[Kapitel 6/Teil 1]

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*Noan POV*

-Mitte des 19.Jahrhunderts-

Es waren nur noch wenige Wochen bis zu dem Treffen mit den engsten Vertrauten unseres Vaters. Die Männer wohnten in den unterschiedlichsten Provinzen des Kontinents Orbitaris und standen während der Regierung Horus', immer für ihn ein. Dadurch konnte Vater, auch wenn er nicht in der Lage war alle Gebiete regelmäßig zu besuchen, immer den überblick über den ganzen Kontinent behalten. Dafür hatten wir monatliche Sitzungen in der Burg des Königs halten müssen, so konnte jeder Vertraute Vaters über die Lage seiner Provinz berichten.

Nach unserem Treffen mit den Vertrauten, würde sich unsere Politik grundsätzlich ändern. Torin war gewillt seine Krone abzulegen und beabsichtigte nach dem Treffen seine Stellung mit den sechs Männern zu teilen die unserem Vater treu gedient hatten. Dafür würden wir den Ganzen Kontinent in acht neue Reviere unterteilen, so würden die neuen Lords für die Gebiete verantwortlich sein über die sie in den letzten Jahrzehnten davor Bericht erstattet hatten. Damit sollte Jeder den Teil des Kontinents bekommen, den er am besten kannte.

Den nördlichsten der acht Teile des Kontinents würden wir zu einem unabhängigen Gebiet erklären, um weiterhin monatliche Sitzungen abhalten zu können. Damit sollten die neu ernannten Lords die Möglichkeit bekommen Allianzen und andere Auseinandersetzungen zu besprechen, ohne dass einer der Parteien einen Heimvorteil ausnutzen könnte um seine Wünsche und Vorstellungen zu erzwingen.

Um seine Absicht zu unterstützen hatte ich meinem Bruder dazu geraten das Treffen in dem unabhängigen Gebiet abzuhalten. So war ich nun auf dem Weg zu dem Tempel Solaris hinter den höchsten Bergen welcher ganz weit im Norden stand.

Die Menschen glaubten an viele Götter, doch war Solaris die Einzige mit einem Tempel mit solch einem Ausmaß. Eine Legende besagt, dass die Göttin der Sonne die Gebete unserer Vorfahren erhört habe indem sie teilweise persönlich erschien. Die Menschen vor unserer Zeit wollten der Göttin mit einem übergroßen Tempel ihre Dankbarkeit zeigen.

Als Kind hatte ich immer zu Solaris gebetet, in der Hoffnung dass sie sich mir persönlich zeigen würde. Zuletzt hatte ich es an meinem ersten Tag an der Burg versucht. Ich hatte das erste Mal um etwas für jemand anderen gebeten, dafür hätte sie auch nicht persönlich erscheinen müssen. Die Göttin hatte meine Gebete auch dann nicht erhört. So verlor ich von Jahr zu Jahr immer mehr den Glauben. Ich glaubte zwar an die Götter doch glaubte ich nicht daran, dass sie sich in irgendeiner Weise um uns scheren würden.

Der Tempel hatte für mich keinen größeren Wert als alle andern Orte auf dieser Welt. Erst jetzt würde der Ort durch ihre Unabhängigkeit an Bedeutung gewinnen.

Meine Aufgabe war es, den Tempel für die Versammlung vorzubereiten. Den Weg nach Hause würde ich daher erst einmal nicht mehr antreten. Vega würde Tage auf unser Gespräch warten müssen, bis ich alle Vorbereitungen getroffen hatte.

Es kam mir im Grunde auch sehr gelegen, erst einmal nicht über unsere Verlobung sprechen zu müssen. Auch wenn ich hinter meinen Worten stehen würde um Vega zu schützen, war mir dieses Schauspiel jetzt schon mehr als nur unangenehm. Alleine die Vorstellung, dass wir uns vor anderen als ein Paar darstellen müssten hinterließ ein unschönes Gefühl in meinem Inneren.

Die Reise in den Norden war für mich ein Weg um auf andere Gedanken zu kommen.

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