wenn man sie versteht und begreift, was der Dichter sagen möchte, bekommen Gedichte eine Tiefgründigkeit, die jedes Wort und jedes Bild übertreffen."
Leise lacht sie. „Wenn uns die Lehrer andere Lektüre gegeben hätten, würde es vielleicht mehr Schüler geben, die Gedichte mögen."

Auch ich stimme in ihr Lachen ein. Wie recht sie hat. Wenn ich an meine Schulzeit zurückdenke, graut es mich noch immer vor so manchen Sachen, die wir lesen mussten. Wobei ich nur einen Bruchteil gelesen habe. Manchmal frage ich mich, wie ich nach allem noch einen vernünftigen Abschluss hingelegt habe.

Auf einmal klingelt mein Handy. Mühsam richte ich mich von meinem Bett auf, quetsche mich an der schlafenden Buffy vorbei und schnappe mir mein noch immer klingelndes Telefon.
„Jim? Jimmy?", ruft Lola in das Handy. Sie klingt schon viel besser als vor wenigen Stunden. Ihr Anblick im Krankenhaus hat mir fast das Herz zerrissen. Ich hasse es so sehr, sie leiden zu sehen, aber ich konnte nichts für sie tun.

Wieder in einem Krankenahaus zu sein, brachte alle Erinnerungen an Chuck und die Leukämie zurück. Ich gelte noch nicht als komplett genesen. Der Krebs kann zurückkehren, aber ich glaube an Chuck seine letzten Worte und halte mich an ihnen fest, wie ein Rettungsanker.
Für mich ist die Zeit um, Jimmy. Deine Zeit aber beginnt erst, auch wenn es sich nicht so anfühlt. Ich weiß, dass du stark bist und bereit zum Kämpfen. Gib den letzten Funken Hoffnung nicht auf und halte ihn fest umschlossen."
„Jim, Milo ist wach und ich glaube, er braucht dich jetzt! Komm schnell zum Krankenhaus! Mason ist auch auf dem Weg!"

𝓐𝓵𝓼 𝓲𝓬𝓱 𝓭𝓲𝓬𝓱 𝓽𝓻𝓪𝓯Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt