Teil 129

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Clara

„Barby ist von uns gegangen!" hauchte er mir unter Tränen ins Ohr. Ich drückte ihn noch fester an mich und wusste, dass es keiner Worte bedurfte.

Wir standen eine ganze Weile stumm Arm in Arm im Flur. Er trat einen Schritt zurück und nahm meine Hände in seine. Als er mich anschaute, sah ich die Trauer in seinen Augen und es tat mir verdammt weh, ihn so zu sehen. „Es tut mir so furchtbar leid!" flüsterte ich und gab ihm einen sanften Kuss auf den Mund. „Ich hab sie sehr geliebt. Barby und mich hat immer etwas ganz Besonderes miteinander verbunden! Und jetzt ist sie einfach nicht mehr da!" „Sie ist zwar nicht mehr unter uns, aber sie wird immer bei dir sein, tief in deinem Herzen!" Ich legte symbolisch meine Hand auf seine Brust. Er legte seine auf meine und drückte sie zusammen fest an sich, so dass ich sein Herz kräftig schlagen spürte. „Du wirst deine Schwester niemals vergessen!" Bei den Worten lehnte er seinen Kopf an meine Stirn und kurze Zeit später spürte ich eine Träne auf meine Hand fallen. Er fing an zu zittern und die Tränen liefen unaufhaltsam seine Wangen hinunter. Ich umarmte ihn erneut und drückte ihn fest an mich. Dabei strich ich immer wieder mit meiner Hand über seinen Rücken. Auch er schloss mich in eine feste Umarmung und ich spürte, wie er seine Finger in meine Schultern bohrte. „Lass uns ins Wohnzimmer gehen, hier im Flur ist es zu kalt!" flüsterte ich und schob ihn sanft von mir.

Paddy setzte sich auf die Couch, während ich in einer Schublade nach etwas suchte. Draußen war es schon am dämmern und im Wohnzimmer brannte nur eine kleine Lampe. Als ich gefunden hatte was ich suchte, holte ich ein Feuerzeug, zündete die Gedenkkerze an und stellte sie auf den Couchtisch. „In Erinnerung an einen geliebten Menschen!" las er flüsternd den Text auf dem Glas ab und schaute mich an. Ich kniete mich zu ihm auf die Couch, zog ihn in eine vorsichtige Umarmung, nahm seine Hand in meine und wir schauten einige Minuten auf die Kerze. Er legte seinen Kopf auf meine Schulter. Die Flamme tanzte leicht und strahlte eine beruhigende Wärme aus. Ich spürte, dass auch Paddy gleichmäßiger atmete. „Ihr ging es die letzten Wochen nicht gut! Und das macht mich sehr traurig!" „Erinnere dich an die schönen Zeiten mit ihr. Als sie glücklich und fröhlich war! Erinnere dich an ihr Lachen und ihre Stimme wenn sie mit dir gesprochen hat, wie frei sie war wenn sie getanzt und wie gut sie sich fühlte wenn sie gemalt hat! Sie würde nicht wollen, dass du dich für ihre Schmerzen verantwortlich fühlst." „Sie war ein wundervoller Mensch und sie fehlt mir jetzt schon unheimlich!" Ich hielt ihn einfach fest in meinen Armen und wir schauten gemeinsam auf das Licht der Kerze. „Ich kann deinen Schmerz nachvollziehen und verstehen. Du darfst mir gerne davon erzählen, wenn du möchtest, denn ich weiß nicht wie du dich gerade fühlst aber ich möchte dich noch besser verstehen können. Nimm dir so viel Zeit zum Trauern, wie du brauchst! Und ich werde für dich da sein! Wenn du möchtest, dann reden wir darüber oder wir sitzen schweigend nebeneinander, ich nehme dich einfach nur in den Arm aber du weißt, dass du nicht alleine bist!" Er atmete tief durch und gab mir einen sanften Kuss. Er rückte ein wenig von mir ab und legte seinen Kopf ganz vorsichtig auf meine Beine. „Danke, dass du bei mir bist!" Er schaute zu mir rauf und sah mir direkt in die Augen. Seine Augen waren gerötet und die Traurigkeit, die ich in ihnen sehen konnte, bereitete mir eine Gänsehaut. Ich nickte nur lächelnd und vergrub meine Hand in seinen Haaren. Er nahm meine andere Hand in seine und platzierte sie auf seiner Brust. Dann schloss er die Augen und ich spürte, wie er gleichmäßig atmete. Er sah in diesem Moment so hilflos und zerbrechlich aus. Aus seinen Augenwinkeln traten Tränen hervor und ich wischte sie ganz vorsichtig mit meinem Daumen weg.

Wenn ein geliebter Mensch stirbt, ist von einem Moment auf den anderen alles anders. Das eigene Leben wird auf den Kopf gestellt, und es entsteht eine Lücke, die nie wieder gefüllt werden kann. Je größer der Verlust ist, je mehr der Mensch geliebt wurde, desto größer wird die Trauer sein. Der Schmerz in der Trauer ist eine natürliche Antwort darauf, dass man jemanden oder etwas verloren hat, das man geliebt hat. Und der Verlust eines geliebten Menschen bleibt für immer bestehen.

Niemand tritt durch Zufall in dein LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt