33 ☾ ER

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Baff starre ich immer noch auf diese Tür. Durch die er gerade gegangen ist. Weg. Was war das denn? Verfluchter Mist! In was für eine kranke Scheiße bin ich hier reingezogen worden?

Seinen Namen kenne ich doch. Basti. So nennen sie ihn. Was gibt es da zu überlegen. Oder wie nennt ihn Michel vielleicht noch? Dummkopf, Idiot? Keine Ahnung, woher soll ich das denn wissen? Teufel? Oh, wenn der gleich wieder kommt und ich keine Antwort parat habe, bin ich dran. Aber was soll ich machen? Bin ich irgendein verdammter Heiliger und kann mir irgendeine Lösung herbei zaubern? Nein. Jetzt mal echt! Ich werde noch ganz verrückt.

Mit dem letzten Wort bemerke ich, wie die letzte Luft aus meinem Brustkorb entweicht. Ich habe wohl das Atmen vergessen. Schnell sauge ich kostbar Nachschub ein, muss jedoch sehr schnell husten. Zu eilig. Zu wenig. Irgendwie beides. Ich komme mir gerade wie Fritzi nach einer langen Jagd vor. Ein Rasseln fängt an zu ertönen. Kommt das von meiner Lunge? Meinen Bronchien?

Jetzt würde mir so ein Heiliger schon guttun. Der mir meine Leiden abnehmen könnte oder mir meine Schmerzen lindert. Mir Aussicht auf Hoffnung gibt. Der Glaube an Schutzpatronen ist ... etwas, was ich bewusst vergessen habe.

Schutzpatronen, Heilige ... Das ist es! Langsam, aber sicher gelangt der Sauerstoff wieder dorthin, wo er hin soll und mein Körper gibt seinen Kampf auf. Die Verkrampfungen lösen sich.

Der verdammte Heilige Sebastian war ein Schutzpatron. Ein Widerstandskämpfer seiner Zeit. Lang lang ist es her. Heute wird gar nicht mehr viel darüber gesprochen. Doch ich weiß das so genau, weil ... wegen ... Siggis Bruder.

All die Zeit ... Was ist nur mit ihm geschehen? Und ... wie kann er es wagen, für jene zu arbeiten, die den Tod seiner Nichte vollzogen haben?

Eben noch war sie in meinen Armen. Im nächsten Moment fort. Aus meinem Leben gerissen. So fühlt es sich an. Ich blicke in deren Richtung ... und doch starre ich durch sie hindurch. Denn ich kann das nicht. Vor ihnen ... mich so zu zeigen. Zusammenbrechen. Das geht nicht. Vier Männer. Ein Hohn. Eine Verachtung. Mir ... Unserer Familie gegenüber. Dass sie zu viert kommen. Um mir das zu sagen. Familie ... Die gibt es nicht mehr. Angespannt bleibe ich stehen. Höre die Worte aus ihren Mündern, doch ... lasse sie nicht zu mir rein. Noch nicht.

Schlapp auf diesem Stuhl hängend, komme ich zu mir. Als ich meinen Kopf anhebe, wird mir bewusst, dass ich mich schon wieder nicht unter Kontrolle hatte.

Se-bas-ti-an ... Siggis Bruder. Wo er die Zeit über war, ist nun offensichtlich. Ob er schon vorher einer von denen war? War es alles nur eine Falle? Ist er ernsthaft so krank, dass es geplant war? Einfach abartig! Wenn ich nicht an diesen Stuhl fixiert wäre, würde ich sofort gegen diese verflixte Tür hämmern und ... ihm direkt zeigen, was ich davon halte! Aber das kann ich vergessen.

Wenn er noch einmal einen Namen von ihnen in den Mund nimmt ... Er soll sich hüten! Er hat kein Recht mehr darauf. Was würden mir die beiden raten? Rita und Siggi wüssten jetzt bestimmt weiter. Bevor sie von uns gingen, gab es zumindest nicht das Thema, dass sein etwas jüngerer Bruder einer der Spione sein könnte. Allerdings muss das ja nichts heißen. So oft, wie ich mich nun schon getäuscht habe. Ich habe Seb – wie Siggi und Rita ihn nannten – nie getroffen. Und dann hier gleich zwei unterschiedliche Varianten – als Dummkopf und als Teufelsfratze.

Beides ist fatal, aber wer ist er? Eine leise Hoffnung nagt noch in mir, dass ich auf den Dummkopf stoße und ihn austricksen kann, doch meine Zuversicht will nicht mitwachsen und weist den Hoffnungsfunken in seine Schranken.

Mit mir am Hadern versuche ich dennoch den Funken wieder hervorzulocken, ihn zu entfachen, wenigstens am Zündeln zu halten. Irgendetwas muss mir doch einfallen. Hier geht es nicht nur um die Vergangenheit. Nicht nur und nicht jetzt.

Da draußen läuft Fia rum. Sie braucht Hilfe. Für sie ist es noch nicht zu spät!

Erschrocken reiße ich meinen Kopf rum. Er ist wieder da. Wie soll ich reagieren? Gleich wird er die Tür aufstoßen. Spätestens wenn er sie wieder verriegelt, wird er eine Antwort haben wollen und ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll. Was ist zielführend?

Guter Schwager, böser Schwager?! 

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