Teil 12

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Paddy

„Larissas Vater ist letztes Jahr im Januar tödlich verunglückt! Und das hat uns seitdem noch mehr zusammengeschweißt, als wir es vorher schon waren!" Ich war völlig erschrocken über das, was sie da gerade gesagt hatte. Im schlimmsten Fall hatte ich mit einer fiesen Trennung gerechnet und dass Larissas Vater kein Interesse mehr an dem Leben seiner Tochter hatte. Aber dass er tödlich verunglückt war, kam völlig unerwartet. Und Larissa tat mir direkt leid, dass sie ohne Vater aufwachsen musste. „Das tut mir schrecklich leid, wenn ich das gewusst hätte, hätte ich nicht so eine persönliche Frage gestellt!" „Schon gut, das konntest du ja nicht wissen!" „Wie hat Larissa das verkraftet? Wenn man das so überhaupt sagen kann? Einen geliebten Menschen zu verlieren ist ja noch nicht mal für uns Erwachsene einfach!" „Larissa hat lange um ihren Papa geweint. Jede Nacht wurde sie wach und hatte Albträume. Und jedes Mal fragte sie mich, ob Papa wiederkommen würde und ob er nur für ein paar Wochen wegbliebe. Sie war zwar mit auf seiner Beerdigung, hatte das aber noch nicht richtig einordnen können. Wir sind auch in unserem Haus wohnen geblieben. Dort haben wir viel Platz. Es war sein Lebenswerk und es wäre nicht fair gewesen, wenn Larissa es nicht eines Tages bekommen würde. Das hätte er nicht gewollt. Ich glaube, so war es für Larissa auch einfacher. Sie ist in ihrer gewohnten Umgebung geblieben. Sie hat schon ihren Papa verloren, da sollte sie nicht auch noch ihr Zuhause verlieren." „Das erinnert mich ein bisschen an mich, als meine Mutter gestorben ist. Ich war auch in dem Alter wie Larissa als sie starb." Clara nickte mir zu. „Kein Kind sollte seine Eltern so früh verlieren." Und diesmal war es Clara, die ihre Hand auf meine legte. Ich sah, dass sie Tränen in den Augen hatte, drehte meine Hand und nahm dann ihre fest in meine. „Hey, es tut mir leid, dass ich so eine persönliche Frage gestellt habe!" „Nein, ist schon okay. Es tut gut, mal mit einer außenstehenden Person darüber zu sprechen." Wir schauten uns lange und tief in die Augen. Ich spürte mein Herz heftiger schlagen, mein Atem ging schneller und lange lag nur die Stille zwischen uns. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können, so leise war es im Zimmer. Clara beendete diesen magischen Moment, indem sie ihren Blick von mir abwandte und aus dem Fenster schaute. Was war denn bloß los mit mir? In Claras Nähe fühlte ich mich so wohl und aufgehoben. Wenn wir zusammen waren, dann vergaß ich sogar den Streit mit Joelle.

Clara

Mein Blick fiel auf die in der Entfernung stehenden Bäume, die langsam im leichten Wind hin und her schwankten. Sein Anblick hatte mich wieder erschauern lassen, weil erneut alles verrücktspielte. Warum hatte ich ihm eigentlich von Nils erzählt? Ich sprach wirklich sehr ungern von ihm, da die Zeit damals vor allem für Larissa sehr schwierig und sehr anstrengend war. Ich hoffte, dass er nicht weiter nachfragen würde. Aber ich hätte ihn am liebsten gefragt, was das hier zwischen uns werden sollte. Unsere Gespräche und vor allem die Berührungen fühlten sich plötzlich so vertraut an. Aber ich wollte ihn auf gar keinen Fall unter Druck setzen. Da er verheiratet war, wäre die Frage bei ihm sowieso völlig falsch angekommen. Aber andererseits wollte ich auch wissen, wie ernst ihm die Freundschaft mit Larissa war. Ich hatte Angst, dass ich die Freundschaft zwischen den beiden zuließ und Larissa von ihm bald bitter enttäuscht werden würde. Auch wenn er sagte, dass er seine Versprechen halten würde, er konnte ihr nicht einige Male Wünsche erfüllen und wenn er keine Lust mehr auf sie hatte, sich einfach nicht mehr melden. Ich wusste nicht, ob ihm bewusst war, dass ein Kinderherz schnell brechen konnte.

In dem Moment hatte ich plötzlich stechende Schmerzen in meinem Oberschenkel, verzog mein Gesicht und legte meine Hand, soweit es überhaupt möglich war, auf die schmerzende Stelle. „Kann ich dir irgendwie helfen?" fragte Paddy mich und schaute mich erschrocken an. „Kannst du die Zeit zurück drehen?" Aber kaum hatte ich ausgesprochen, realisierte ich, was ich da gerade gesagt hatte. „Nein, nein, nein! Stopp! Mach das bloß nicht!" Fragend und auch überrascht schaute er mich an. „Dann wäre der Unfall nie passiert und wir hätten uns nicht kennengelernt! Wir haben bisher so viel Zeit miteinander verbracht, wie ich mir niemals hätte träumen lassen!" Er lächelte mich an. „Da hast du wahrscheinlich Recht! Ich bin gerne hier bei dir!" gab er kleinlaut zu. Mein Herz fing wieder an zu klopfen und peinlich berührt schaute ich weg und auf mein Bein, um den Schmerz zu vertreiben. „Clara, ich meine das ernst!" Und wieder nahm er vorsichtig meine Hand in seine. „Ich glaube dir! Deine Gesellschaft tut mir gut und ich genieße unsere Gespräche! Und das nicht, weil ich dich seit so langer Zeit mag, sondern weil ich dich kennengelernt habe. Und was soll ich sagen? Ich bin irgendwie ein bisschen stolz darauf, auch wenn ich damit nicht angeben kann!" sagte ich mit einem ironischen Unterton und brachte Paddy damit zum Lachen. Und in der Sekunde waren die Zweifel, dass er sein Wort nicht halten würde, für einen kurzen Moment verflogen.

Niemand tritt durch Zufall in dein LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt