Teil 25

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Clara

Am Montagmorgen kam Dr. Brüscher gegen halb neun zur Visite. „Guten Morgen Frau Redke! Wie geht es Ihnen?" „Ich bin ein wenig nervös, so ganz alleine zu Hause! Aber Freunde und Familie haben schon ihre Hilfe angeboten!" „Das klingt gut und das werden Sie schon schaffen. In zwei Jahren sehen wir uns dann wieder, wenn die Platten und Schrauben rausgenommen werden!" Ich nickte zu dem was er sagte. „Ich wünsche Ihnen alles Gute! Bleiben Sie gesund!" „Danke Dr. Brüscher, bleiben Sie auch gesund!" „Schwester Inga wird Ihnen gleich die Entlassungspapiere bringen! Schönen Tag!" „Vielen Dank für alles!" Und schon war er wieder verschwunden. Sofort holte ich mein Handy raus und schrieb Paddy eine Nachricht. Nur wenige Minuten später kam eine Nachricht von ihm zurück, dass er Boe ins Auto packen und dann losfahren würde. Ich packte noch meine letzten Sachen zusammen und saß dann mit meiner Tasche auf dem Bett und wartete auf Paddy. Ein wenig mulmig war mir schon zumute.

Paddy

Nachdem Clara geschrieben hatte, schnappte ich mir nur noch Boe und ging mit ihm zum Auto. Ich war extra früh aufgestanden und somit schon startklar als sie geschrieben hatte. Mit einem Kribbeln im Bauch fuhr ich dann zum Krankenhaus. Gleich würde ich erfahren, wo und wie Clara wohnte. Das fand ich spannend, aber ich war auch aufgeregt. Wir würden alleine in ihrem zu Hause sein. Ich fühlte mich glatt fünfundzwanzig Jahre jünger und grinste ein wenig über meine Nervosität.

Als ich an Claras Zimmer ankam, stand die Tür auf und ich hörte sie reden, mit Schwester Inga. „Guten Morgen, zusammen!" „Guten Morgen, Paddy! Da bist du ja schon!" „Guten Morgen, Herr Kelly!" Schwester Inga grinste mich an. „Bringen Sie mir Frau Redke ja heile nach Hause!" sagte sie mit erhobenem Finger, lächelte dann jedoch. „Was denken Sie von mir, Schwester Inga?" Sie verabschiedete sich von uns, wünschte uns alles Gute und war genauso schnell aus dem Zimmer verschwunden wie sie immer gekommen war. Ich schaute Clara an. „Bist du bereit? Können wir los?" „Ehrlich gesagt bin ich sehr aufgeregt!" kam es leise von ihr. Immerhin war ich damit nicht alleine. Aber ihre Aufregung hatte sicherlich nicht denselben Auslöser wie meine. „Willst du etwa hier bleiben? Ich hab mich so auf den Käsekuchen gefreut!" gab ich frustriert von mir, ließ die Schultern hängen und zog einen Schmollmund, was Clara zum Lachen brachte. Daraufhin nahm ich ihre Tasche, den Hocker und wir gingen los.

Am Auto angekommen half ich Clara ins Auto und verstaute ihre Sachen im Kofferraum. Boe war ebenfalls total aufgeregt und freute sich. Wäre er nicht mit einem speziellen Gurt gesichert gewesen, hätte Clare ihn sicherlich auf dem Schoß sitzen gehabt. Ich setzte mich auf den Fahrersitz, legte meine Hände aufs Lenkrad und schaute sie an. „Bereit?" „Aber so was von!" lächelte sie und ich startete den Motor.

Zuerst fuhren wir über die Autobahn und anschließend über eine Bundesstraße, die uns Meter für Meter die hügelige Landschaft rauf brachte. Dann bogen wir ab, auf eine Landstraße, vorbei an Feldern mit Roggen, der sich im leichten Wind wog und dabei aussah wie das Meer. Auf der anderen Straßenseite blühte noch ein überreifes Rapsfeld und verströmte seinen typischen Duft. Die Sonne schien mit voller Kraft auf die Erde herab. Und die Landschaft sah einfach traumhaft aus. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Clara mich anschaute. Mein Blick verließ für einen kurzen Augenblick die Straße und ich sah sie an. „Es ist wunderschön hier!" Sie lächelte. „Dort vorne musst du links abbiegen und nur wenige Meter weiter direkt wieder links die Einfahrt rein." Wir fuhren eine lange Einfahrt zwischen hohen Hecken entlang und nach wenigen Metern war das Haus im norwegischen Stil zu sehen. Es hatte nicht die typischen norwegischen Farben wie rot, blau, gelb oder weiß, sondern graues Holz bildete die Fassade und Fensterrahmen sowie Veranda waren in weiß gestrichen. Die Haustür sowie die Garagentore erschienen im Dunkelgrün und die Farben harmonierten wunderbar miteinander. Auf der Garage war ein weiteres Stockwerk aufgebaut, das scheinbar nicht fertig ausgebaut wurde. Als die Hecke auf der linken Seite vorzeitig endete, konnte man in den Garten schauen, wo die Hühner untergebracht waren. Ihr Stall war im selben Stil gebaut und denselben Farben gehalten wie das Wohnhaus und ich musste schmunzeln. Hinter dem Haus erkannte ich große Bäume, wahrscheinlich Kirschbäume. Ich kam aus dem Staunen gar nicht mehr raus. Vor der Garage hielt ich und stieg direkt aus, um Clara aus dem Auto zu helfen. „Wow! Ich bin überwältigt. So schön hätte ich es mir nicht vorgestellt!" Ich hielt ihr meinen Arm entgegen, damit sie zum Kofferraum kam, aus dem ich die Gehhilfen holte. Clara lachte und hielt mich am Arm fest. „Sollen wir vielleicht erst mal reingehen, einen Kaffee trinken und den Kuchen backen? Danach kann ich dir Stück für Stück unser Haus und Grundstück zeigen! Nicht, dass du mir hier gleich hyperventilierst!" Wieder lachte sie. „Und ich dachte, du hattest in Bayern ein wunderschönes Grundstück und viel Platz!" Ich steckte meine Hände in die Hosentaschen und sah mich um. Clara räusperte sich und schnell holte ich ihre Tasche aus dem Kofferraum und ließ Boe raus. Gemeinsam gingen wir zur Haustür und betraten dann das Haus.

Niemand tritt durch Zufall in dein LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt