no crying

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„It all ends in tears anyway."- Jack Kerouac

"Du hast was?" Clara sieht mich verwirrt aus ihren braunen, großen Augen an.
"Ich habe gestern meine Unschuld verloren."
"An wen? Bitte sag mir nicht, es war James oder irgendeiner aus seinem Umfeld."
Ich schaue auf meinen Notizblock und pule an meinem Stift herum, obwohl da eigentlich gar nichts ist, an dem ich herumpulen könnte.
Clara stößt mich in die Seite. "Los, jetzt sag schon."

"Okay, okay. Es war Toby."
Clara schüttelt ungläubig den Kopf. "Oh, nein. Das war ein Scherz, richtig?", fragt sie mich.
Ich schaue weiterhin auf meinen Stift in meinen Händen. Es ist der gleiche Stift, den sich James von mir ausgeliehen hat.
Als ich nichts sage und auch nicht lache, merkt Clara, dass es kein Witz war. "Toby Baker ist ein Arsch. Du hast deine Unschuld an einen Weiberhelden verloren. Scheiße, girl."
Ich blicke wehleidig zu ihr herüber. Ich muss mich zusammenreißen, dass ich nicht auf der Stelle anfange, zu weinen. Clara kommt zu mir herüber und nimmt mich in den Arm. "Das wird schon wieder."
Ich wünschte nur, dass es so einfach wäre.
Ich bin so dumm, zu glauben, dass so jemand wie Toby tatsächlich Interesse an mir haben könnte. "Ich fühle mich so ausgenutzt", gebe ich geschlagen zu. "Wie konnte ich nur so dumm sein?"
"Naja, das erste Mal ist eh nie schön und glaub mir, der Schmerz geht vorbei. Das geht schneller, als du denkst." Ich versuche, ihr zu glauben.
Der Schmerz sitzt noch ziemlich tief und ich weiß nicht, wie ich diesen Tag überleben soll. Wahrscheinlich hat Toby schon damit angegeben, mich rumbekommen zu haben. James stolziert in das Klassenzimmer und nach ihm seine Freunde.
Es ist bereits Freitag. Ich habe die restliche Woche geschwänzt und auf krank vor meinen Eltern gemacht. Nach dieser Blamage konnte ich einfach nicht in die Schule gehen.
James zwinkert mir zu und ich rolle mit den Augen. Der hat mir gerade noch gefehlt.

Die Stunden wollen heute nicht vergehen und ich habe das Gefühl, dass ich hier schon seit Tagen sitze.
"So meine Lieben. Ich möchte, dass Sie die nächste Aufgabe als Gruppenarbeit machen. Ich teile Sie in Gruppen ein. Es wird ein größeres Projekt und Sie sollten sich auch nach der Schule zuhause treffen und die Aufgaben durchgehen."

Ich höre Mrs Fitzgerald nicht weiter zu, denn meine Gedanken schweifen ab. Wie konnte Toby mir das antun? Er hat sich natürlich nicht mehr gemeldet, seitdem er mich entjungfert hat.
Ich bin ja auch teilweise selbst schuld, dass ich meine eigenen Prinzipien gebrochen habe.
"Zu guter Letzt haben wir Emily Jones und James Blurre. Die Aufgaben liegen jeweils mit euren Namen auf meinem Pult. Sie können sie sich nach dem Klingeln hier vorne abholen."
Ich merke gar nicht, wie es zum Stundenende klingelt. Clara stupst mich an.
Ich blicke auf und sehe James, vor mir stehen. "Was willst du? Willst du dich über mich lustig machen?", frage ich, während ich meinen Kopf wieder auf meinen Tisch lege. "Lustig machen? Wieso? Gibt es etwas, worüber ich mich lustig machen könnte?"
Ich bin viel zu erschöpft, um zu antworten. Stattdessen zeige ich ihm den Mittelfinger, ohne von meinem Tisch aufzublicken.

"Wir müssen das Projekt zusammen machen und unsere Aufgaben vorne abholen. Soll ich die Aufgaben vielleicht holen?", fragt er mich, ohne missbilligenden Ton.
Ich schrecke aus meiner Position auf. "Wir müssen was? Nein, nein. Das muss ein Fehler sein." Ich schnappe mir meine Tasche und stopfe meinen Notizblock und mein Federmäppchen hinein und renne zu Mrs Fitzgerald. "Da muss ein Fehler im System sein. Ich kann unmöglich mit James Blurre zusammenarbeiten."
"Ms Jones. Keine Sorge. Ich habe die Gruppen sorgfältig durchgesehen. Ich möchte hierbei, dass sie sich auch mit Menschen umgeben, die sich nicht so gut kennen."
"Toll", murmle ich in mich hinein.
"Du kannst die Aufgaben mitnehmen", rufe ich in James' Richtung, bevor ich aus dem Klassenzimmer verschwinde.

craving your bloodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt