Sie ist gar nicht böse auf mich. Irgendwann hat dieser Satz es tatsächlich geschafft, sich durch meine Hirngewinde zu schlängeln, wo er nun im freien Raum auf Resonanz wartet.
Sie ist nicht böse. Sie freut sich sogar.
Meine Mundwinkel zucken auch schon. Mit Sicherheit sehe ich gestört aus, was mich schon wieder an Seb denken lässt. Oh Gott, Seb. Weg mit dem aus meinen Gedanken. Fias Freude, seit dem sie mit einem wackligem Ja auf meine Frage – die ich schon wieder vergessen habe – geantwortet hatte, ist einfach himmlisch und so ansteckend. Wie ... bei ... ihr. Immer wieder durchkreuzt ihr Bild das dem, was vor meinem Auge in der Realität passiert. Das glockenhelle Lachen mischt sich unter das herzhafte von Fia. Das Unbeschwerte darin lässt sie beide verschmelzen. Ich freue mich unglaublich mit ihr, doch für mich stellt es sich gerade als riesige Herausforderung dar. Angestrengt versuche ich mich auf Fias einzigartige Klänge im Lachen zu konzentrieren, um im Hier zu bleiben. Sie wirbelt auf diesem staubigen Boden umgeben von vereinzelten Bäumen mitten in umherliegenden Ästen herum, als wäre es eine Bühne und sie hätte ihren großen Auftritt. Fritzi wackelt freudig mit ihr mit, weiß nur nicht genau, in welchem Takt sie schwingen soll und tapst oft bloß von einer auf die andere Pfote. Mal hüpft sie dann höher, doch auch das verschreckt Fia nicht. Sie ist wirklich ein tapferes Mädchen.
»Ich kann sprechen. Ich kann sprechen«, singt sie erneut los. Und ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Es kostet mich immens Mühe, die anderen Bilder beiseite zu halten.
»Frederik! Ich danke dir so sehr!«
Sie mir danken? Was? Mir sie dankt? Einmal tief einatmen ... Ich meinte: Sie dankt mir ...?
»Frederik?«
Ich habe gar nicht mitbekommen, dass sie aufhörte zu tanzen und auf mich zukam. Sie steht vor mir.
»Ist alles in Ordnung bei dir?«, frage ich sie, weil sie auf einmal so aussieht, als wäre ihre Freude abhandengekommen.
»Bei mir? Ja. Aber du siehst nicht so erfreut aus.«
Was meint sie? Doch kurz darauf spüre ich schon, was sie meint. Ich war wohl so fokussiert, dass ich nicht mal das bemerkt habe. Bis jetzt, als mir eine Träne vom Kinn runter tropft. Schnell wische ich mir durch das Gesicht.
»Alles gut. War nur etwas anstrengend. Und der Wald. So was bin ich nicht gewöhnt und ja, so ist es«, rede ich daher, während ich mich umschaue, um ihrem Blick zu entkommen.
»In Ordnung. Dann sollten wir vielleicht von hier weggehen, wenn es dir nicht bekommt?«
»Schon okay.«
»Ich danke dir wirklich. Meine Stimme, meine Sprache. Ich kann wieder reden. Also so, dass ich mich auch selbst verstehe!«, freut sie sich wieder wie ein Kind. Sie ist ja auch noch ein Kind.
»Das war doch klar. Also, dass ich dir helfe.«
»Nein. Ist es hier anscheinend nicht«, äußert sie, während ihre Stimme etwas leiser wird. Na toll, selbst ihre Freude kann ich ihr nicht lassen. Ich weiß doch in etwa, was sie durchmachen musste.
»Tut mir leid, Fia. Was du hier alles erleben musstest ...«
»Nicht deine Schuld.«
»Hm«, brumme ich vor mich hin. Waldtraud würde das wahrscheinlich auch behaupten. Doch ich hätte sie früher beschützen müssen. Ich hätte gar nicht erst in die Stadt gehen dürfen. Am ersten Tag, dann wäre wahrscheinlich alles anders gekommen.
»Frederik, du kannst nichts dafür.«
»Woher willst du das wissen? Oder sind deine Erinnerungslücken doch wieder aufgefüllt?!«, prescht es aus mir heraus, wodurch ich mir selbst einen Dämpfer verpasse und ich mich elendig fühle. Ach du ... Kacke ... Das wollte ich nicht. Was kann sie denn dafür? Ich wende mich ihr zu und sehe, ... dass sie schon zurückgewichen ist.
»Fia, es ... Ich ...«
»Schon gut.«
»Nein, ist nicht gut. Es tut mir leid. Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, also was bei mir gerade los ist. Aber das wollte ich ganz sicher nicht sagen. Und gemeint habe ich es genauso wenig.« Da sie sich noch weiter abwendet, was ich ihr nicht verübeln kann, halte ich jetzt einfach mal meinen Mund.
Einige Zeit – keine Ahnung wie lange – sitzen wir stillschweigend auf dem Waldboden. Wir beide wissen vermutlich gerade nicht, wie wir weitermachen sollen. Ich fühle mich mies. Wie konnte das nur aus mir rausbrechen? Die Wut galt definitiv mir und nicht ihr. Ich kann nicht länger sitzen. Somit erhebe ich mich und tigere umher. Auf und ab. Nebenbei trete ich kleinere Zweige weg. Es macht mich wahnsinnig. Ich würde es gerne wieder gut machen. Vielleicht sollte ich ihr das sagen?
»Fia?«, taste ich mich vorsichtig ran. Sie hebt ihren Kopf an.
»Ich würde das von vorhin wieder wettmachen wollen. Kann ich dir helfen, dich nach Hause zu bringen?«
Sie erwidert meine Worte mit einem Lächeln, was sich jedoch schnell zu einem traurigen Gesicht verwandelt.
»Danke. Ich weiß noch immer nicht, wo mein Zuhause ist und wie ich genau dorthin komme.«
»Das finden wir schon heraus.«
»Octri«, flüstert sie mit einem schelmischen Grinsen.
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Hat-Schi
Science Fiction◦𝗦𝗰𝗶𝗙𝗶/𝗗𝘆𝘀𝘁𝗼𝗽𝗶𝗲-𝗔𝗯𝗲𝗻𝘁𝗲𝘂𝗲𝗿-𝗬𝗼𝘂𝗻𝗴𝗔𝗱𝘂𝗹𝘁◦ ||1.ᴘʟᴀᴛᴢ ɪɴ ᴅᴇʀ ᴋᴀᴛᴇɢᴏʀɪᴇ ›ꜱᴄɪꜰɪ‹ ʙᴇɪᴍ ʙᴏᴏᴋᴀᴡᴀʀᴅ 2024 ⁓ ɪɴꜱɢᴇꜱᴀᴍᴛ 2.ᴘʟᴀᴛᴢ | 3.ᴘʟᴀᴛᴢ ʙᴇɪᴍ ꜱᴜɴʀɪꜱᴇ-ᴀᴡᴀʀᴅ 2024 || 𝘡𝘸𝘦𝘪 𝘔𝘦𝘯𝘴𝘤𝘩𝘦𝘯 - 𝘡𝘸𝘦𝘪 𝘎𝘦𝘴𝘤𝘩𝘪𝘤𝘩𝘵𝘦𝘯. 𝘋𝘢�...