Kapitel 12
Sugar
Ich wartete darauf, dass Pearl im Bad fertig wurde und kam nicht umhin, misstrauisch die drei Schubladen der Kommode aufzuziehen, um zu untersuchen, was sich darin befand. Der Umstand, dass sie absolut leer war, überraschte mich allerdings nicht. Dieses Schlafzimmer war kaum benutzt worden und wenn dann wirklich nur um schlafen zu gehen.
Der Boden war staubig, in den Ecken hingen dicke Spinnennetze und als ich an den schäbigen Gardinen wackelte, kam mir eine Staubwolke entgegen, die ich erst mal weghusten musste. Das Bett aber, oder zumindest die Matratze, schien relativ neu zu sein und das Bettzeug darauf roch nicht muffig, sondern hatte er einen herben, männlichen Geruch, der mir verriet, dass hier Crow oder Hunter einige Male geschlafen hatten.
„Ich hab keine Wechselsachen", rief Pearl aus dem Bad und als ich durch die offene Tür sah, bemerkte ich den müden Ausdruck auf dem Gesicht meiner Schwester, während sie versuchte sich ihre strähnigen schwarzen Haare zu entknoten.
„Ich frage nach, wo die Männer unsere Tasche haben. Bleib hier drin", erwiderte ich schnell und ging in den Flur, von dem aus ich misstrauisch diese knirschende Treppe herunter in das Erdgeschoss ging. Wie vorhin auch, landete ich fast sofort in der kleinen, aber zumindest halbwegs sauberen, kleinen Küche, die zumindest danach aussah, als würde sie benutzt werden. Im Gegensatz zu dem Bad und dem Schlafzimmer im ersten Stock. Als ich meinen Kopf in den Wohnbereich streckte, sah ich eine Couch, auf denen eine Decke und ein Kopfkissen lagen, einen schäbigen Teppich, der den Boden nur fast komplett abdeckte und so viel Elektronik, dass mir schwindlig wurde.
In einer Ecke standen metallener Koffer, von dessen Inhalt ich lieber nichts wissen wollte und davor einige Seesäcke, in denen ich vermutete, dass dort Kleidung zu finden war. Jackpot. Kurz überlegte ich, ob ich einen davon heimlich stibitzen konnte, dachte aber an Crows Drohung und ahnte, dass sein Geduldsfaden zu dünn war, um weiter daran herum zu nesteln. Für heute zumindest.
Hunter saß auf einem Stuhl vor einem Tisch mit mehreren Monitoren und zog ein Headset von seinem Kopf, als er mich entdeckte. Das hätte ich verhindern können, aber zumindest für den Rest dieser Nacht würde ich eine brave Gefangene sein. Vielleicht. Kam stark darauf an, wie sehr mir Crow gegen den Strich ging.
„Was? Habt ihr Hunger? Im Kühlschrank ist noch etwas von gestern, aber ich kann euch auch eine Pizza reinschrieben", sagte er aber ich schüttelte schnell den Kopf. Ich wüsste nicht einmal, ob ich etwas essen könnte, wenn ich musste, und Hunger hatte ich definitiv nicht. Ich wollte eine heiße Dusche und dann ins Bett, mehr nicht. Aber ich rechnete es Hunter groß an, dass er es zumindest anbot. Er schien nicht ein halb so großes Arschloch zu sein wie Crow...und das machte ihn Scheiße-Verdächtig.
„Wir brauchen unsere Tasche, die, die Crow aus unseren Wagen mitgenommen hatte. Ich hab keine Ahnung wo die ist", meinte ich nur und erschrak mich fast zu Tode ,als die Tür neben mir aufging und zusätzlich zu einem Schwall heißen Dampfes, ein ziemlich großer, ziemlich böse dreinblickender, dunkelhäutiger Typ, in nichts weiter als einer tief sitzenden Jogginghose aus dem Bad kam.
Heilige scheiße! Dass der Kerl noch gefährlicher für meine Libido sein könnte, hätte ich nicht gedacht, aber Fuck! Diese Muskeln waren genau so, wie ich sie an bulligen Typen liebte. Dick, ohne aufgepumpt oder übertrieben zu wirken, ganz so, als würde er ehrlich und ohne Steroide trainieren und die schwarzen Tätowierungen ließen ihn noch eine ganze Ecke heißer aussehen. Schwarz auf dunkel. Da sah echt geil aus. Fuck, der Kerl war ein wahr gewordener feuchter Traum und eine kleine, dreckige Stimme in meinen Hinterkopf, sagte mir, ich solle vor ihm auf die Knie fallen und nachsehen, ob er weiter südlich ähnlich beeindruckend war. Die Hose, die Crow trug war locker, aber das, was ich erkennen konnte, war definitiv ausreichend, um einer Frau mehr als 'genug' zu sein. Aber ich hab eine Schwäche für Herausforderungen...
Crow hatte sich ein Handtuch lässig um den Hals geschlungen und sah mich misstrauisch an, bevor er an Hunter gerichtet etwas sagte, ohne mich aus seinen dunklen Augen zu entlassen.
„Bad ist frei", meinte er und Hunter erhob sich lässig.
„Du sollst eine Tasche aus ihren Wagen mitgenommen haben. Da sind Wechselsachen für die Mädchen drinnen", erklärte Hunter meine Anwesenheit und Crow runzelte die Stirn, wodurch seine Augenbrauen sich weit zusammenschoben, während er nachdachte.
„Scheiße. Steht noch in der Wüste. Hab ich bei dem ganzen Trubel vergessen. Sorry Püppchen, ist da deine Nachtcreme drinnen gewesen?", fragte er mit einem herablassenden Grinsen, das mir lediglich ein Schnaufen entlockte und ich beschloss ihn spontan genau die Lüge aufzutischen, die Männer immer dazu brachte, zu erschaudern. Dabei hatte ich mich doch benehmen wollen! Aber ich hab ja bereits gesagt, dass das ganz vom ihm abhing, also was das nicht meine Schuld!
„Nein Tampons. Ich meine Schwester menstruieren und wenn wir..."
„Oh, bitte keine Details!", entkam es Crow plötzlich und er verzog das Gesicht, als hätte jemand mit den Fingernägeln über eine altmodische Schultafel gekratzt. Ich grinste, weil ich dieses Duell gewonnen hatte und wandte mich an Hunter, der ebenfalls nicht glücklich über die Aussicht aussah, dass er zwei Frauen während ihrer Periode beherbergte. Männer konnten solche Pussys sein, obwohl meine Pussy mit der monatlichen Blutung nicht halb so sensibel umging, wie die beiden großen, starken Kerle hier. Wer war hier das schwächere Geschlecht?
„Wir brauchen Klamotten", offenbarte ich Hunter und versuchte nicht daran zu denken, dass sich neben unsere Klamotten und tatsächlichen Hygieneartikeln, meine und Pearls Papiere befunden hatten oder wie sauer ich wirklich war, weil Crow sie einfach hatte in der Wüste von Nevada stehen lassen.
„Okay, ich gebe euch welche. Ich kann auch zur Tankstelle fahren und euch das andere besorgen", bot er schnell an, als könnte er das Wort 'Tampon' nicht mal aussprechen. Ich könnte es auflösen, dachte aber, dass ich oder Pearl es früher oder später eh brauchen würden, also würde ich Hunter zu dieser Tankstelle fahren lasen.
„Okay, wenn du dabei bist, brauchen wir auch noch Shampoo, Zahnbürsten, Zahnpasta, Rasierer und..."
„Alter, das ist hier kein Hotel!", unterbrach Crow mich und ich sah ihn aus schmalen Augen an.
„Okay, ich hoffe euer Opfer freut sich auf fettige Haare und Ganzkörperbehaarung!", gab ich streitlustig zurück und Crow lehnte sich mit einem spöttischen Grinsen gegen die Wand.
„Zumindest weiß ich jetzt, warum du so biestig bist", meinte er und mir platzte ein wenig die Hutschnur.
„Ich hab meine Tage nicht, du sexistisches Arschloch! Dass ich so beschissen drauf bin, liegt einzig und alleine an dir!", pfefferte ich zurück und Crow setzte zu einer Antwort an, aber Hunter hielt die Hand hoch und stellte sich zwischen uns.
„Okay, Schluss jetzt. Ich bring dir alles was du und deine Schwester so brauchst. Mach bitte einen Zettel. Kleidung bekommst ihr heute von uns. Morgen dürft ihr bestellen was immer ihr wollt. Okay?", meinte er und lächelte mich an, als sollte die Aussicht morgen shoppen gehen zu können, mich zahm machen, wie ein Kätzchen. Weil Frauen ja angeblich so tickten.
Hunter war auch ein sexistisches Arschloch, nur besser darin, es zu verheimlichen, soviel stand fest. Anders aber als Crow, der es nicht mal versuchte zu kaschieren.
Ich nickte dennoch und warf noch einen vernichtenden Blick in Crows Richtung, der schlecht gelaunt an mir vorbeizog, einen dieser Seesäcke aus der Ecke holte und mir einen Stapel Klamotten in die Arme warf.
„Hier und jetzt verpiss dich, Püppchen, bevor ich noch die Kontrolle verliere! Und wehe ich finde später darauf rosa Nagellack oder so etwas!" maulte er noch und ich nickte nur herrschaftlich und ging in die Küche um Hunter diesen Zettel zu schreiben. Ich brauchte rosa Nagellack.
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Sugar wants to kill you
RomanceDa ist man nur ein paar Minuten weg und schon wird das Grab, dass man gerade in mühevollen acht Stunden mitten im Nirgendwo ausgegraben hatte, von einem Fremden belegt. Er legt seine beschissenen Leichen dort ab, wo ich die Leiche meines Stiefvaters...