Sie bleibt!

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Kapitel 37

Sugar

"Nein. Sie bleibt!", entfuhr es Hunter und ich sah etwas in seinen Augen aufblitzen, dass mir ganz und gar nicht gefiel. Das Interesse, das Hunter an meiner Schwester hatte, war alles andere als normal, aber zu meinem Entsetzen schien das auch Hunters Partner alles andere als zu freuen. Dass er und ich uns einmal einig sein würden...

"Bist du noch ganz bei Trost? Die kleine überlebt kein halbes Jahr in unserer Welt und wir brauchen sie nicht wirklich. Alles, was sie jetzt noch ist, ist eine Zielscheibe und das nicht nur für Sugar, sondern auch für dich und wenn du das Gegenteil behauptest, mein Freund, bekommen wir ein Problem miteinander, denn wir lügen uns nicht an!", meinte Crow und drängte sich an mir vorbei, ohne mich anzusehen.

Es störte mich, obwohl ich nicht wollte, dass mir sein Desinteresse etwas ausmachte. Ganz im Gegenteil, ich sollte froh darüber sein! Schließlich war ich versucht diesen Blödsinn zu vergessen, der sich da zwischen uns anbahnte.

Was natürlich nicht der Fall war. Da war gar nichts zwischen mir und Crow außer vielleicht die Aussicht auf einen guten Fick.

Hunter aber blieb reglos bei der unangenehmen Aussicht sich nicht nur gegen mich, sondern auch gegen Crow behaupten zu müssen. Ich sah, wie sein Kiefer mahlte und sein hübsches Gesicht sich unwillentlich verzerrte. Er wusste, dass Crow recht hatte, auch wenn ich es nicht so brutal formuliert hätte. Pearl als ein Schwachstelle zu betrachten, wo sie doch mein Leben lang eine Motivation für mich dargestellt hatte, war nicht ihr gegenüber, aber genau das war es doch, worum es ging: Das Leben war nicht fair.

"Du willst deine Schwester aussetzen wie einen Hund am Straßenrand?" fragte Hunter provozierend an mich gewandt, aber ich würde mir das nicht madig machen lassen. Ich würde mich auf seine Psychospielchen nicht einlassen.

Hunter versuchte an meine Liebe zu meiner Schwester zu appellieren, aber wenn er glaubte, ich würde so egoistisch sein, irrte er sich. Dieser Abend hatte mir deutlich vor Augen geführt, wie angreifbar ich war, wie wenig ich Pearl beschützen konnte, wie brutal diese Welt war und wie wenig ich sie darin haben wollte.

Und Pearl hatte dieser Abend auch einen Schrecken eingejagt, einen, der ihr die Konsequenzen vor Augen geführt hatte, der ihr auch noch den letzten Rest ihrer Unschuld genommen hatte. Sie hatte geglaubt, mich verloren zu haben und war plötzlich mit der Tatsache konfrontiert gewesen, für sich selbst verantwortlich zu sein. Sie hatte erkannt, dass mein Vorschlag vernünftig war und ist nun auf einen Schlag erwachsen genug geworden, die beste Entscheidung für sich zu treffen. Sie wollte das hier ebenso wenig.

"Sie verdient besseres, Hunter. Sie muss die Schule zu Ende machen, aufs College gehen. Leute kennenlernen, die kein Blut an ihren Händen haben. Für die es nicht normal ist den ein oder anderen Mord auf dem Buckel zu haben."

Ich sagte das und Hunters Kiefer presste sich fester aufeinander, dann schob er sich den Laptop vom Schoß, erhob sich und schnappte sich den Autoschlüssel, bevor er einfach aus dem Haus stiefelte.

Crow sah ihm nach und wir hörten, wie er den Wagen startete und davon brauste.

"Das ist ein Ja. Es gefällt ihm nur nicht. Er kommt zurück, wenn er sich beruhigt hat", meinte er und ich sah ihm kurz in die Augen, bevor ich seinen Blick wieder auswich und zurück in den ersten Stock verschwand.

Ob ich nun schlafen konnte oder nicht. Ich wollte nicht mit Crow zusammen da unten stehen. Diese Anspannung, zwischen uns ertrug ich gerade nicht. Nicht wenn ich gerade damit zu kämpfen hatte, hätte ich vermutlich meine Schwester aus den Augen lassen zu müssen. Vielleicht sogar für immer. Die Gewissheit rüttelte an meinen Herzen, von dem ich immer gehofft hatte, ich hätte keines.

"Bekomme ich kein Dankeschön? Ich habe dich gerade unterstützt", meinte Crow von unten und hielt auf der Treppe inne. Ich schnaufte.

"Aus purem Eigennutz. Du weißt, dass ich recht habe. Dafür verdienst du kein Dankeschön", warf ich ihm entgegen und sah, dass er, so wie ich, versuchte, wieder diese Momente zurückzuerlangen, als er mir noch nicht diesen Unsinn im Wagen gesagt hatte.

Diesen unbeschwerten Schlagabtausch, den Hunter immer so unterhaltsam gefunden hatte.

Dieses Gefühl zwischen Hass und körperlicher Anziehung war uns irgendwo in diesem Wagen verloren gegangen. Und ich hatte keine Ahnung, wie ich wieder bekommen könnte.

"Ich gebe mich mit einem Blowjob zufrieden", meinte er locker und ich rang mir ein Lächeln ab, doch es fühlte sich falsch an. Ich schloss die Augen und dachte an Pearl. Vielleicht hatte ich nicht mehr viel Zeit mit ihr und ich wollte keine Sekunde davon verpassen.

Also blickte ich ernst zu Crow herab und ließ ihm meine Trauer um Pearls Verlust sehen. Er verstand, ohne dass ich etwas sagen musste. Fluchte einmal und verpisste sich dann, weil er mit dieser Offenheit meinerseits noch weniger umgehen konnte, als ich mit der seinen.

Männer konnten in Sachen Gefühle solche Pussys sein.

Der Gedanke brachte mich dann wieder zum Lächeln und ich ging den Rest der Treppe herauf, während ich mich innerlich freute, Crow scheinbar genauso zu schaffen zu machen, wie er mir. Vielleicht war das gemein, aber ich war weder süß, noch nett, noch lieb, egal was mein Name suggerierte.

Ich war sugar und wenn der Arsch nicht aufhörte, sich in meine Gehirnwindungen zu fressen, würde ich ihn irgendwann umbringen, weil er mich langsam ebenso verletzlich machte wie Pearl.

Sugar wants to kill youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt