„Vernell", sagte Finn freundlich, als ihr Blick seine grünen Augen traf. Noch immer lag diese Güte darin, doch auch unendliche Trauer war zu erkennen. „Ich hatte aus tiefstem Herzen gehofft, dass dieses Treffen niemals hätte stattfinden müssen."
„Du hast mich verraten", gab sie kalt zurück. „Du hättest damit rechnen müssen, denn im Gegensatz zu mir wusstest du ja..." Sie deutete auf Viggo und hob eine blutverschmierte Hand. „Hiervon."
Finn senkte reumütig den Blick und setzte zu einer Erwiderung an, doch Johann fiel ihm ins Wort. „Ihr Beide werdet mir mit euren kleinen Streitigkeiten nicht meine Geschichte ruinieren", stellte er klar und schob Finn beiseite, sodass er Lovas ungeteilte Aufmerksamkeit zurückgewann, während die Wikingerin noch vor Wut kochte. „Denn jetzt wird es doch erst spannend! Von Finn erfuhr ich dann, dass Viggo große Anstrengungen unternommen hat, um dich vor der Revolte seines Bruders zu schützen. Auffällig, nicht? Aber warte ab, es wird noch besser!" Johann lachte und sah siegessicher zu Lova herab. „Ich weiß nicht, ob du dich erinnerst, doch wer war es, der die Flucht ermöglichte, als du in Rykers Kriegsschiff beinahe verblutet wärst? Nun, wir alle hier kennen die Antwort: Mein guter Freund Finn natürlich! Und weißt du, auch was du ihm anvertrautest an diesem Tag?"
Lova schloss ergeben die Augen und seufzte leise. „Ja", sagte sie leise. „Das weiß ich."
„Du hast ihm freiheraus eröffnet, dass du dich auf die Suche nach Viggo machen würdest! Dein Vorwand von wegen „Nur er könnte seinen Bruder aufhalten" war aber nicht dumm, das muss ich dir lassen. Beinahe wäre ich darauf hereingefallen." Johann ließ es sich natürlich nicht nehmen, ihr ihre Schmach vorzuführen. „Aber diese Sache hatte mich neugierig gemacht. Nachdem du also Finns Rat gefolgt bist und Unterschlupf bei seiner Familie gesucht hast, hatte ich leichtes Spiel. Ich musste nur die Briefe seiner Tochter lesen und erfuhr so nach und nach, dass du und Viggo euch auffällig nahesteht. Die Kleine wusste leider nie etwas genaueres, aber im Gegensatz zu ihr kann ich eins und eins zusammenzählen. Als Krogan dann den Versuch wagte, dich als Druckmittel einzusetzen, war selbst ich von dem Ergebnis überrascht. Wie einfach es war, Viggo in unsere Reihen zu bringen, weil dein Leben auf dem Spiel stand, erscheint schon beinahe lächerlich."
Hätte Lova es gekonnt, hätte sie sich die Ohren zugehalten, um nicht hören zu müssen, was Johann noch sagen würde. Es war offensichtlich, was anschließend geschehen war, denn dieser Plan war so einfach wie wirkungsvoll. Mit einem Spion wie Finn, der ihr so nahestand wie kaum ein anderer, hatte Johann alle Informationen auf direktem Wege zugetragen bekommen, ohne sich selbst in die Gefahrenzone zu bringen. Es war auf perfide Art perfekt.
„Das war also Schritt 1, doch dann erfuhr ich, welche katastrophalen Auswirkungen der Skrill auf meinen Plan haben könnte, wenn ich ihn am Leben lasse. Ich serviere den Drachenreitern ihren Ausweg doch nicht auf dem Silbertablett, nachdem ich sie jahrelange getäuscht habe! Nein, es wurde Zeit, meine verlässliche Quelle, Finn, auf dich anzusetzen. Von Nehemia erfuhren wir, dass Viggo und du über Nacht verschwunden seid, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Wohin Viggo ging, das wusste ich ja bereits, und dank meiner Tarnung als Händler besitze hervorragende Beziehungen zu den zwielichtigen Gestalten der Marktinseln. Ein Menschenhändler erzählte mir, dass er vor kurzem eine junge Frau bei den Beschützern abgeliefert hatte, nachdem ein rätselhafter Auftraggeber ihm dafür eine reichliche Bezahlung versprochen hatte. Tja, da diese Bezahlung aber niemals eintraf, war er nur zu gern bereit, mir diese Informationen zu überlassen. Ich musste ihn nicht einmal bedrohen, kannst du dir das vorstellen? Finn dagegen war schon schwieriger zu überzeugen, aber ich denke, die Gefangennahme seiner Frau und die Verstümmelung seiner Beine haben ihn dann doch noch umgestimmt."
Lovas Augen weiteten sich, als die letzten Puzzleteile sich zusammenfügten. Die Narben an Finns Beinen, die Krücken neben seinem Schreibtisch, die Bereitwilligkeit, mit der er sie in ihr Verderben gesegelt hatte. Er hatte seine Frau nicht gefährden wollen, eine Frau, die er mehr als alles andere liebte. „Adaja...", sagte die Wikingerin geschockt. „Was hast du mit ihr gemacht?"
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Clematis
FanfictionWieso verriet Ryker seinen Bruder? Wie gelang es Viggo, aus dem Vulkan zu entkommen? Wie erhielt er die Narben an seinem Hals? Wer rettete ihn, als er in der Basis der Drachenjäger bereit war, sich für Hicks zu opfern? Und noch viel wichtiger; gab e...