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Unruhig wackelt Jim mit seinem Bein, während er den Kopf an die Wand lehnt und die Augen geschlossen hat

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Unruhig wackelt Jim mit seinem Bein, während er den Kopf an die Wand lehnt und die Augen geschlossen hat. Wir haben nicht viel gesprochen, weil er Zeit für sich wollte. Derweil zog ich mich zu meinem Bruder zurück. Er erklärte mir, was Milos Verletzungen für seine Karriere bedeuten. 

Es sieht nicht gut aus. Zumindest wird er die nächsten Monate nicht trainieren können. Er muss seinen Fuß schonen und es muss beobachtet werden, wie sich seine Verletzung des Kopfes entwickelt. Ich weiß, wie schwer Milo die Nachricht treffen wird, wenn er davon erfährt. Er lebt für den Sport. Das Gefühl kenne ich zu gut und diesen nicht ausführen zu können, ist wie einem den Sauerstoff zum Atmen zu stehlen.

Mit einem weiteren Blick auf Jim richte ich mich von meinem Stuhl auf und steuere auf den Kaffeeautomaten zu. Es ist bereits spät in der Nacht und die Müdigkeit macht jedem von uns zu schaffen.

Aus meinem Portmonee krame ich Kleingeld und stecke sie in den Automaten.
„Kaufst du mir auch einen?"
Erschrocken zucke ich zusammen, als Mason neben mir auftaucht. Kopfschüttelnd versuche ich ihn zu ignorieren. Es macht keinen Sinn mitten im Krankenhaus eine Szene zu machen.

„Hast du bereits eine Entscheidung getroffen? Bald ist der Lauf!! Die Zeit rennt!"
Immer wieder atme ich durch, während ich den Becher unter die Karaffe stelle. Der Duft von gemahlenen Kaffeebohnen steigt in meine Nase und beruhigt mein Gemüt. Ich werde mich nicht von Mason aus der Fassung bringen lassen.
„Hast du wirklich so wenig Empathie, dass du das hier klären willst?"

Leise lacht er auf. „Das hat nichts mit Empathie zutun! Milo kommt wieder auf die Beine. Unfälle passieren im Eishockey ständig. Und gerade haben wir sowieso nichts weiter zu tun."
Entschlossen greife ich nach dem Kaffee. Durch den aufkommenden Frust spüre ich die Hitze kaum, die von dem Becher ausgeht.
„Und ich dachte wirklich deine Schwester wäre ein Biest! Dabei bist du offensichtlich das Problem! Sie tut mir leid!"

Gerade als ich mich von ihm wegdrehen will, greift er nach meinem Arm. Der Becher in meinen Händen gerät ins Wanken. Brennend tropft der Kaffee auf meine Hand.
„Du erinnerst dich doch an meine Worte, Casey", droht er mir erneut. Intensiv bohren sich seine Augen in meine, doch er macht mir keine Angst. Mason ist nur ein kleiner Junge, der den Druck seiner Eltern nicht standhält. Eigentlich kann man ihm leidtun.
„Ja, das tue ich, Mason und meine Antwort bleibt dieselbe. Fick dich, Mason!"

Mit meinem Kaffee steuere ich zu Jim. Erleichtert lasse ich mich auf den Stuhl nieder. Der, auf meinen Schultern lastende, Druck fällt sofort ab. Ich bin mir sicher, die richtige Entscheidung für meine Freunde und mich getroffen zu haben.
„Jim, der Kaffee ist für dich!"

Dankbar nimmt er ihn entgegen und probiert ihn. Krankenhauskaffee kommt zwar bei weitem nicht an dem aus dem Café aus der Eishalle dran, aber er tut seinen Dienst ebenso gut. Mit einem Taschentuch trockene ich mir meine Hand. Flüchtig schaue ich zu Mason. Aufgebracht diskutiert er mit Katy. Scheinbar haben die beiden den Plan mich zu erpressen gemeinsam ausgeheckt. Oder er gesteht ihr, was er getan hat und wie verzweifelt er nun ist.
„Ihr solltet Nachhause gehen", erwidert Lola mit einem Mal, welche vor uns aufgetaucht ist. „Ich halte mit Gideon die Stellung. Ihr müsst euch ausruhen!"
„Wir gehen jetzt nicht, Lola. Milo-", versucht Jim sie zu unterbrechen, doch Lola schüttelt nur mit den Kopf.
„Ihr werdet jetzt ALLE Nachhause gehen. Ich rufe euch an, wenn es Neuigkeiten gibt."

