Teil 137

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Clara

Es war Ende Juni, als ich nach der Arbeit mit dem Großeinkauf nach Hause kam. Paddy öffnete mir die Tür, nahm mir zwei Einkaufskörbe ab und brachte sie ins Haus. Ich holte den letzten Korb aus dem Auto und nahm die Post aus dem Briefkasten. Direkt fiel mir ein Brief vom Gericht auf. Als ich genauer hinschaute, sah ich, dass er vom Amtsgericht München kam und mein Herz fing an zu klopfen. Schnell ging ich ins Haus, ließ meine Schuhe an und legte keine Taschen ab. Verwundert schaute Paddy mich an. „Hier, ein Brief vom Amtsgericht München. Das wird die Ladung für den Scheidungstermin sein." meinte ich aufgeregt und hielt ihm den Brief entgegen. Mit großen Augen schaute er mich an, nahm ihn mir ab und öffnete ihn direkt.

Seine Augen huschten über das Blatt Papier und er schaute mich an. „Der Termin ist am dreiundzwanzigsten Juli." „Was? Das ist aber kurzfristig! Normal dauert es drei bis sechs Monate bis der Scheidungstermin terminiert wird!" meinte ich verblüfft. Er senkte das Blatt Papier und schaute mich an. „Je schneller, desto besser! Ich hoffe nur, dass Joelle mitspielt und die Scheidung nicht unnötig in die Länge zieht!" Ich ging einen Schritt auf ihn zu, nahm ihm den Brief aus der Hand, legte ihn auf die Arbeitsplatte und nahm seine Hände in meine. Ich näherte mich ihm noch einen Schritt und legte meine Arme um seine Hüften. „Sie hat sich die letzten Wochen nicht mehr gemeldet, oder?" Er schüttelte seinen Kopf. „Dann wird auch nichts mehr kommen. Ich kann aus Erfahrung sagen, dass die meisten Frauen ihre Noch-Ehemänner die ganze Zeit mit Anrufen terrorisieren und dann der Scheidung nicht zustimmen, sie somit bis zu mehrere Jahre in die Länge ziehen. Traust du ihr zu, dass sie nicht zustimmen wird?" „Eigentlich nicht! Sie ist niemand der sehr nachtragend ist oder sich rächt!" „Das wird schon alles funktionieren!" Ich gab ihm einen sanften Kuss.

Nach dem Kuss schauten wir uns lange in die Augen. „Bitte begleite mich in fünf Wochen nach München!" flüsterte er und gab mir einen kurzen aber liebevollen Kuss. „Zu deinem Scheidungstermin?" fragte ich völlig überrascht und mein Lächeln war plötzlich verschwunden. „Ja! Ich möchte danach mit dir essen gehen und Zeit mit dir verbringen. Und das möchte ich noch am selben Tag machen und nicht erst noch über sechs Stunden quer durch Deutschland fahren, um mich dann zu dir zu legen, wenn du schon schläfst. Es wird sich sicherlich völlig anders anfühlen wenn ich geschieden bin." Lange schauten wir uns schweigend an. Meine Unsicherheit konnte er sicherlich erkennen und schaute mich überrascht an. „Wir übernachten selbstverständlich in einem Hotel. Hast du etwa gedacht, dass wir in meiner alten Wohnung bei Joelle übernachten? Du wirst ihr nicht begegnen!" Mir fiel ein Stein vom Herzen und ich atmete erleichtert auf. „Nein, natürlich habe ich das nicht gedacht! Auch wenn es mich trotzdem irgendwie reizt, sie kennenzulernen. Ich weiß nicht, lieber nicht! Ich vergleiche mich sonst vielleicht ständig mit ihr." „Das musst du nicht, Clara! Ich bin jetzt mit dir zusammen und ich bin sehr glücklich mit dir!" Vorsichtig streichelte er über meine Wange und sein Daumen fuhr ganz langsam über meine Unterlippe. Ich fing an zu lachen und zog meinen Kopf zurück. „Das kitzelt!" Paddy legte seine Hände auf meine Wangen und gab mir einen Kuss. „Das werden immer mehr Wochen, die du an Ferienbetreuung übernehmen musst!" lächelte ich. „Nichts lieber als das! Ich mache das gerne!" meinte er ernst. „Na wenn du das mal nicht bereuen wirst!" kicherte ich.

Die nächste Woche verging wie im Flug. Ich hatte in der Kanzlei unheimlich viel zu tun und vor den Ferien standen generell noch viele Gerichtstermine an. Auch Paddy war mit den Jungs viel im Studio oder zog sich zu Hause in sein Studio zurück. Er war dann stundenlang nicht zu sehen und kam abends erst spät ins Bett. Ich hatte die Vermutung, dass er sich so von dem Verlust unseres Babys ablenken wollte. Aber mich lenkte die Arbeit ebenfalls davon ab.

Es war der letzte Schultag, als ich erst spät nach Hause kam. Larissa war bei meinen Eltern und wollte dort schlafen, so dass ich sie an diesem Tag gar nicht mehr sehen würde. Es war ein bewölkter Abend und es war schon etwas dunkel im Haus. Ich schaltete in der Küche das Licht an, schenkte mir ein Glas Wasser ein und ging damit ins Wohnzimmer, um die Vorhänge vor die Fenster zu ziehen. Als ich das Licht einschaltete, entdeckte ich Paddy auf der Couch liegen. Er hatte die Augen geschlossen. „Oh mein Gott!" gab ich nur überrascht von mir. Ich zog die Vorhänge zu und schaltete die kleine Leuchte hinter dem Fernseher an und das große Licht wieder aus. Als Paddy sich immer noch nicht regte, setzte ich mich zu ihm auf die Couch und streichelte ihm vorsichtig über die Wange. Ich sah, dass Tränen auf seinen Schläfen Spuren hinterlassen hatten. Als er dann endlich seine Augen öffnete, sah ich, dass sie ganz rot waren und ich wusste sofort, dass er geweint hatte. Ich stellte mein Glas auf den Tisch und legte mich zu ihm. „Was ist los?" fragte ich ihn ganz leise und er legte seine Arme um mich. „Lass uns bitte einfach nur hier liegen! Ich möchte jetzt nicht reden!" flüsterte er leise und ich legte meine Hand auf seine Brust.

Niemand tritt durch Zufall in dein LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt