Niemand tritt durch Zufall in dein Leben

Teil 24

Clara

„Bitte lass dir von mir helfen, Clara! Und ganz bestimmt fällst du mir nicht zur Last!" Ich spürte die Wärme seines Körpers, atmete den verführerisch maskulinen Duft seiner Haut ein. Seine tiefblauen Augen glitzerten im Sonnenlicht und brachten mich aus dem Konzept. Ich hörte das Blut in meinen Ohren rauschen und bemerkte, wie mein Herzschlag schon bis in meine Halsschlagadern zu spüren war. „Ich möchte für dich da sein, wenn du Hilfe brauchst! Bitte, Clara, es würde mir das Gefühl geben, wenigstens ein wenig wieder gut zu machen." Noch immer schauten wir uns an und noch immer spürte ich seine Hand an meinem Kinn. Ein Schauer durchfuhr mich und ich schloss kurz die Augen. „Vielleicht fangen wir damit an, dass ich dich am Montag nach Hause bringe! Und wir backen zusammen einen Käsekuchen!" Jetzt brachte er mich zum Lachen. „Einverstanden!" Er nahm mich in den Arm und drückte mich vorsichtig an sich. In den drei Wochen nach dem Unfall bestanden unsere Berührungen lediglich daraus, dass er meine Hand in seine nahm und jetzt umarmte er mich einfach so und hatte mich im Gesicht berührt. In meinem ganzen Körper fing es an wie wild zu kribbeln.

Wir gingen eine Weile schweigend nebeneinander her und beobachten Boe, wie er immer wieder anhielt und schnupperte. „Wie war eigentlich dein Gespräch mit ihr? Magst du davon erzählen, oder lieber nicht?" Er atmete tief durch. „Wo soll ich da anfangen? Joelle liebt ihren Job und sie hatte Angst, dass sie einem Kind nicht gerecht werden würde. Ich hab ihr gesagt, dass auch ich hätte kürzer treten können, dass wir es irgendwie hätten arrangieren können. Und dass sie aber vor allem vorher mit mir hätte reden müssen. Sie hat mich dann gefragt, ob ich eine andere Frau kennengelernt habe!" Er machte eine Pause und schaute mich an. Ich war völlig überrascht. „Nicht im Ernst! Sie hat einen Neuen und wollte wissen, ob du auch eine Frau kennengelernt hast, damit sie keinen Grund hat sich schlecht fühlen zu müssen?" „Clara, du machst mir Angst!" „Entschuldige, das wollte ich nicht! Aber es liegt auf der Hand, dass sie einen Neuen hat und hofft, dass du ebenfalls eine Frau gefunden hast, mit der du dich ablenken kannst, damit du nicht an den Schmerz erinnert wirst! Hab ich Recht? Sie hat einen Neuen, oder?" „Ja, hat sie! Woher weißt du das? Ich hab aber nicht gefragt, seit wann das läuft. Sie sagte nur, dass es noch nichts Ernstes sei und sie abwarten will!" „Weibliche Intuition! Und glaub mir, es ist besser, wenn du keine weiteren Details darüber erfährst! Es ist verletzend genug, dass sie überhaupt einen Neuen hat, obwohl ihr noch gar nicht getrennt ward!" Ich war in dem Moment richtig wütend auf Joelle, obwohl ich sie gar nicht kannte. Aber dass sie Paddy so verletzt und hintergangen hatte, ärgerte mich dermaßen. „Ich bin gar nicht darüber verletzt, dass sie einen Neuen hat. Ich bin einfach nur so unheimlich wütend und verletzt darüber, dass ich so behandelt wurde. Kannst du dir vorstellen, wie sich das anfühlt? Warum hat sie mir nicht gesagt, dass sie nicht mehr glücklich ist? Dann hätten wir uns vielleicht schon früher getrennt und ohne mich zu verletzen, hätte sie sich mit ihrem Neuen treffen können. Dass sie mich betrogen hat, ist viel schlimmer, als dass sie einen anderen Mann begehrt! Ich liebe sie nicht mehr, aber es tut trotzdem verdammt weh und nagt an meinem Ego! Das hat mir echt den Boden unter den Füßen gerissen. Ich fühle mich wertlos, hintergangen und hatte sogar Selbstzweifel!" Ich schaute ihn mitleidig an und konnte nachvollziehen, was er mir sagen wollte. Er war in mehreren Punkten von ihr hintergangen worden. Aber ich war wirklich überrascht, dass er es ausgesprochen hatte, dass er Joelle nicht mehr lieben würde. „Sie hat eure Ehe scheinbar schon viel früher für gescheitert erklärt. Ich kann mir noch nicht mal ansatzweise vorstellen, wie weh das tun muss. Und es tut mir schrecklich leid, dass du so eine Erfahrung machen musstest. Das ist nicht schön und das hat niemand verdient!"

Wir waren mittlerweile stehen geblieben und Boe lag zu seinen Füßen. Paddy richtete den Kopf nach unten und mein Blick folgte seinem. Er streckte seine linke Hand aus und strich über seinen Ringfinger. Dort, wo er letzte Tage noch seinen Ehering getragen hatte. Ganz vorsichtig legte ich meine Hand auf seine und sofort umfasste er sie mit seinen Händen und drückte sie fest. „Clara, ich bin wirklich froh, dass wir uns kennengelernt haben! Wenn ich mit dir zusammen bin, dann kann ich sein, wer ich wirklich bin. Ich hätte dich am Donnerstagabend unheimlich gerne angerufen. Joelle ist nach unserem Gespräch ins Schlafzimmer gegangen und ich habe mitbekommen, wie sie ihren Neuen angerufen hat. Kannst du dir vorstellen, wie weh mir das getan hat? Obwohl ich mit ihr abgeschlossen habe. Ich hätte so gerne mit dir darüber gesprochen, aber ich fand es falsch, dich damit am Telefon zu belästigen! Ich meine, du bist ein Fan von mir seit du dreizehn bist. Hätte sich komisch angefühlt oder?" Ich schaute ihn an. Seine Augen musterten ausführlich mein ganzes Gesicht. Ich erwachte aus meiner Starre, senkte augenblicklich den Blick und spürte, wie mir das Blut in die Wagen schoss. „Vielleicht ein bisschen. Aber jetzt reden wir ja auch darüber. Ich hatte anfangs unheimliche Schwierigkeiten damit, dir zu vertrauen. Wenn ich aber überlege, worüber wir in den letzten Wochen gesprochen haben und was du mir alles anvertraut hast. Ich bin für dich da wenn du reden möchtest. Und den Titel Fan würde ich gerne ablegen und ihn vielleicht durch..." Ich überlegte kurz und war mir unsicher, ob ich es wirklich aussprechen sollte. „...gute Freundin ersetzen!" gab ich fast flüsternd von mir. Wieder nahm er mein Kinn in die Hand und hob es an, so dass sich erneut unsere Blicke trafen. Mein Blick war voller Sehnsucht auf ihn gerichtet und ich sehnte mich nach einem Kuss von ihm. Mein Herz fing wie wild an zu schlagen und ich hoffte, dass er es nicht hörte, so laut kam es mir vor. Die Andeutung eines Lächelns huschte über seine Lippen, was ihn noch umwerfender aussehen ließ.