Kapitel 51
Sugar
Er war ein König, der es gewohnt war, Personal anzuweisen, seinen Dreck wegzumachen. Der ein 'Nein' nicht verstand und der selbst jetzt im gesetzten Alter so unfassbar gut aussah, dass ich nicht daran zweifelte, dass er locker eine Frau in meinem Alter haben könnte. Eine unkomplizierte als mich. Warum also war er noch hier? Hatte ich mit meiner offenen Abweisung gerade sein Interesse geweckt? Alleine der Gedanke war widerlich. Ich konnte ihn jetzt schon nicht leiden. Überpriviligierte Arschlöcher wie er waren der Grund, warum die Welt so beschissen war, wie sie eben war.
"Die Dame hatte ein Missgeschick", meinte er zu dem Kellner, der schnell das Glas vom Teppich auf hob und ein Handtuch über den verschütteten Alkohol legte. Dann war er wieder fort, ohne Fragen zu stellen.
Der Fremde knöpfte wieder seine Anzugjacke auf, in einer Geste, die mir wohl sagen sollte. Dass er über mein Benehmen erhaben hinweg sah. Und legte lässig ein Bein über das andere. Der Anzug sah teuer aus, sehr sogar. Ebenso wie der Rest seines Outfits. Er war von Kopf bis Fuß verabscheuungswürdig und ich hatte kein Interesse daran, mich ihm gegenüber zu benehmen.
"Was an verpiss dich, hast du nicht verstanden?", fragte ich ihn und er versuchte wieder zu lächeln, um zu verbergen, wie wütend ihn meine Worte machten. Seine Maske war gut, ehrlich. Aber ich bemerkte die brodelnde Missbilligung in seinem Blick dennoch.
"Ich weiß nicht, warum ich dachte, du wärst nicht so, Sugar Westfield", meinte er und mit blieb kurz der Mund offen stehen, als er meinen Namen sagte. Meinen richtigen Namen. Der der eigentlich irgendwo in der Wüste verscharrt worden war, zusammen mit meiner Vergangenheit. In mir schrillten sämtliche Alarmglocken.
Ich musterte ihn erneut.
Keine Marke, keine Waffe, die Klamotten waren zu teuer für einen Bullen. Eine Trennung? Ich sah mich in der Lobby weiter um, suchte nach möglichen Komplizen, fand aber keine. Er war allein. Wir waren allein.
Nebenbei schätzte ich die Entfernung zu den Fahrstühlen ab, zu Crow. Hundert Meter vielleicht. Wenn es hart auf hart kam, würde schnell genug sein um zu entkommen. Da war ich mir sicher. Abgesehen davon, saß ich sicherlich schon fast eine Stunde hier unten. Crow würde nicht ewig da oben im Hotelzimmer auf mich warten.
Er war definitiv niemand, der Geduld besaß und auch nur zu denken, dass er mir so viel Freiraum geben würde, wie ich will, war absurd. Er würde zumindest nach mir sehen wollen und wenn er dabei bemerkte, dass da ein Mann bei mir war, würde die Eifersucht alleine ihn dazu treiben, zu mir zukommen. Ich sollte also relativ sicher sein.
"Wer sind sie? Was wollen sie? Verpissen sie sich. In dieser Reihenfolge. Sie haben fünf Minuten", gestand ich ihm hoheitsvoll zu. Diese 'Ich-gesatte-dir-großzügig-eine-Audienz,- du unwürdiges Stück-Scheiße-Spiel' konnte ich auch spielen und das sogar in nichts weiter als einem verfickten Bademantel!
Ich war nur ein Mädchen von vielen, die wahrscheinlich vermisst wurden, ich dachte nicht im Traum daran, dass irgendwer sich wirklich darum kümmerte, dass ich oder Pearl verschwunden war. Aber er kannte meinen Namen.
Seine Mundwinkel zuckten ironisch und ich hatte kurz ein Déjà-vu Gefühl, als ich ihm diesmal in ins Gesicht sah. Ich war mir sicher, ihn noch nie gesehen zu haben, aber irgendwie ...
"Ich, Sugar, bin dein Vater", meinte er und egal wie gut mein Pokerface auch gewesen war, jetzt war es weg. Weg, wie: Weg und komm niemals wieder, weil ich darauf nicht klarkam, weg. So gar nicht.
Ich musterte ihn ein drittes Mal, suchte nach Anzeichen einer Lüge, aber scheiße...er kam mir so bekannt vor, weil ich ihm so ähnlich sah. Sie feinen Gesichtszüge, der Schwung meiner Augenbraue. Fuck. Was zur Hölle?! Ich konnte es ehrlich nicht fassen.
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Sugar wants to kill you
RomanceDa ist man nur ein paar Minuten weg und schon wird das Grab, dass man gerade in mühevollen acht Stunden mitten im Nirgendwo ausgegraben hatte, von einem Fremden belegt. Er legt seine beschissenen Leichen dort ab, wo ich die Leiche meines Stiefvaters...