Kapitel 37

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Das Wasser war genauso eiskalt, wie Lova es vermutet hatte. Es war wohl die dümmste Idee ihres Lebens gewesen, sich einfach frohen Mutes in die Fluten zu stürzen, doch sie konnte auch nicht behaupten, dass sie viele andere Optionen gehabt hätte. Selbst wenn sie den Menschenhändler in einem Kampf geschlagen hätte, hätte es doch nichts an der Tatsache geändert, dass sie ziemlich sicher kein Schiff zurück zu den Nördlichen Marktinseln würde lenken können. Es war eine ausweglose Situation gewesen, mit dem Unterschied, dass sie dieses Mal wenigstens nicht ins Meer geschubst worden war. Selbst zu springen mochte wahnsinnig erscheinen, doch in ihren Augen war es um einiges würdevoller.

„Ich hasse das Meer", murmelte Lova ungehalten, während sie ungeschickt in Richtung Land paddelte. Lag es an ihr oder war das Wasser in diesen Breitengraden sogar noch kälter als damals vor der Wechselflügler-Insel?

Sie fühlte sich, als würden ihre Gliedmaßen alle nacheinander abfrieren, während sie sich mühsam zum Ufer kämpfte. Außerdem wagte die Wikingerin es kaum, einen Blick unter sich zu werfen – jedes zweite Lebewesen in diesen Gewässern betrachtete sie als Mittagessen, das wusste sie auch ohne eine umfangreiche Analyse. Sie konnte von Glück reden, dass sämtliche Drachen gerade andere Beute zu haben schienen, denn Lova verlor nicht einmal einen Fuß, wie sie es ursprünglich vermutet hatte – und die Theorie war noch großzügig gewesen.

Stattdessen kam sie wohlbehalten, aber unkontrolliert zitternd in der traumhaften kleinen Bucht an und ließ sich keuchend in den Sand fallen. Lovas Kleidung klebte an ihrer Haut und eiskaltes Wasser tropfte aus ihren Haaren in ihren Nacken, doch noch überwog die Freude über ihr Überleben. Immerhin hätte sie auch als Drachenfutter enden können. Bei der Vorstellung lachte sie erleichtert auf, was womöglich etwas wahnsinnig wirkte, der Wikingerin aber half, ihre Gedanken zu strukturieren. Sie musste einen Unterschlupf finden und neue Kleidung, ehe sie hier erfror, immerhin war es Winter. Es war wichtig, dass Lova in Bewegung kam, ehe der Sand ihr zu gemütlich wurde und sie nicht mehr die Kraft hätte, aufzustehen. Dann würde sie ziemlich sicher erfrieren und ihr Sprung ins kalte Wasser wäre noch irrsinniger gewesen als ohnehin schon.

Ächzend zwang Lova sich in eine aufrechte Position und wrang ihr Hemd aus, damit das Wasser nicht weiter in kleinen Rinnsalen über ihren Bauch floss – diese Art Kälte konnte sie absolut nicht ausstehen. Eigentlich hätte sie gerade nichts lieber getan, als sich vor ein flackerndes Kaminfeuer zu setzen und die Wärme des Feuers zu genießen, während sie sich in eine Wolldecke kuschelte und der Duft von Adajas Honigmet den Raum erfüllte. Doch dann erinnerte sich die Wikingerin daran, dass sie den Geschmack des Alkohols eigentlich verabscheute und ihn nur genossen hatte, als sie auch seine Süße auf Viggos Lippen hatte schmecken können. Letzteres verdrängte sie sofort, obwohl der Geruch noch immer in ihrer Nase hing und Sehnsucht in ihr hochstieg.

Die Wikingerin ließ den Seesack von ihren Schultern in ihre Hände gleiten, nachdem die feuchten Lederriemen ihre Haut aufscheuerten, und stieß ein frustriertes Schnauben aus. Erst sein Verrat, dann die Entführung und der Sprung ins eiskalte Wasser. Die Krönung waren jetzt aber wohl ihre aufgeriebenen Schultern, obwohl sie es eigentlich besser hätte wissen müssen.

„Verdammte Drachenjäger", murrte Lova, obwohl sie eigentlich nur einen ganz bestimmten Jäger meinte, während sie sich einen Weg durch Ginster und Heidekraut schlug. Stur folgte sie dem schmalen Trampelpfad, der sie hoffentlich von der Bucht zum Dorf führen würde.

Die Insel schien größer zu sein, als sie noch von Weitem angenommen hatte. Es blieb nur zu hoffen, dass die Bewohner friedfertig waren und sie nicht für eine Gefahr hielten. Wenn dem aber so wäre, würde Lova es ihnen nicht verübeln können, doch sie versuchte bereits, ihre eventuelle Bedrohlichkeit zu senken. Indem sie sich vom Moor aus näherte, statt den angenehmeren Weg über den Wald einzuschlagen, würde man sie von Weitem erkennen und entsprechende Vorkehrungen treffen können. Dafür lohnte es sich auch, dass ihre geliebte Lederhose von dem Gestrüpp um sie herum völlig ruiniert und ihre Beine zerkratzt worden. Und falls man sie doch tötete, würde sie keinen Ersatz benötigen.

Der Gedanke war vielleicht nicht wirklich optimistisch, nicht die Das-Glas-ist-halbvoll Einstellung, die sie gerade gebrauchen konnte, aber es reichte aus, um sie voranschreiten zu lassen. Erst, als Lova den Trampelpfad verließ und ihre verdreckten Stiefel auf festen Boden trafen, hielt die Wikingerin inne, um sich einen neugierigen Blick auf ihre Umgebung zu erlauben. Hütten aus Holz oder Stein reihten sich eng aneinander, mit Sand- und Kieswegen verbunden. Alles schien friedlich, auch wenn die Umgebung seltsam verlassen wirkte. Der Rauch, der aus den Schornsteinen drang, strafte die einsamen Erscheinung allerdings Lügen. Es musste hier Bewohner geben, die sich entweder in ihren Häusern oder dem angrenzenden Wäldchen verbargen, bis sie sich einig waren, wie man mit dem Eindringling verfahren sollte.

Ehe Lovas Anspannung ihr Urteilsvermögen trüben und sie so in eine gefährliche Lage bringen konnte, entschied sie sich für die vernünftigste Option, die ihr auf die Schnelle einfallen wollte; sie zog ihren Dolch aus der Schneide und ließ ihn fallen, ehe sie selbst die Hände hob, um ungefährlich zu wirken. „Ich möchte Königin Mala sprechen", sagte die Wikingerin und war sich der vielen Blicke, die auf ihr lagen, plötzlich unangenehm deutlich bewusst. „Ich möchte Almosen erbitten."

Als wären ihre Worte ein geheimes Kommando gewesen, traten die ersten bewaffneten Krieger aus den Schatten der Bäume heraus, gehüllt in schwarze Gewänder, sodass von den meisten kaum mehr als ihre misstrauisch zusammengekniffenen Augen zu erkennen waren. Immer mehr von ihnen kamen zum Vorschein, bis Lova von einem geschlossenen Kreis umgeben war. Eine falsche Bewegung und jeder hier wäre bereit, sie zu töten.

„Ich bitte darum, dass man mich anhört", sagte Lova, ihre Stimme schallte laut, aber dennoch demütig über den Platz. Sie war keine gute Schauspielerin, doch mit Diplomatie und Strategie kannte sie sich genauso gut aus wie mit den Sitten, die galten, wenn man als Hilfesuchende in ein fremdes Dorf eindrang. Als Häuptlingstochter geboren zu sein, verschaffte einem Bildung in allerhand Bereichen, deren Nutzen man sich zuweilen erst erschließen konnte, wenn es einen vor dem drohenden Tod retten konnte. „Und ich schwöre bei den Göttern, dass ich die Wahrheit spreche." Sie senkte respektvoll den Kopf. „Werdet ihr mir erlauben, mich zu äußern?"

Vereinzeltes Flüstern und Raunen ging durch die Reihen, einige der finsteren Blicke wurden weich, als die Ersten Lovas erbärmlichen Zustand bemerkten. Immerhin war sie noch immer nass bis auf die Knochen und zitterte so stark, dass sie beinahe auf die Knie gehen musste. Einzig ihr Ehrgefühl und ihre Würde hielten sie aufrecht, doch ein Krieger erkannte wohl den anderen. Sie schienen ihren inneren Kampf gegen die Schwäche in ihrem Körper zu bemerken, denn die ein oder andere Speerspitze senkte sich zögerlich. Ein stummes „Danke", verließ Lovas spröde Lippen, ihre kampfbereite Haltung lockerte sich etwas.

Eine schlanke, trainierte Frau trat vor, deren allwissender Blick und würdevoll erhobenes Kinn sofort auf ihren hohen Status hinwiesen. Sie war ungewöhnlich groß, ihr Körperbau wies auf eine geschickte Kämpferin hin, obwohl Lova es an Muskelmasse sicher mit ihr aufnehmen könnte. Dennoch würde sie es unter keinen Umständen wagen, diese Frau zu bedrohen, denn schon ihre Ausstrahlung hatte eine derart einschüchternde Wirkung, dass die Wikingerin sich in einem ernsthaften Zweikampf sofort für das Aufgeben entschieden hätte. „Sprich", sagte die Fremde in einem Ton, der offenbarte, dass ihre Befehle sofort und ohne Widerworte erfüllt wurden.

Lova nahm einen tiefen Atemzug der Küstenluft, um ihre flatternden Nerven zu beruhigen. „Ich..." Sie zögerte, panisch, denn wenn sie etwas Falsches sagte, könnte sie innerhalb der nächsten zehn Sekunden von etwa vier Dutzend Speeren auf unterschiedliche Weise aufgespießt werden.

„Sprich", wiederholte die Frau, ein wenig sanfter diesmal. „Wir werden dir nichts tun, wenn du uns keinen Anlass gibst."

Lova nickte und erlaubte es sich, langsam die Hände sinken zu lassen. „Ich möchte mit eurer Königin sprechen", erklärte sie und hoffte, dass sie ihre Bitte höflich genug geäußert hatte, um nicht als Tote zu enden. „Wenn das gestattet ist."

Die Fremde lachte und kaum, dass dieser Klang die Luft durchschnitt, brach auch der letzte Rest Feindseligkeit bei den anderen Kriegern. Die meisten von ihnen steckten die Waffen an ihre Gürtel zurück, manche traten sogar einige Schritte zurück, um Lova ihren Freiraum zu lassen. Diese lächelte unsicher, bis die andere Frau sich räusperte und ihre Maske herunterzog. Ein kurzer, blonder Haarschopf und ein schmaler, zu einem einladenden Lächeln verzogener Mund kamen zum Vorschein. Sie sah jung aus, aber dennoch autoritär, was Lova wie eine widersprüchliche Mischung vorkam.

„Das tust du bereits. Ich bin Mala, Königin der Beschützer des Flügels", sagte die Frau und neigte zur Begrüßung den Kopf vor Lova. „Ich erlaube dir hiermit, zu sprechen. Wenn sich dein Anliegen als gut und deine Absichten als rein herausstellen, werde ich dir erlauben, hier eine Zuflucht zu finden. Du siehst aus, als könntest du sie brauchen." Mala sah schamlos an ihr herab bis zu den Pfützen, die sich um ihre Füße gebildet hatten. Es war kaum zu übersehen, dass Lova nicht in ihrer besten Verfassung war, schließlich war ihre Kleidung klamm und ihr Haar salzverkrustet. Weiß rieselte es aus ihrem dunklen Schopf, als die Wikingerin sich respektvoll der der Königin verneigte „Ich danke dir", sagte Lova und wagte es, einen Schritt vorzutreten, um ihre Geschichte zu erzählen.

„Mein Name ist Louvisa von Vernell", begann sie und sah Malas nachdenkliches Nicken, doch in dem Blick ihres Gegenübers lag keine Feindseligkeit. „Ursprünglich stamme ich von einer kleinen Insel, die recht verloren mitten im Ozean liegt. Möglicherweise kennst du Vernell, möglicherweise nicht, denn wir pflegten weder Bündnisse noch Feindschaften." - „Ich habe von deiner Insel gehört", erklärte Mala kurz angebunden. „Mir kam zu Ohren, dass sie zerstört wurde, vor einigen Jahren schon. Mein Beileid." Lova nickte knapp. „Danke", erwiderte sie. „Das weiß ich zu schätzen."

Die Königin antwortete lediglich mit einer wegwerfenden Handbewegung. „Solche Ereignisse sind stets eine Schande", gab Mala zurück. „Ich möchte allerdings lieber wissen, was danach geschah."

Lova holte tief Luft, um die Kraft zu schöpfen, die sie zum Antworten brauchen würde. Die Erinnerungen an diese Zeiten rissen alte Wunden auf, die sie schon längst für verheilt erklärt hatte. Wie es schien, hatte Viggos Verrat tiefer geschürft, als sie geglaubt hatte. Wieso konnte er ihr nicht einfach gleichgültig sein? Als wäre all das nicht genug, mischte sich unter ihre Wut auch noch diese verfluchte Wehmut, die nur zu schnell zu einer deutlich verhängnisvolleren Sehnsucht werden könnte. Was sollte sie tun, wenn sie die Kontrolle über die Gefühle verlor, die schon viel zu lange in ihrem Inneren brodelten? Es wäre nicht nur gefährlich, es könnte tödlich für sie enden, wenn sie sich in Viggos Geschäfte verstricken ließ. Es war schon eine Bedrohung gewesen, als Krogan nicht mehr als ein Schatten über dem Spielfeld ihres Lebens gewesen war, doch jetzt war es leichtsinnig, sich auch nur in die Nähe der Jäger zu begeben. Fürs Erste wäre es wohl tatsächlich sicherer, wenn sie die Gunst dieser Beschützer gewann und bei ihnen ihre Kräfte sammelte.

„Drachenjäger griffen mein Dorf an, brannten es bis auf die Grundmauern nieder. Ich wurde als eine der Überlebenden in ihre Flotte gezwungen." Lova hob ihr Hemd an, um das Brandzeichen auf ihrem Rücken zu entblößen. Obwohl Malas Miene kaum eine Regung zeigte und nahezu steinern blieb, verriet der leichte Hauch von Schock in ihren Augen, dass es sie nicht völlig kaltließ. „Ich stand drei Jahre lang in im Dienst der Grimborns, bis mir die Flucht gelang. Das ist jetzt einige Monate her, doch es gelang mir kaum, einen sicheren Ort zu finden. Deswegen hoffe ich, hier für einige Zeit in Sicherheit bleiben zu können." Zum Abschluss ihrer Erzählung senkte Lova erneut demütig den Kopf, während ihre Hände sich an die Riemen ihres Seesacks klammerten. Sie betete nur, dass niemand ihre Sachen durchsuchen würde, denn dann würde der unterschriebene Brief ihren Tod besiegeln.

„Sollte deine Geschichte der Wahrheit entsprechen, dann wäre ich bereit, dir Zuflucht zu gewähren, Louvisa von Vernell." Malas Stimme schallte über den Platz, laut und klar, während Lova ihren prüfenden Blick auf sich spürte. Die Königin schien unentschlossen, was sie von ihr halten sollte, aber dennoch nicht ganz abgeneigt, der heimatlosen Wikingerin zu helfen. „Ich schulde dir meinen Dank", sagte Lova und hob den Kopf. Ihre grauen Augen trafen auf Malas grüne, die sich bei dem unerwarteten Blickkontakt überrascht weiteten.

„Du hast Mut", entgegnete die Königin. „Aber gleichzeitig bist du respektvoll, wie es sich gehört. Ich nehme an, du bist wie ich die Tochter eines Anführers?" Lova nickte, obwohl es schmerzte, an ihren Vater zu denken. „Das ist richtig", sagte sie mit belegter Stimme. Und Mala nickte, als würde sie den Druck verstehen, der auf ihrer Brust lastete. Es war nicht nur Lovas Vater, der sie Respekt und Mut gelehrt hatte. Sie würde es niemals laut aussprechen, doch Viggo trug einen nicht zu verachtenden Anteil daran, dass sie zu einer starken Frau geworden war, im Guten wie im Schlechten. Doch es war ganz gleich, wer dieser beiden Männer die Verantwortung trug, denn beide hatten sie verlassen. Einer, um dem Tod die Hand zu reichen, einer, um dem Erbe seiner Familie nachzujagen.

„Gibt es einen Weg, dir meine Unschuld zu beweisen, Königin?", fragte Lova und verschränkte die Arme vor der Brust, als könnte sie so ihre Vergangenheit in sich verschließen, bis sie zu Staub zerfallen war. „Gibt es einen Weg, wie ich dir zeigen kann, dass ich deiner Gnade würdig bin?"

„Ich fürchte, nur die Zeit kann es zeigen. Jedoch... ", entgegnete die Königin und rief eine ihrer Kriegerinnen zu sich. Die junge Frau teilte Malas schlanken, trainierten Körperbau, doch ihre breiteren Schultern verrieten, dass sie definitiv eine Kämpferin war, die auch austeilen konnte, wenn sie es musste. Unter ihrer Maskierung lugten vereinzelte rote Strähnen hervor, goldene Verzierungen auf dem schwarzen Leder ihrer Kleidung verrieten ihren höheren Rang. „Ja, meine Königin?", sagte sie mit gesenkter Stimme.

„Hol Throk, Dunja", sagte Mala entschlossen. „Ich möchte wissen, was er davon hält, ehe ich eine endgültige Entscheidung treffe." Die Kriegerin zögerte. „Ist das wirklich nötig, meine Königin?", fragte sie und trat unsicher von einem Bein auf das andere. Ihr Unwohlsein war ihr nur allzu deutlich anzusehen und übertrug sich auf Lova.

„Ich weiß, dass euer Verhältnis nicht durch Freundschaft geprägt ist, doch ich halte große Stücke auf ihn. Und wenn wir unseren Gast...", Bei diesen Worten schenkte sie Lova ein freundliches Lächeln. „... nicht erfrieren lassen wollen, sollten wir uns seine Bestätigung einholen. Danach werde ich entscheiden, ob sie Hilfe verdient und leben oder lügt und sterben soll."

Dunja ballte die Hände zu Fäusten und presste missbilligend die Lippen aufeinander, doch sie verschwand ohne weitere Widerworte in einer kleinen Seitengasse.

Mala wandte sich nun wieder an die wartende Lova. „Das wird einen Moment dauernd, deswegen bitte ich dich um Geduld, Louvisa von Vernell", sagte sie höflich und geleitete die Wikingerin an ihren verbliebenen Kriegerinnen vorbei auf die windgeschützte Veranda eines Holzhauses ganz in der Nähe. Es war schlicht, aber praktikabel, und Lova entwich ein erleichtertes Seufzen, als der Wind nicht länger an ihrer nassen Kleidung zerrte. Dennoch würde es noch eine Weile dauern, bis sie nicht mehr so unkontrolliert zitterte.

„Sobald mein Berater und ich dich für ehrenhaft empfunden haben, werden wir uns sofort um trockene Kleider und ein heißes Bad für dich kümmern, das verspreche ich dir", erklärte Mala und reichte Lova ein einfaches Haarband aus Leder, mit welchem sie sich zumindest die nassen Strähnen hochbinden konnte, damit das Wasser nicht mehr in ihren Nacken tropfte. Dankend nahm die Wikingerin es an und flocht sich mit geübten Handbewegungen einen Zopf, während Mala sie neugierig beobachtete. „Die meisten hier tragen wegen der Masken kurzes Haar", sagte die Königin und fuhr sich durch ihren eigenen, blonden Schopf. „Es ist ungewohnt, eine Frau zu sehen, die es offen und lang trägt."

Lova lächelte, unsicher, ob sie dem Frieden trauen sollte. „Ich spreche aus Erfahrung, wenn ich sage, dass jeder Zentimeter zusätzliche Länge eine Behinderung darstellt", gab sie dennoch zu, was keine Lüge war. Oft genug hatte man sie an ihrem Haar gepackt und somit Chancen für einen fairen Kampf ruiniert. „Wir könnten es schneiden", schlug Mala vor. „Dunja wird dir sicher helfen."

Als hätte die bloße Erwähnung ihres Namens sie herbeigerufen, trat Dunja wieder aus der Gasse hervor. Sie ging mit schnellen, entschlossenen Schritten voran, ein Mann folgte ihr auf einigen Metern Abstand. Ihm schien das schnelle Lauftempo nicht zu behagen, obwohl seine muskulösen Beine zeigten, dass er sicher ohne Probleme mit der rothaarigen Kriegerin mithalten könnte. So kam Dunja also zuerst an der Veranda an, salutierte vor Mala und trat dann beiseite, um den Blick auf den Berater der Königin freizugeben.

„Ich stelle vor", sagte die Königin. „Meinen engsten Freund und treusten Krieger, Throk von den Beschützern des Flügels."

ClematisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt