Kapitel 58

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Hey!

Heute gibt's das Kapitel schon am Montag, weil ich morgen keine Zeit zum Hochladen haben werde. Die Kapitel für Samstag und nächsten Dienstag kommen dafür am Freitag, weil ich dann erstmal eine Woche verreise. Nur zu Info, danach geht's normal weiter xD

Viel Spaß beim Lesen!

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Der Skrill war noch immer so majestätisch, wie Lova ihn in Erinnerung hatte. 

Selbst in Ketten gelegt waren seine gewaltigen Flügel schöner als jede dunkle Gewitterwolke am stürmischen Himmel, in seinen klugen Augen spiegelten sich Blitz und Donner. Im Gegensatz zu Runna wies er tatsächlich keine Verletzungen auf, weder offensichtliche noch gut verborgene, und er grollte dunkel, aber freundlich zur Begrüßung, als Lova den Kopf vor ihm neigte und sich schließlich an seinen Ketten zu schaffen machte. „So hatte ich mir ein Wiedersehen nicht vorgestellt", murmelte Lova, während sie Kettenschloss um Kettenschloss mit einem der liegengelassenen Hühnerknöchelchen aufbrach, die sie gefunden hatte. „Aber wenigstens hat Drago dich nicht hungern lassen", neckte sie den Skrill und stupste ihm scherzhaft in die Seite.

Der Drache quittierte das mit einem unwilligen Knurren, rieb aber wenige Sekunden später vertrauensvoll seinen nun befreiten Kopf an Lova und genoss seine wiedergewonnene Freiheit. Die Wikingerin jedoch schob ihn – obwohl sie bei seinen Zuneigungsbekundigungen grinsen musste – entschieden beiseite, um stattdessen auch die Fesseln um seine narbigen Beine zu lösen. So auf Knien und unter einem gewaltigen Drachenflügel verborgen sah sie nicht, wie der Skrill die Zähne fletschte und die Muskeln anspannte. Doch sein Knurren, welches so drohend war, dass es ihren Körper in den Fluchtmodus versetzte und ihre Nackenhaare aufstellen ließ, das bemerkte sie. 

„Was ist los?", fragte Lova angespannt, lauschte auf jedes noch so kleine Geräusch doch – nichts. Kein Laut erfüllte die Stille, von dem tiefen Grollen des Skrills abgesehen, und auch als die Wikingerin den Kopf hob, um über den Rand der Kuppel zu blicken, konnte sie nichts erkennen, was auf eine Gefahr hinweisen könnte. „Was hast du bemerkt?" 

Natürlich antwortete der Skrill ihr nicht – sie hätte wohl endgültig an ihrem Verstand gezweifelt – aber sein peitschender Schweif und sein warnendes Fauchen in ihre Richtung gaben Lova zu verstehen, dass sie sich beeilen sollte. „Schon gut, schon gut", murmelte sie und fuhr fort, obwohl ihre Nervosität es ihr deutlich schwerer machte und ihre Hände mit jeder Sekunde verschwitzter wurden. Am Liebsten hätte sie die Ketten mit bloßen Händen zerrissen, doch bedauerlicherweise war sie weder Thor, noch Odin, noch besaß sie irgendwelche anderen, wahlweise auch göttlichen Qualitäten, die sie bei diesem Vorhaben unterstützen könnten. Sie musste sich also auf einen Hühnerknochen und das Frühwarnsystem eines Drachen verlassen, was... nun ja, sie war schon in schlimmeren Situationen gewesen. 

Die Zeit reichte, bis Lova bei der letzten, wohl bedeutendsten Kette angelangt war. Sie war um den stacheligen Rücken des Skrills geschlungen und hielt seinen empfindlichen Bauch eng an der Pritsche. „Gleich geschafft", spornte sie sich selbst an, doch dann geschahen die zwei Dinge, die ungünstiger kaum hätten sein können. Der Knochen splitterte und blieb im Schloss stecken. Von außerhalb der Kuppel erklang eine bekannte Stimme. „Ich habe sie genau hier zurückgelassen, Drago, bitte, das schwöre ich! Sie... sie kann nicht entkommen sein, sie ist sicher noch hier, wenn der Drache sie nicht schon zerfleischt hat. Bitte, ich flehe dich an, gib mir noch eine Chance! Ich mache das wieder gut, ich verspreche es, ich-" Ein Schrei erklang, dann ein Knacken. Und als Lova hochsah, konnte sie Dragos massigen Umriss erkennen. 

Er hatte sie gefunden. 

„Bei Hel", zischte die Wikingerin und ein weiterer Fluch fand seinen Weg über ihre Lippen, ehe sie den Blick des Skrills auffing. Gelb traf auf Grau, und genau wie es bei ihr und Runna gewesen war, verstanden sie sich ohne Worte. Wenn Lova den Kampf gegen den Drachenfänger aufnehmen würde, würde sie nur Zeit verschwenden, während der Skrill in seinen Ketten zappelte und ihr wegen des Wassers zu ihren Füßen nicht helfen konnte. Sobald Dragos mögliche Verstärkung zu ihnen gefunden hätte, hätte Lova die einzige Chance verspielt, die sie hatte. Auch wenn es schwer war, dieses Mal musste sie sich auf den Skrill verlassen und in Deckung bleiben. Sonst würden sie Beide sterben.

ClematisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt