Da ist man nur ein paar Minuten weg und schon wird das Grab, dass man gerade in mühevollen acht Stunden mitten im Nirgendwo ausgegraben hatte, von einem Fremden belegt. Er legt seine beschissenen Leichen dort ab, wo ich die Leiche meines Stiefvaters...
Crow war so ein so maßloses Arschloch, dass ich einfach nicht drauf klarkam, dass er es geschafft hatte, mich mit nur einem einzigen Satz so zu verwirren. Diese paar Worte waren so anhänglich und ließen sich so wenig vertreiben, dass ich sie wie Geisterketten hinter mir her schliff. Nichts konnte mich auf andere Gedanken bringen und selbst Pearl, die mich für den Rest der Nacht nur sorgenvoll anblickte, konnte mich nicht dazu bewegen, dieses Wirrwarr an Gefühlen loszulassen.
Er würde mich nicht töten, hatte er gesagt und obwohl irgendwo tief in den Windungen meines Verstandes ich das längst gewusst hatte, war es ein Schock gewesen, es aus seinem Mund zu hören. Wenn er mich nicht benutzen und letztendlich umlegen wollte, was hatte er dann mit mir vor und warum weigerte ich mich ein anderes Ende dieser Geschichte auch nur in Betracht zu ziehen?
"Hunter hat sich geweigert mir zu erzählen, was los war, aber ich bin kein kleines Kind mehr. Bitte rede wenigstens du mit mir", hauchte Pearl mir im Dunkeln zu, während wir nebeneinander im Bett lagen und ich mit offenen Augen blicklos an die Decke gestarrt hatte. Ich sah wegen der Dunkelheit nichts, aber das war in Ordnung. Ich tappte auch mit Licht im Dunkeln.
Ich wünschte ich könnte Pearl irgendetwas erzählen, dass sie nicht verstören würde und gleichzeitig keine Lüge wäre, aber ich konnte nicht. Ich hatte das ungute Gefühl, nie wieder aus diesem Sumpf aus Kriminalität und Mord herauszukommen und wollte ihr etwas Besseres bieten als das. Sie hatte es verdient.
"Ich wünschte, ich könnte. Der Abend war schlimm, Pearl. Richtig, richtig übel", erklärte ich ihr das Offensichtliche. Das, was sie sich wahrscheinlich schon selbst zusammen gereimt hatte, schließlich war ich blutverschmiert zurückgekommen. Das Kleid zerfetzt und so still wie sie es wohl niemals zuvor erlebt hatte. Letzteres lag aber ausschließlich an Crow
"Man hat dir nicht weh getan, oder? Du weißt schon, so wie ...er... mir wehtun wollte", hauchte Pearl halb erstickt in die Dunkelheit und der Gedanke, dass meine Situation meine Schwester wieder in ihr eigenes Trauma katapultierte, brachte mich dazu, alles andere zur Seite zu schieben.
Ich drehte mich auf der unbequemen Matratze in ihre Richtung und das Licht, dass durch den Türspalt fiel, reichte aus, um ihr Gesicht in der Dunkelheit auszumachen. Ich konnte ihren Ausdruck nicht sehen, aber es reichte, um meine Hand auf ihren Kopf zu legen und ihr über das Haar zu streicheln. Zudem war ich sehr stolz auf mich, dass ich es schaffte ein spöttisches Grinsen von mir zu geben, auch wenn ich nicht wusste, ob sie das überhaupt sehen konnte.
"Nein Pearl. Ich bin es, die einmal mehr jemanden weh getan hat und das mit dem Kleid...das ist im Gerangel passiert", versicherte ich ihr und hörte, wie sie schniefte. Sofort robbte ich zu ihr herüber und nahm sie in den Arm und kaum klammerte sie ebenfalls ihre Hände in meinen Rücken, schon fing sie wieder an zu weinen.
Sie war tapfer, aber nicht gemacht für diese Welt. Egal, was letztendlich mein Schicksal sein würde, wie mein Leben enden würde. Pearl musste aus dieser Scheiße hier raus. Notfalls ohne mich. Die Gewissheit, sie früher oder später fortschicken zu müssen, machte mich jetzt schon fertig, doch ich wusste, dass es nicht anders ging. Sie war alles, was ich noch hatte und dennoch durfte ich in diesen Punkt nicht egoistisch sein. Pearl hatte besseres verdient.
"Ich hatte Angst um dich. Hunter ist irgendwann nervös hin und her gelaufen und ich wusste dass etwas passiert war und ich weiß auch, dass er das Schlimmste annahm, bis ihr wieder aus dem Gebäude gekommen seit", schluchzte sie und ich versenkte meine Nase in ihrem nach Vanille duftenden Haar. Ich hatte nie gewollt, dass sie Angst um mich hatte, doch ich ahnte, dass ich das auch langfristig nicht verhindern konnte.
"Es tut mir leid, Pearl. Ich wollte nie, dass du in so eine Scheiße in Berührung kommst. Du solltest die Schule zu Ende machen, auf College gehen und dann irgendeinen Loser Typen kennenlernen, der dir aus der Hand frisst und dir ein langweiliges Leben ermöglicht", sagte ich und war überrascht als sie sich von mir löste und heftig den Kopf schüttelte.
"Ich weiß, dass du das willst und ich bin dankbar, dass du das alles tust, um mir das zu ermöglichen, aber ich bin keine Idiotin. Ein normales Leben gibt es für uns nicht."
"Nein, Pearl, das gibt es für mich nicht. Du aber..."
"WILLST DU MICH LOSWERDEN?" sprach sie plötzlich so laut, dass ich fast einen Herzinfarkt bekam. Bis gerade hatten wir noch geflüstert und uns gegenseitig gehalten. Nun aber rutschte Pearl von mir ab, knipste die alte flackernde Tischlampe auf dem Boden an und betrachtete mich wütend.
Sie trug eine kurze Hose mit einem albernen Herzchen Muster und ihren lieblings Hoodie mit Katzenohren an der Kapuze, mit der schillernden Aussage "Am Rande des Wahnsinns, sitzt eine Katze und schmeißt alles herunter".
"DU WILLST, ODER? ICH SEH ES DIR AN!", fauchte Pearl lautstark weiter und ich setzte mich mühevoll im Bett auf und rieb mir die Schläfen. Ich wollte sie nicht belügen und war eigentlich viel zu müde, um mit ihr zu diskutieren. Doch ich fürchtete, dass ich an zumindest einen von beiden nicht herumkommen würde.
Leseproben zu allen Geschichten, die es nur auf Patreon gibt befinden sich hier auf Wattpad in meiner Liste "Leseproben". Zudem wird auf Patreon auch nix zensiert (Sugar musste ich an einigen stellen minimal verändern, weil zu viel Gewalt gegen die Richtlinien verstößt, die zensierten Kapitel sind markiert)
Wenn ihr fragen dazu habt, stellt sie mir gerne. LG *3 nur auf Patreon lesbare Geschichten 😆
Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.