Teil 139

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Clara

Am nächsten Tag machten wir uns gegen Mittag auf den Weg nach München. Wir teilten uns die Strecke auf und so parkte Paddy gegen sieben Uhr das Auto in der Tiefgarage des Hotels, wo wir die nächsten zwei Tage übernachten würden. Wir brachten unseren Trolley auf unser Zimmer und gingen dann in eines der Restaurants im Haus, um gemütlich zu Abend zu essen. Wir unterhielten uns über den bevorstehenden Tag, hauptsächlich über den Scheidungstermin. Ich bemerkte, dass Paddy total nervös und angespannt war. Vorsichtig legte ich meine Hand auf seine als wir fertig gegessen hatten. „Hey, entspann dich!" Er schaute mich an und ich bemerkte, dass ihn etwas bedrückte. „Lass uns noch eine Runde spazieren gehen. Die frische Luft wird uns gut tun!" meinte ich und stand auf, was Paddy mir daraufhin gleichtat. Wir verließen Hand in Hand das Restaurant und nachdem Paddy sich eine Cappy und seine Sonnenbrille aufgesetzt hatte dann das Hotel. Draußen blieb er kurz stehen und es sah aus, als würde er sich orientieren und dann ging er los. Schweigend liefen wir durch die Straßen. „Gibst du mir kurz ein paar Minuten mit ihm?" fragte er mich, als wir vor einer Kirche standen. Ich nickte nur stumm und löste meine Hand aus seiner als er den ersten Schritt auf die schwere Tür zuging. Er schaute erst an seinem Arm herunter und dann zu mir, während er meine Hand wieder in seine nahm. „Du kannst ruhig mitkommen!" lächelte er und so betraten wir gemeinsam die Kirche. Er nahm seine Cappy und die Sonnenbrille ab, fuhr sich kurz mit der Hand durch die Haare, benetzte sich mit Weihwasser und ging auf den Altar zu, wo er sich bekreuzigte. Ich setzte mich in die letzte Reihe und verhielt mich ruhig, während Paddy sich in die erste Reihe kniete und anfing zu beten.

Geduldig wartete ich auf ihn, bis er fertig war. Dabei gingen mir eine Menge Gedanken durch den Kopf. Was, wenn Joelle der Scheidung am nächsten Tag wirklich nicht zustimmen und diese somit in die Länge ziehen würde? Würde ich wirklich ohne weiteres damit umgehen können? Eigentlich war es doch egal, ob er geschieden war oder immer noch mit ihr verheiratet. Ich vertraute ihm und wusste, dass er sie nicht mehr liebte. Dass sie in seinem Herzen keinen Platz mehr hatte und er mit mir alt werden wollte. Lediglich heiraten würden wir dann erstmal nicht können. Aber war das wirklich so eilig? Musste ich mit ihm verheiratet sein, um ihn bei mir halten zu können? Unbewusst strich ich über den Ring an meinem linken Ringfinger. Und zum allerersten Mal zweifelte ich daran, ob wir nicht vielleicht doch zu schnell mit unseren Entscheidungen waren. Aber dann kam mir wiederum in den Kopf, was wir schon zusammen erlebt und durchgemacht hatten. Und bei dem Gedanken an unser Sternenkind liefen mir ein paar Tränen über die Wange.

Immer noch den Verlobungsring fest umklammert und mit Tränen auf den Wangen spürte ich plötzlich eine Hand auf meiner Schulter. Und als ich aufschaute, traf mich ein besorgter Blick von Paddy. An seinen Lippen konnte ich ablesen, dass er mich tonlos fragte, ob alles in Ordnung sei. Als ich nickte hielt Paddy mir seine Hand entgegen und wir verließen die Kirche. „Ist alles gut?" fragte er mich, als wir wieder draußen waren und er sich die Cappy aufsetzte. „Ja, ich musste nur eben an unser Baby denken, das wir verloren haben!" Ich atmete tief durch und Paddy legte seinen Arm um meine Schulter, zog mich nah an sich. „Aber was ist mit dir? Du sahst eben nach dem Essen sehr bedrückt aus." Er atmete tief durch. „Ich habe ein ungutes Gefühl was morgen angeht. Auch wenn ich weiß, dass Joelle sowas niemals tun würde, ich habe Angst, dass sie der Scheidung morgen nicht zustimmt." Ich blieb stehen und zog ihn vorsichtig zu mir, so dass wir uns gegenüber standen. „Aber was wäre daran so schlimm? Ich vertraue dir! Wenn sie der Scheidung wirklich nicht zustimmt und wir noch länger warten müssen, dann wäre das kein Weltuntergang! Ich warte auf dich! Das habe ich schon so lange getan, da kommt es auf ein paar weitere Jahre auch nicht mehr an! Was das warten auf dich angeht, darin bin ich wirklich sehr gut, Paddy!" lächelte ich ein wenig und schaute ihn an, schob seine Brille etwas hoch, so dass ich seine Augen sehen konnte. „Aber ich nicht, Clara! Ich will nicht so lange warten, bis wir heiraten können. Am liebsten würde ich direkt der ganzen Welt erzählen, dass ich dich liebe und du die Frau an meiner Seite bist. Aber nicht irgendwann in ein paar Jahren sondern jetzt!" Ich setzte seine Brille zurück auf seine Nase, schob meine Hand in seinen Nacken und zog ihn sanft zu mir, sodass ich meine Lippen auf seine legen konnte. Paddy schlang seine Arme um mich und ich spürte sein Herz an meiner Brust schlagen.

Niemand tritt durch Zufall in dein LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt