Während ihres Fluges verschickte Lova zwei Briefe. Einen von ihnen schickte sie ins Ungewisse, den anderen zur Basis der Drachenjäger. Sie waren beinahe völlig unleserlich und mit Kohle auf ein paar Stoffreste geschrieben, doch sie würden ihren Zweck erfüllen. An wen sie schrieb, das war wohl offensichtlich, doch der Inhalt ihrer Nachrichten hatte sie selbst überrascht. Ihr erster Brief ging an Viggo. Der zweite dagegen an Finn.
„Viggo,
Ich habe den Skrill gefunden. Ich fliege auf schnellstem Wege Richtung Osten, gegen Abend werden wir das Ende der Eisigen Felder erreichen. Wir sehen uns dort, wenn du willst. Ich weiß nicht, was du planst oder wie es um dich steht, aber falls es einen Grund gibt, aus dem meine Anwesenheit ein Risiko für dich darstellen könnte, werde ich mich sicherheitshalber versteckt halten. Glaub aber nicht, dass ich dich deswegen nicht im Auge behalte. Ruf mich, wenn du mich brauchst, und lass mich an deinen Plänen teilhaben. Das hier ist kein Alleingang, verstanden? Ich werde Finn schreiben, damit du einen Verbündeten in der Hinterhand hast, jetzt, wo Adaja und Nehemia in Sicherheit sind und Johann sie nicht mehr als Druckmittel nutzen kannst.
Und wag es nicht, mich im Stich zu lassen.
Gib auf dich Acht,
Lova."
Dieser Brief fiel ihr leicht. Sie wusste, was sie ihm sagen wollte, auch wenn die Sorge um ihn sie beinahe innerlich auffraß. Wenn Lova ehrlich war, dann wollte sie nichts mehr, als ihn endlich in Sicherheit zu wissen und nie wieder zu fürchten, dass er sterben könnte. Wenn sie noch einmal in sein blutleeres Gesicht sehen musste, würde sie wahnsinnig werden. Sie würde alles tun, um das zu verhindern. Und das war der Grund für ihren zweiten Brief.
„Finn,
Ich bin mir sicher, dass du nicht mit einer Nachricht gerechnet hast, aber ich brauche deine Hilfe. Ich weiß, dass Johann dir droht und auch, dass dein Leben auf dem Spiel steht. Ich weiß das, und ich verstehe dich. Aber obwohl du mein Leben gerettet hast, habe ich diese Schuld beglichen. Ein Leben für ein Leben, und ich habe zwei deiner Liebsten gerettet. Adaja ist in Sicherheit, genau wie Nehemia, niemand wird nach ihnen suchen. Stattdessen ist mein Drache wegen deines Verrates gestorben. Ich weiß, dass ich dir keine Forderungen stellen kann, aber ich brauche deine Unterstützung. Ich habe sie nie mehr gebraucht.
Es geht um Viggo, wie du dir sicher denken kannst. Ich bitte dich, verharre in der Basis der Jäger und beschütze ihn, falls er dort wieder auftauchen sollte. Er – wir – brauchen einen Verbündeten in ihren Reihen, und du bist der Einzige, dem ich vertraue.
Pass auf ihn auf, ich flehe dich an.
Ich erwarte keine Antwort, und ich habe nicht mehr als Worte, um dich zu bitten. Aber denk darüber nach. Ich brauche deine Hilfe, Finn. Bitte.
Louvisa von Vernell."
Erst als die beiden Briefe mit den bunten Schemen zweier Schrecklicher Schrecken verschwunden waren, hatte Lova sich erstmals erlaubt, ihre Wunden zu versorgen. Neben den offensichtlichen Verletzungen – die Stichwunde an ihrem Oberschenkel, die sich mittlerweile als klaffender Riss bis zu ihrer Hüfte zog, und der Schnitt an ihrem Schlüsselbein – hatte sie bisher auch einige Prellungen und blaue Flecken erkennen können, um die sie sich jedoch momentan eher weniger Sorgen machte. Sie würden heilen. Besorgniserregender waren eher die vorher erwähnten Verletzungen, auch wenn Lova alle Wunden sorgsam gesäubert und neu verbunden hatte. Glücklicherweise hatte sie auf Viggo gehört und sich neue, für das winterliche Klima geeignetere Kleidung besorgt hatte. So konnte sie ihr altes Hemd als Verbände opfern, ohne auf dem Rücken des Skrills zu erfrieren.
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Clematis
FanfictionWieso verriet Ryker seinen Bruder? Wie gelang es Viggo, aus dem Vulkan zu entkommen? Wie erhielt er die Narben an seinem Hals? Wer rettete ihn, als er in der Basis der Drachenjäger bereit war, sich für Hicks zu opfern? Und noch viel wichtiger; gab e...