Keine Antwort ist ... und so weiter. Aber gut, was fehlt jetzt noch? Außer natürlich der komplett stockfinstere Nachthimmel, wie mir gerade auffällt. Ein wenig dauert es noch. Und irgendeine Erklärung, wie das überhaupt gelingen soll. Muss ich einen Zauberspruch aufsagen? Natürlich habe ich mal was von Paralleluniversen oder auch dem Begriff Alternativuniversum gehört, aber Bücher sind hier rar ... Wenn nicht gar gänzlich ausgestorbene Ware. Das Wissen wird eher über Sprache weitergereicht. Ich bin mir nicht sicher, ob mein Wissen – oder eher die Vermutungen und Annahmen darüber – dem der Wahrheit entspricht. Allem Anschein nach muss ich mich überraschen lassen.
Mittlerweile ist Jeu wieder im vollen Gange. Sie hat ihr Kästchen, was sie wahrscheinlich aus dem Inneren des Berges mitgebracht hat, aufgeklappt. Sie holt mehrere kleinere Steinchen heraus. Sie sehen alle ziemlich gleich aus. Flach und glatt, als wären sie von Hand geschliffen und poliert worden. Sie legt sie in einem Halbkreis auf dem Boden aus und schaut immer wieder zum Berg hin. Ich kann die Steine sogar schwach glänzen sehen.
Während Jeu die Steine immer mal wieder neu ausrichtet, machen sich eine Kolonie an Insekten bereit, mein Inneres zu erkunden. Mein Bauchraum sowie unterer Rückenbereich werden als Erstes aufgesucht. Es kribbelt und prickelt, bis es schon beinahe schmerzt durch das starke Ziehen.
»Frederik, wollen wir?«, holt mich Jeu plötzlich ins Hier und erschreckt mich damit.
»K-k-klar«, stottere ich, wodurch mir erst bewusst wird, was gerade bei mir los ist. Ich bin nervös und ziemlich aufgeregt. Diese Gedanken an diesen Vorgang, der nun unmittelbar – es ist echt schon dunkel? – vor mir liegt, habe ich erfolgreich verdrängt. Jetzt gibt es kein Wegschieben mehr. Nun ist es so weit. Kneifen gibt es nicht. Oder vielleicht doch? Nein, natürlich nicht! Ende jetzt mit der Diskussion.
»Bist du bereit?« Sie zeigt in den Himmel, der seine Schönheit offenbart mit zigtausend funkelnden Sternen und einem wunderschönen Halbmond. Einem Halbmond, der auch auf ihrem Arm wiederzufinden ist.
Mit meinen Händen stütze ich mich ab und versuche meinen wackligen Körper so gut, wie es mir nur möglich ist zu verbergen. Ganz erholt bin ich nicht. Dafür habe ich einfach zu viel abbekommen. Das weiß ich. Doch wenn es in Lun-Vale so friedlich ist, werde ich mich auch da noch erholen können. So hoffe ich es.
»Ich bin so weit. Was muss ich tun?« Meine Unsicherheit kann ich dafür nicht so gut verstecken.
»Hier.« Sie hält ein Armband in ihrer Hand. »Zieh es über dein Armgelenk. Es muss gut sitzen.«
»Und ...« Ich schaue zu Fritzi. »Was ist mit ihr?«, frage ich nun wieder nervöser, während ich mir jedoch schon mal das Armband wie ein Gummiband über meine linke Hand überziehe.
»So lange sie an dir oder mir dran ist, reicht das. Keine Sorge. Wir halten sie fest. Außerdem ...« Sie unterbricht sich selbst. Ich warte darauf, dass sie weiterspricht. Dann lächelt sie. Ich folge ihren Augen, die auf meine Hand blicken. Es leuchtet. Genauso wie ihrs. Der Mond ist zu erkennen.
»Bedeutet das, dass es funktionieren wird?«, frage ich hoffnungsvoll.
»Ja genau. Also wieder zurück. Fritzi halten wir einfach an ihrem Halsband fest und wir uns am besten auch an den Händen, für den Fall, dass deine Gedanken zu unruhig werden. Und zum Schutz gibt es auch diese Steine. Sie unterstützen das alles.« Jeu zeigt um uns herum und nimmt dann sowohl Fritzis Armband als auch meine Hand in ihre. »Eigentlich benötigen wir sie nicht. Die Steine meine ich, aber sie spiegeln das Mondlicht wider und sorgen bei vielen für eine innere Ruhe. Außerdem bieten sie einen sogenannten Sichtrahmen. Alles, was wir brauchen, sind unsere Monde an unseren Armen sowie den am Himmel. Er versorgt uns mit seiner Energie, damit wir nach Lun-Vale kommen. Ist alles okay so weit für dich?«
Auch wenn es nicht ganz der Wahrheit entspricht und auch wenn ich nicht weiß, ob ich alles begreifen konnte, nicke ich. Fängt es schon an? Es kribbelt und zieht. Oder ist es nur meine Nervosität? Ich glaube, Jeu und ich bewegen uns auf den Halbkreis der Steine zu. Oder stehen wir schon mitten drin? Hat sie mich schon, während sie erzählte, mit sich mitgezogen? Meine Beine fühlen sich leicht und schwer zugleich an. Ich versuche Fritzi auszumachen. Meine Sachen? Doch als ich Fritzi bei uns sehe, ist mir alles andere egal.
»Frederik, konzentriere dich einfach nur auf mich. Ich achte auf Fritzi. Keine Sorge.«
Ich vertraue ihr. Unwillkürlich schließen sich meine Augen und ich lasse es auf mich zukommen.
»Ich möchte dir noch einmal Danke sagen. Für alles.«
Ich bekomme nur noch ein Lächeln zustande. Ein Lächeln? Ich? Auf so etwas ...
»Die Mondenergie wird gleich nach und nach in uns hineinströmen. Vermutlich spürst du schon den ersten Hauch. Es wird etwas kribbeln, vielleicht auch kitzeln ... Angefangen bei deinen Füßen und Beinen. Manche fühlen sich dabei auch schwerelos. Das ist nichts Schlimmes. Bleib einfach an meiner Hand. Wir gehen gemeinsam rüber. Und wenn wir angekommen sind, sage ich dir Bescheid. Mittlerweile wird sich das Gefühl – die Mondstrahlen – schon weiter ausgebreitet haben. Das ist gut. Bald ist es so weit. Lausche der Melodie ...«
Gerade will ich noch fragen, was sie meint ... Da spüre ich kräftige Schübe in mir aufwallen. Zuckend und unter Anstrengung versuche ich dem Drang zu widerstehen, mich auf den Boden zu werfen wie ein kleiner Junge, der seine Nerven verliert. Nur einen Hauch später fühle ich jedoch ebenso, wenn ich diesen Moment nur aushalte, dass es dann gleich vorbei sein wird und etwas Eigenartiges auf wundervolle Weise auf mich wartet. Woher kann ich so etwas nur wissen? Jeus Worte rieseln weiterhin im Hintergrund, doch nur noch den Klang kann ich vernehmen. Andere Schwingungen erscheinen ... Sie drängen sich anstelle dessen in den Vordergrund. Mein Körper spannt sich noch einmal von Kopf bis zum letzten Zeh an ... Das hält sich für einen Moment, in denen ich mein Herz wild klopfen höre ... Darauffolgend werden meine Gliedmaßen plötzlich durchgerüttelt und dann ... Entspannung? Zumindest im Kopf ... Mein Körper fühlt sich eher betäubt an. Die Töne werden zu einem Klang. Er ist mir seltsam vertraut. Ich lausche, gehe gedanklich näher ran. Mein Körper entgleitet mir – oder ist es schon längst –, aber es macht mir seltsamerweise keine Angst. Die Melodie wird nicht lauter, jedoch klarer. Es ist die, die ich selbst in manchen Situationen summe. Nur diese Tonabfolge hat die Gabe, mich direkt noch einmal mehr zu beruhigen. Ich gebe mich dem Klang hin. Und genieße ... Mein Geist wird mit jedem Atemzug benommener und folgt meinem Körper. Als würden sie sich vereinen wollen. In ihrer Betäubtheit. In einer Art Trance ...

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Hat-Schi
Science Fiction◦𝗦𝗰𝗶𝗙𝗶/𝗗𝘆𝘀𝘁𝗼𝗽𝗶𝗲-𝗬𝗼𝘂𝗻𝗴𝗔𝗱𝘂𝗹𝘁◦ ||1.ᴘʟᴀᴛᴢ ɪɴ ᴅᴇʀ ᴋᴀᴛᴇɢᴏʀɪᴇ ›ꜱᴄɪꜰɪ‹ & ɪɴꜱɢᴇꜱᴀᴍᴛ 2.ᴘʟᴀᴛᴢ ʙᴇɪᴍ ʙᴏᴏᴋᴀᴡᴀʀᴅ 2024 | 3.ᴘʟᴀᴛᴢ ʙᴇɪᴍ ꜱᴜɴʀɪꜱᴇ-ᴀᴡᴀʀᴅ 2024 || 𝘡𝘸𝘦𝘪 𝘔𝘦𝘯𝘴𝘤𝘩𝘦𝘯 - 𝘡𝘸𝘦𝘪 𝘎𝘦𝘴𝘤𝘩𝘪𝘤𝘩𝘵𝘦𝘯. 𝘋𝘢𝘻𝘸𝘪𝘴𝘤𝘩𝘦𝘯 𝘭�...