Trotz des Unmutes der anderen verlassen wir gemeinsam das Krankenhaus. Kalt umweht uns die eisige Luft des Winters und lässt uns frösteln.
Mason und Katy verabschieden sich von Jim und Lou, bevor sie in Masons Auto steigen. Bevor sie losfahren bleiben Masons Augen bei mir hängen. Ich kann anhand seines Blickes ablesen, was er die Nacht vorhat. Doch soll er es probieren. Das wird nichts ändern bei mir, nur bei ihm. Spätestens dann werden seine Freunde sehen, was für ein Mensch er ist. Er verbaut sich seine Zukunft selbst.
„Wir sehen uns!"

Gemeinsam machen sich Lou und Kelly auf den Weg nachhause. Allein mit Jim bleibe ich in der Dunkelheit zurück, schwach beleuchtet von den Laternen der Straße.
Schweigend stehen wir nebeneinander, die Hände tief in den Jackentaschen vergraben.
„Es tut mir leid, Jim. Ich wollte dir das nicht antun", flüstere ich in die Nacht herein, vor der ich mich nicht mehr fürchte. Zumindest wenn ich bei Jim bin.
Eine Zeit lang starrt er nur zur Straße. Kleine Schneeflocken bleiben in seinem Haar hängen. Sie sehen aus wie feine Kristalle.

„Wirst du mir irgendwann erklären, was an diesem Tag geschehen ist?", fragt er mich und blickt zu mir. Die Traurigkeit in seinen Augen zu sehen, lässt mein Herz nur schwerer werden.
„Ich glaube, du wirst es heute sowieso erfahren, Jim", erwidere ich mit den Gedanken an Mason. „Aber ich möchte nicht der Grund sein, dass etwas kaputt geht."
Am Ende ist es Jims Entscheidung, wie er sich gegenüber Mason verhält, wenn er die Wahrheit erfährt. Jedoch muss Jim die Wahrheit von Mason erfahren, nicht von mir.

„Und wie geht es jetzt weiter?", fragt er mit leiser und bedrückter Stimme. Eine Frage, die ich mir im Krankenhaus gestellt habe, nachdem ich die Sache mit Mason geklärt habe. Zwischen Jim und mir ist etwas, was tiefer als nur Leidenschaft und Körperkontakt ist. Selbst ohne eine noch so winzige Berührung habe ich mich zu ihm hingezogen gefühlt, wie zu keinem anderen Menschen zuvor. Aber einen Teil habe ich zerstört, als ich bei ihm Zuhause war.
„Ich wollte nie gehen. Ich wollte nur, dass es euch gut geht und mir ebenso", gestehe ich ihm die Wahrheit, während ich näher zu ihm rücke. „Aber heute werde ich nicht gehen. Ich weiß nicht, ob du mir verzeihen kannst, Jim, aber ich mag dich wirklich sehr."

Meine Augen treffen die seinen und erst dann wird mir meine Lüge bewusst, die ich eben ausgesprochen habe. Ich mag ihn nicht nur. Ich habe mich in Jim verliebt.
„Sogar mehr als das, Jimmy Parker. Und egal was heute oder morgen geschieht, wie sich unsere Geschichte verändert, nichts wird das mehr ändern!"

Auf einmal spüre ich seine Arme, die sich um meine Hüfte legen. Ich spüre seinen warmen Atem auf meiner Hand und die Lippen auf meinen. Mein Herz macht einen großen Hüpfer. Wärme durchflutet meinen Körper. Augenblicklich spüre ich wieder die Geborgenheit und die Sicherheit, die mir Jim gibt und mich umhüllt wie Watte.
„Ich liebe dich, Cassandra Winter", flüstert er in mein Ohr, bevor ich meinen Kopf an seine Brust schmiege.
„Kommst du mit zu mir? Ich will Buffy nicht länger allein lassen?"

Das tue ich. Ich würde mit ihm überall hingehen, Hauptsache wir sind zusammen.

𝓐𝓵𝓼 𝓲𝓬𝓱 𝓭𝓲𝓬𝓱 𝓽𝓻𝓪𝓯Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt