Feuer. Rauch. Überall. So dicht, dass ich nichts um mich herum erkennen kann, und kaum sehe wohin ich meine Füße platziere.
Schreie dringen wie aus weiter Ferne zu mir vor. Geisterhaft, drängend, leise - als würden sie aus einer anderen Welt stammen. Irgendwo läutet eine Glocke - ein Warnsignal, dessen ohrenbetäubender Lärm nun schon eine halbe Ewigkeit andauert und alles andere in den Hintergrund zu drängen scheint.
Ich renne und renne, stolpere über Unebenheiten, Steine, Löcher, immer weiter, hauptsache weiter, denn ich muss raus aus dem dichten Rauch, meine Lungen brennen bereits schmerzhaft, jeder Atemzug mündet in ein Husten, ein Keuchen, ein inneres Verkrampfen - wenn ich hier nicht schnell raus komme, dann sterbe ich am Sauerstoffmangel oder an den giftigen Gasen oder was weiß ich, aber schaden wird es mir, töten wird es mich, vielleicht nicht gleich, aber doch konstant.
Wieder stolpere ich, aber diesmal kann ich mich nicht mehr auffangen, ich stürze zu Boden und schlage mir die Knie und Handflächen auf, keuchend presse ich mein Gesicht gegen meine Schulter, dann nehme ich nicht so viele Schadstoffe auf einmal auf glaube ich, aber lange kann ich sowieso nicht hier bleiben, lange wird es mir ohnehin nichts nützen, denn wenn ich zu viel von der verschmutzten Luft einatme, dann ersticke ich.
Und wie ich da auf allen Vieren knie, fällt mein Blick plötzlich auf einen grellroten Fleck vor mir, der immer mehr wächst - denn Schreck lass nach, meine Nase blutet! Schockiert wische ich mir mit den Händen übers Gesicht, aber es bringt nichts, ich verschmiere es nur, und nun sind auch meine Hände blutbefleckt, starr vor Schock starre ich die aufgeschürften Handflächen an, denn Götter, da liegt plötzlich ein Dolch in meiner Hand, der mir ausrutscht und leise klirrend zu Boden fällt, und trotz des Lärms der Glocke und dem Schreien der Menschen hallt dieses leise Geräusch in mir wider, geht mir durch Mark und Bein, und ich sitze noch immer hier und kann mich nicht regen.
Götter, Götter - was hab ich getan! Da vor mir, da liegt ein junger Mann, dunkles Haar und dunkle Haut, ganz so wie es üblich ist bei den Menschen hier aus der Wüste, und seine Augen blicken leblos und leer in die Wolken voll Rauch, und in seiner Kehle klafft ein Schnitt aus dem eine seltsam farblose Flüssigkeit rinnt, tropf, tropf, tropf, verdichtet sie sich zu einer Pfütze am Boden, und ich zittere und zittere und wage es kaum, doch drehe ich mich um und erkenne voll Schrecken: Leichen, Leichen, überall Leichen, junge, alte, weiblich, männlich, alle weisen sie Schnittwunden auf und die einzige Waffe, die ich sehe, ist der Dolch, den ich gehalten hab, dabei erinnere ich mich an nichts, an gar nichts, nur an die Angst!
Das Schreien ist weg, die Glocke läutet noch immer, und ihr Totengesang legt sich schwer wie eine Decke auf meine Schultern, denn ich bin alleine, weil ich es war, ich allein, die alle anderen ermordet hat, dabei hatten sie mir vertraut, doch ich hatte sie hinein geführt, hatte sie ins Gebäude gebeten, versprach es doch so viel Sicherheit, denn die eine, ja die eine, die hatte sich doch das Bein gebrochen als sie gefallen war, gestürzt, ja ja, ganz übel war das gewesen, aber jetzt ist das auch egal, denn sie ist tot, und alle anderen auch, und ich werde es auch bald sein, denn sie werden mich finden, sie jagen mich ja schon mein ganzes Leben, und sie werden mich fressen, sobald sie mich gefunden haben, bis auf eie Knochen werden sie mich abnagen, ja ja, oder noch schlimmer, sie bringen mich zu ihm!
Rot glühende Augen, von der Erde verschlungen, sie beobachten mich nun schon seit geraumer Zeit, sie lechzen nach meiner Macht und meinem Wissen, denn frei will er sein, frei und mächtig,cauf ewig frei, nicht so wie jetzt, mit diesen billigen Tauchgeschäften, zu denen er seinen Kerkermeister immer wieder überredete, ja und sie wollte er auch haben, sein Glanzstück, aber sie würde er nicht bekommen, sie durfte er nicht bekommen, und mich auch nicht, sonst wär alles vorbei, aus und vorbei, für immer, und dann wärs das, tja dann wärs aus, nicht nur für mich, auch für sie, denn sie wären dann schutzlos, aber das alles ist egal, denn ich habe getötet, Götter, oh ihr Götter, ich habe gesündigt, wie konnte ich nur!
Und sie kommen, sie werden kommen, schon jetzt spüre ich ihre nahende Präsenz, und sie werden mich fressen oder fassen und verschleppen und verdrecken, sie werden mich sündigen lassen und Leben lassen, aber nicht mit mir, nicht solange ich noch einen Funken verstand habe, nicht solange ich noch einen Trumpf habe, diesen letzten Trumpf - also greife ich nach dem Dolch, ich hebe ihn an und meine Hände zittern, denn Götter, ich werde es wirklich tun, mir bleibt kaum eine andere Wahl, umd so hebe ich die Klinge an meinen Hals, und mit einer hastigen, schlampigen Bewegung, es wird ganz schnell gehen, ja ja, ganz schnell, zack - ziehe ich den Dolch und breche gurgelnd zusammen.
DU LIEST GERADE
VIRGO
Fantasy~NaNoWriMo 2022~ Mein offiziell allererster und vollkommen öffentlicher Versuch, das Event des NaNoWriMo zu bestehen. Für mehr Infos einfach einen Blick in das Vorwort-Kapitel werfen. Amaelya ist ein Mädchen ohne jede Kindheit. Ihre Erinnerung begin...