good care ² (ll)

386 30 32
                                    

GOLDENE WOGEN ERDRÜCKEN deinen Körper, als du die breite Marmortreppe hinunterschreitest

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

GOLDENE WOGEN ERDRÜCKEN deinen Körper, als du die breite Marmortreppe hinunterschreitest. Alles um dich herum schreit Reichtum, Königtum, Irrtum. Deine schweren Schuhe verursachen ein unangenehmes Gewicht, das dich herunterzuziehen scheint, in goldene Ketten legt. Der Prinz muss dir keine Fußfesseln anlegen, wenn er dich zwingt, solche Schuhe zu tragen.

Der Prinz, so sollst du ihn nennen. Alleine bei dem Gedanken daran, ihm ständig Honig ums Maul schmieren zu müssen, wird dir schlecht. Er hat dich wie ein Gemälde, eine Vase, eine verdammte Porzellangans gekauft und sich in sein Haus, seinen Palast, gestellt. Du fühlst dich wie eine Marionette, realisierst noch nicht so ganz, wie das alles passiert ist. Dein logisches Denken kann den Geschehnissen folgen, nachvollziehen, wie du hier gelandet bist. Doch deine menschliche Seite, von der du dachtest, du hättest sie längst verloren, sträubt sich gegen diese Logik. 
Wie konnte das passieren? 
Wieso passiert das?
Wie kann jemand so etwas tun?

Einmal mehr wird dir klar, dass man vorsichtig mit seinen Wünschen sein sollte. Du hattest gehofft, gebetet, gefleht, dass du rauskommst, aus dem Zwang, aus der Sklaverei, und dabei bist du direkt in die nächste hineingerutscht. Du bist sein Eigentum, sein Spielzeug, seine Trophäe.
Ohne es zu merken bist du am Ende der Treppe angekommen, deine vergoldeten Schuhe machten einen klaren, hellen Laut auf dem polierten Boden. Es kommt dir komisch vor, dass du kaum Bedienstete gesehen hast, und doch jeder Zentimeter des Palastes vor Sauberkeit glänzt.
Eine zierliche, kleine Frau, die du eher für ein Mädchen gehalten hättest, kommt eifrig hinter dir hergelaufen, um dir die Tür zu öffnen, ihre Hand verweilt jedoch auf der Klinke, sie wartet auf dein Zeichen. Du lächelst sie sanft an, doch dein Lächeln schwindet, als du siehst, dass ihre Fingerkuppen wund und rot sind, genauso wie ihre Fingerknöchel. Dein Blick wandert nach unten, mustert ihre Kleidung. Im ersten Moment wirkt sie klassisch und elegant, doch nach längerem Betrachten siehst du, dass ihr das dunkellila Kleid viel zu groß ist, und sie es mit einigen Klammern befestigt hatte, damit es ihr nicht von den Schultern rutschte. Auch ihr Gesicht ist mit einem leicht transparenten Schleier bedeckt, ihr Kopf gesenkt. Ihre Knie zittern vor Anstrengung, als sie sich vor dir verbeugt und sich etwas hinkniet.

»Was geht hier vor?«, wisperst du leise, doch die Frau antwortet dir nicht. Ihr Griff verstärkt sich um die Türklinke, ihre Fingerknöchel treten weiß hervor. Du realisierst, dass sie dir nichts sagen wird. Ob aus Angst oder weil sie es nicht konnte, weißt du nicht. Also holst du tief Luft und nickst, schluckst schwer bei dem Geräusch der sich öffnenden Tür.

Der Prinz wartet schon seit längerer Zeit auf dich, und doch sitzt er geduldig an der langen, mit Ornamenten bemalten Tafel und hat sich keinen Millimeter bewegt. Seine Haltung ist ruhig und entspannt, sein Gesicht scheint weniger blass durch das warme Licht der brennenden Wandleuchten. Asgardisches Feuer wirft schöne Schatten, und noch schönere Töne.
Das hier ist sein Revier, und er liebt es, das auch zu beweisen. 
Wie ein stolzer Pfau stolziert er meist durch die Gänge, vor allem, wenn er weiß, dass er alleine im Palast ist. Seit Thor den Thron freiwillig abgegeben hatte, um mit Jane zusammen zu sein, lebt der Rabenkönig seinen Traum in vollen Zügen. Am Palast selbst hat er kaum etwas verändert, doch Asgards Politik machte eine Hundertachtzig-Grad-Drehung: die Güter wurden großzügiger verteilt, doch die Handelsware wurde strenger kontrolliert. Es gab weniger Wachenpräsenz in den Dörfern, doch umso mehr in Palastnähe. Denn eines hat der König sich geschworen; er will nie so sein wie sein Vorgänger, will nicht in seine Fußstapfen treten, sondern einen neuen Weg gehen. Und auch, wenn man von dem Gott des Schabernacks nicht mehr als das erwartet, wofür er berüchtigt ist, ist dem neuen König bewusst, dass er, wenn er lange und erfolgreich regieren will, er einen klaren Kopf behalten muss.
Über die anfänglichen Schwierigkeiten hatte ihm seine Mutter, Frigga, hinweggeholfen, bis sie schließlich starb. Nachdem der Eisprinz also niemanden mehr um sich hatte, merkte er schnell, dass ihm noch etwas fehlte: eine Königin. 

𝐇𝐄𝐑𝐎𝐄𝐒                                                        LONGING HOMEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt