Alleine mit Crow - Teil 1

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Kapitel 20

Sugar

Wir mussten zweimal den Wagen wechseln und beide Male, hätte ich mich fast mit dem Hintern in eine Pfütze gesetzt, weil diese Schuhe wirklich ziemlich unbequem waren. Anfangs fand ich sie toll, doch kaum war ich ein paar Schritte mehr mit ihnen gelaufen, revidierte ich meine Meinung. Diese Dinger waren zwar hübsch und unleugbar aburd teuer, aber nichts für ein Mädchen aus dem Getto, wie mich. Ich hatte kaum Lauf-Erfahrung mit solchen dünnen Absätzen vorzuweisen.

Ich überlebte die kurzen Strecken aber und hielt meine Gesichtmuskeln unter Kontrolle, um niemanden etwas von meinen Problemen ahnen zu lassen. Ich wollte weder Hunter noch Crow irgendwie zeigen, dass diese Schuhe eine Qual waren, noch dass meine Nackenmuskeln sich immer weiter versteiften.

Der Mut, den ich im Haus noch gespürt hatte und mit dem ich meine Schwester zu beruhigen versucht hatte, verließ mich in dem Moment, als wir von Hunters schicken Wagen, in einen noch schickeren Hummer stiegen und dann weiter in eine Limousine, die einfach nur noch prozig wirkte. Dort verließ uns Hunter und ich blieb alleine mit Crow zurück.

"Ist das echt nötig?" fragte ich, nachdem ich ein weiteres Mal bedrohlich schwankte und mich mit rudernden Armen doch noch rettete. Crow betrachtete meine Zirkusnummer mit schmalen Augen, war aber clever genug sich einen Kommentar darüber zu verkneifen. Wenn dieser Blödmann mir frech kam, würde ich ihm die Augen auskratzen. Das schien ihm auch mein Blick klarzumachen, denn er ließ es bleiben.

"Wir wissen nicht, welche Kontakte Michael hat. Er hat sich mächtige Feinde gemacht und traut sich dennoch auf so eine öffentlichkeitswirksame Party. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er das ohne Rückendeckung tut und vor allem, ohne sich darüber im Klaren zu sein, dass sich dort ein paar Leute einfinden werden, die ihm ans Leder wollen."

Also rechnete dieser Michael damit, dass man versuchen würde, ihn umzulegen. Das war alles andere als beruhigend.

Crow öffnete mir wie ein vollendeter Gentleman die Tür zu dieser Limousine und fast hätte ich ihm diese guter-Junge-Nummer abgekauft, bis er seinen Hals streckte, um einen noch besser Blick in mein ohnehin schon tiefes Dekoltee zu erhaschen, während ich an ihn vorbeiglitt. Männer waren manchmal wirklich ziemlich einfach gestrickt. Ich verdrehte genervt die Augen und stieg in den Wagen.

Wenige Augenblicke später nahm Crow neben mir platz. Die Scheibe zum Fahrer war geschlossen. Ich nutzte die Zeit, die der Wagen brauchte um anzufahren dafür, mein Kleid knitterfrei unter meinen Hintern zu bekommen und warf den hübschen Schuhen einen bösen Blick zu. Hunter mochte einen guten Geschmack haben, unterschätzte aber gewaltig, welches Leid es manchmal mit sich brachte, eine Frau zu sein.

"Du könntest wenigstens versuchen so auszusehen, als wärst du gern hier", entfuhr es Crow dann ganz plötzlich und als ich meinen Kopf von meinen Zehen losriss und ihn ansah, spürte ich, wie angespannte sich meine Gesichtsmuskeln tatsächlich anfühlten. Ich sah sicher so aus, als hätte ich Verstopfungen oder so, aber definitiv nicht wie eine Frau, die sich auf einen schönen Abend in feiner Gesellschaft freute.

Für einen Moment dachte ich darüber nach, ein Lächeln aufzusetzen, dass ich mir über die Jahre antrainiert hatte und von dem ich wusste, dass es bezaubernd wirkte. Ohne etwas von der Falschheit dahinter durchblicken zu lassen. Doch noch saß ich in diesem Wagen und war nicht auf der Party. Ich würde meine Kräfte einteilen.

"Tue ich, sobald wir auf der Party sind", du aber bist nicht gerade eine Gesellschaft, die mir dieses Schauspiel wert wäre. Das sagte ich nicht laut, aber meine höhnisch, nach oben gezogene Augenbraue sollte ihm diese oder ähnliche Worte vermitteln.

Crows Blick wurde finsterer und wenn ich sage 'finsterer', dann meinte ich 'kohlraben schwarz' den der Kerl hatte absolut nichts Helles an sich. Ich fühlte sogar kurz so etwas wie ein Kribbeln in meinem Nacken, das mich sonst immer vor der Gefahr warnte, mich mit einem Typen anzulegen, mit dem wirklich nicht zu spaßen war. Manchmal vergaß ich schlicht, wie absolut tödlich Crow eigentlich sein konnte. Er hatte mehr als einmal verkündet, dass er mich umbringen würde, aber zwischen unseren ganzen Schäkereien, war ich der Illusion aufgesessen, dass er mir nichts tun würde.

in diesen Moment war ich mir nicht mehr so sicher. Die Art wie er mich ansah, wie sein breiter Kiefer sich versteifte und seine schmalen, tiefliegenden, dunkeln Augen sich weiter verfinsterten aber sollten mir Angst machen.

"Ich tue es, sobald wir auf der Party sind, okay? Ich werde das hübsche, naive Opfer spielen, damit dieser Michael glaubt, mich langsam und qualvoll in meine Einzelteile zerstückeln zu können. Bitte lass mir diese Autofahrt noch bis dahin, um zu verdrängen, in welche Scheiße ich mich da hereinziehen lasse habe", bat ich und war damit versöhnlicher als ich es jemals zuvor gewesen bin. Crow wandte sich ab und präsentierte mir sein eindrucksvolles Profil.

Gott in einer anderen Zeit, in einem anderen Leben und natürlich unter anderen Umständen wäre der Kerl wirklich jemand, den ich gern in mein Bett gehabt hätte. Gerade jetzt wo dieses Hemd und dieser Anzug seine massige Statur fast zivilisiert erscheinen ließ. Crow gehörte zu den Männern, die man sonst nur in ganz unartigen Ecken des Internets fand, um sie als Masturbationsvorlage zu benutzen.

"Dir wird nichts passieren. Ich verspreche es", presste er hervor und in meinen Magen flatterte es seltsamerweise. Es war süß, dass er das sagte, auch wenn er dabei aussah, als hätte er in einen sauren Apfel gebissen. Er meinte es ernst, das wusste ich, aber dennoch beruhigte es mich nicht.

"Das kannst du nicht versprechen. Und außerdem ist es auch nicht wichtig. Haltet nur euer Wort und kümmert euch um Pearl, wenn ich hier bei drauf gehe", meinte ich und meinte alles davon ernst. Ich hatte nie wirklich über eine Zukunft für mich nachgedacht, hatte stets nur von einem Tag zum nächsten gelebt. Das erste Mal, dass ich weiter gedacht habe war, als ich den Mord an meinen Stiefvater planen musste. Und das war nicht für mich gewesen, sondern für Pearl. Für sie hatte ich große Zukunftspläne. Meine Schwester war clever genug um nicht nur die Highschool abzuschließen, die ich damals geschmissen hatte, um Vollzeit arbeiten gehen zu können, sondern auch genug um aufs Collage zu können. Sie könnte studieren und ein tolles Leben haben. Oder vielleicht wollte sie einfach nur einen guten Job, das war mir egal. Pearl sollte es einfach nur besser haben, das war alles, was für mich zählte.

 Pearl sollte es einfach nur besser haben, das war alles, was für mich zählte

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