Kapitel 26
Sugar
Ich fluchte innerlich und krallte mich an Michels Hemdärmel fest, als wäre er meine Rettung und nicht mein potenzielles Ende. Der Serienkiller, den ich eigentlich um den Finger wickeln sollte, um ihn dann hinaus zu locken und später am Abend umlegen, schien sich schneller wieder zu fangen als ich.
Er winkelte seinen Arm mit meinen Fingern in seiner Beuge an und legte seine andere Hand direkte auf meine. Ich wusste nicht warum, aber mich überkam ein Schauer und auch eine Welle der Übelkeit als ich daran dachte, was dieser Wichser mit diesen Fingern schon alles angestellt hatte. Aber mir gelang es mein zittriges Lächeln zu stabilisieren und den Mut zu finden, diese Gelegenheit einfach beim Schopf zu packen.
"Können wir vielleicht irgendwo hingehen, wo es ruhiger ist?", fragte ich und sah zu Michel auf, der darauf hin selbst breit lächelte und kurz mit dem Blick an meinen Ausschnitt hängen blieb. Wie es aussah reichten meine Reize tatsächlich aus, um ihm komplett vergessen zu lassen, dass ich eigentlich nicht seine Begleitung war und ging voll auf mein Schauspiel ein.
Hunter hatte mir gesagt, dass er nicht ahnte, dass auf ihm ein Kopfgeld ausgesetzt war und sich in dieser Umgebung sicher fühlen würde, denn ihn hier anzugreifen war ein absolutes No-Go in der Szene, die sich normalerweise niemand wagte. Niemand außer Crow und Hunter, die dafür quasi eine Ausnahmegenehmigung erhalten haben.
"Sicherlich, Liebling", meinte er nur und deutete in Richtung Diana tatsächlich eine kleine Verbeugung an, die jede Freundlichkeit aus ihrem Gesicht verbannte und dafür sorgte, dass sie ihn aus verengten Augen ansah.
Aber Michel kümmerte sich nicht wirklich darum. Er lächelte und zog mich unerbittlich fort. Als ich meine Hand aus seinem Arm ziehen wollte, hielt er sie einfach fest. Das war gut, redete ich mir ein und dennoch machte es mich irgendwie krank.
"Entschuldigen, Sie. Aber sie wissen ja, was man über Diamonds sagt. Ich wollte Sie nicht benutzen", meinte ich. Ganz in meiner Rolle. Und Michel nickte nur, als würde er mehr mit diesem Spruch anfangen können als ich, als Crow mir am Anfang dieses Abends etwas ähnliches entgegnet hatte.
"Allerdings. Sie sind keine Freundin von Diana Diamond?", fragte er und ich lachte, als fände ich diese Vermutung albern und redete einfach ins Blaue hinein.
"Diana Diamond und Freunde?", stellte ich die Gegenfrage und Michel führte mich zu einer Bar, wo er mir einen Drink bestellte und nicht mal fragte, was ich wollte. Gott war der Kerl übergriffig und arrogant. Ein echter Widerling, aber solche Männer gab es überall. Für mich war das allerdings immer das erste Anzeichen, dass der Kerl früher oder später zum Problem werden würde.
"Guter Einwand. Also keine Freundin. In wessen Begleitung sind sie aber dann hier und wer war so dumm, so etwas reizendes einfach herumstehen zu lassen? Was Ihnen hier alles passieren könnte...", die letzte Andeutung war etwas, was mir erneut einen Schauer über die Wirbelsäule jagte, aber ich ahnte, dass meine Antwort gut sein musste und beschloss von der Story abzuweichen, die Crow mir gegeben hatte.
Ich hatte die Unwissende spielen sollen, die fremd in der Stadt war und eigentlich niemanden kannte. Das perfekte Entführungsopfer eben. Doch der Auftritt von Diana hatte mir das ein wenig versaut. Ich hatte bereits angedeutet, dass ich von dem Diamonds wusste und jetzt einen auf unschuldig zu machen wäre mehr als verdächtig. Ich musste improvisieren. Darin war ich sowieso besser als daran, mich an Pläne zu halten, die nicht meine waren.
"Oh, ich kann ganz gut auf mich allein aufpassen, es ist da wohl eher die Frage wem ich passieren könnte", lächelte ich und nun blitzte ehrliches Interesse in seinen Augen auf.
"Kenne ich Sie?", fragte er sofort und ich zuckte mit dem Schulter, während ich den Drink nahm, den er mir reichte. Wodka. Viel. Mit ein Schuss Tonic und einem Zuckerwürfel. Diesen Drink nannte man einen 'Murder'. Wie ironisch.

DU LIEST GERADE
Sugar wants to kill you
RomanceDa ist man nur ein paar Minuten weg und schon wird das Grab, dass man gerade in mühevollen acht Stunden mitten im Nirgendwo ausgegraben hatte, von einem Fremden belegt. Er legt seine beschissenen Leichen dort ab, wo ich die Leiche meines Stiefvaters...