41 ☾ ER

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Das mit dem Stamm ... ging daneben. Ich bin nicht Fritzi. Auch wenn es sie anscheinend sehr erfreute und ich ihr gerne Freude bereite, werde ich nun mit Sicherheit einen blauen Fleck am Hintern haben. Dem Schmerz nach zu urteilen ...

Die Nacht verbrachte ich – nach dem ich einfach elegant hinübergeklettert war – an einem Rand des Waldes, den ich bisher auch nicht kannte. Ich denke, so oft verirrt sich niemand hierher. Offensichtlich ist hier einfach nichts.

Mit Einbruch des Tages hat mich Fritzi geweckt – wie ich das vermisst habe – und seit dem überlege ich fieberhaft, wie ich vorgehen soll. Wo könnte Fia hin sein? Die Aufzeichnungen dieser widerwärtigen Experimente zeigen zwar auf, wie ich ihr womöglich helfen kann. Ich hoffe zumindest, dass ich das richtig verstanden habe. Dank der vielen Notizen am Rande sollte das jedoch möglich sein. Denn ein Technikspezialist gepaart mit Astro-Kenntnissen und keine Ahnung, was dazu noch alles von Nöten ist, bin ich sicherlich nicht. Ich frage mich auch, wie die das hinbekommen haben. Vor allem, da Basti alias Seb sich eher nur an die Bilder halten hätte können. Wahrscheinlich steckt da noch jemand anderes hinter. 

Das übersteigt auf jeden Fall alles meinen Horizont und vieles in mir widerstrebt noch, diese Dinge so zu glauben, wie sie da auf den Papieren in meinen Händen stehen. Portale, Gedächtnis, Sprache und all so ein Zeugs. Andererseits ... Ach nee, ich weiß nicht. Wenn ich mal annehme, dass es irgendwie so stimmt, ... was ich da gelesen habe ... Und wenn ich dann noch Kens Aussage „durch Portale schreiten" dazu füge, die ich noch vernehmen konnte. Und dass er annahm, dass es unterdrückt worden wäre ... Wie auch immer es möglich ist. Was auch immer der lilafarbene Dunst soll. Aber ja, wenn ich annehme, dass das nun, weil sie es verbockt haben, doch noch möglich ist, dann wäre es eine Erklärung für gestern. Für ihr plötzliches Verschwinden vom Fleck. Von jetzt auf gleich. Zumal ihr Gedächtnis und ihre Sprache allem Anschein nach schon betroffen sind ...

Aber ... das kann doch einfach nicht so stimmen. Warum weiß dann niemand etwas davon? Oder bin ich der einzige Unwissende? Darüber würden doch die Leute reden. Ohne Ende.

Das ist jetzt alles egal! Ich werde sie nicht im Stich lassen, egal wie was wo und all das! Jetzt such sie verdammt!, schreie ich mich innerlich an.

Aber wo?, das ist die Frage. An welchen Orten wurde sie schon gesehen? Kommt davon etwas infrage?! Die werde ich abklappern. Nur muss auch ich nun vorsichtig sein. Ich pfeife Fritzi her und wir machen uns auf. Es geht in die Stadt. Oder zur Wiese. Nee, dieser Ort ist zu gefährlich. In die Stadt. Ja. Dorthin. Über Umwege gelangen wir immer näher an das Zentrum.

Um mich bei Laune zu halten, summe ich wieder mal vor mich hin. Ganz leise, doch es hilft mir. Und Fritzi mag es immer noch.

»Hau einfach ab!«, brüllt da jemand plötzlich, doch die genaue Richtung kann ich nicht ausmachen.

Ich schaue zu Fritzi, sie spitzt bereits ihre Ohren und kräuselt ihre Nase. Kurz darauf startet sie schon und gibt den Weg an. Immer noch summend folge ich ihr. Warum tue ich es noch? Keine Ahnung, aber um ehrlich zu sein, ... es beruhigt mich selbst. 

Als ich um die Ecke biege, spannt sich mein Körper an. 

Ich bin zu spät. 

Bilder überlappen sich. Frida und Fia. Ich bin zu spät! Das darf nicht sein! Sie liegt auf dem Boden, bewegt sich nicht mehr. Ich habe Angst, näher zu treten. Angst vor der Wirklichkeit. 

Alle anderen scheint es nicht zu interessieren, dass hier ein Mädchen rumliegt. Wie können sie nur? Mit Wut und Trauer blicke ich mich um, schaue dann wieder zu ihr. Wie kann ich nur? Ich bin einer von ihnen, stehe auch nur hier. 

Ich muss ihr doch helfen! Fri... Nein. Das ist Fia! Mit dem Kopf schüttel ich ganz wild, wobei ich mich direkt schlecht fühle, weil ich − nur für jetzt − die Bilder an Frida ablegen möchte. Mit Tränen in den Augen blicke ich wieder auf. 

Fritzi ist schon vorsichtig auf sie zugegangen und schlabbert an ihrer Hand. Richtig. Gut gemacht, Fritzi. Als hätte sie mich gehört, schaut sie mich an. In ihrem Blick meine ich Hoffnung zu sehen. Endlich wage ich mich die letzten Meter vor. Mit zitternden Händen und bebenden Herzen bücke ich mich zu ihr hinunter und hebe ihren Kopf. Sie atmet. Gott sei Dank! Fritzi wird unruhig. Kein gutes Zeichen. Wir müssen hier weg. So vorsichtig wie möglich hebe ich sie hoch, indem ich mir ihre Arme über die Schulter lege, ihren Rücken mit meiner linken Hand fixiere und die Beine über den rechten Arm werfe. Noch einmal werfe ich einen Blick zu Fritzi, der ihr deuten soll, dass sie uns den Weg weisen muss. Sie läuft los und ich folge ihr. Sie genießt mein absolutes Vertrauen. 

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