[Kapitel 9/Teil 4]

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*Noan POV*

-Mitte des 19.Jahrhunderts-

Wie versprochen hatten wir uns alle am Morgen des nächsten Tages wieder in der großen Halle des Tempels zusammengesetzt und warteten nur noch darauf, dass Torin endlich zur Sprache kam. Jeder von uns saß oder stand wie einen Tag zuvor an seinem Platz. Es wirkte glatt so als hätten wir unsere Versammlung nie unterbrochen.

"My Lords. Bevor wir Ihnen Ihre berechtigten Fragen beantworten, sollten wir Ihnen noch die restlichen Angelegenheiten erklären. Vielleicht erledigen sich so einige Ihrer fragen." Torin sah jedem Mann der Reihe nach ins Gesicht und wartete auf ihre Bestätigung. "Wie gestern schon erwähnt bin ich nicht mehr euer König, daher möchte ich heute meinen Dank aussprechen, dass Sie mir heute noch einmal die Gelegenheit geben mich Ihnen zu erklären. Sie sind nun alle Lords. So wie ich. Die Gebiete die wir Ihnen zugeteilt haben sind nicht zu verändern. Das Ausbreiten der Gebiete ist untersagt, bis wir hier bei einer Versammlung gemeinsam für das Gegenteil stimmen. Wir werden zwar alle die Macht dazu haben über unser Gebiet zu herrschen, doch müssen wir uns alle, bei größeren Entscheidungen, an diesen Rat wenden. Somit wollen wir nicht nur die Bevölkerung sondern auch uns Lords vor möglichen Auseinandersetzungen schützen." wieder schwieg Torin für einen Moment und wartete darauf, dass seine Worte bei den Männern ankamen. Er wollte seine Rede je nach Reaktion der neuen Lords formulieren um unnötige Missverständnisse zu vermeiden. "Um die Göttin Solaris zu ehren haben wir uns dazu entschieden die Namen der Gebiete dementsprechend zu wählen. Bevor sie sich beschweren möchte ich Ihnen erst einmal alle Namen nennen, danach können wir gerne.. wenn nötig.. noch einmal darüber diskutieren ob die Namen geändert werden sollten." Die neuen Lords sahen weiterhin interessiert zu ihrem früheren König und ließen sich keine Gefühlsregungen anmerken. Torin hatte durch seine gestrige Rede den Männern scheinbar genügend Honig ums Maul geschmiert, dass sie sich nun auf weitere Informationen freuten, statt sich über die Entscheidungen zu beschweren die wir über ihre Köpfe getroffen hatten.

"Unsere Göttin Solaris ist wie bekanntlich die Göttin der Sonne. Daher haben wir uns gedacht, dass wir bei der Benennung unserer Gebiete die Planeten des Sonnensystems berücksichtigen." Mein Bruder drehte sich zu seinem rechten Sitznachbarn bevor er weiter sprach. "Parvus alter Freund du hast den nördlichsten Teil unseres Orbitaris erhalten welcher direkt unter dem Reich der Sonne liegt, daher möchten wir dir den Namen Reich des Merkurs vorschlagen." Mein Bruder wartete kurz auf das zustimmende nicken Parvus' bevor er weiter sprach, denn dieser war nicht immer einfach zu überzeugen. "Wir als die frühere Königsfamilie Wohnen ab heute im Reich der Venus. Ares dir überlassen wir das Reich des Mars, Magnus dir das Reich des Jupiters, Tarvos dir das Reich des Saturns, Ferdinand dir das Reich des Uranus und zuletzt noch dir Triton das Reich des Neptun." Nach und nach nickten die Lords meinem Bruder zustimmend zu. Keinen von ihnen schienen die Namen der neuen Gebiete unseres Kontinents zu missfallen. "Nun habe ich ihnen alle wichtigen Punkte erklärt. Jetzt geben wir Ihnen noch die Möglichkeit all Ihre Fragen zu stellen, dabei muss ich Sie bitten sich erst zu melden und auch erst zu sprechen wenn Sie an der Reihe sind. Mein Bruder Noan wird diese Fragestunde führen um jedem einzelnen von Ihnen die Möglichkeit zu geben in Ruhe eure Fragen zu stellen."

Kurz blickten alle Männer zu mir, doch sah keiner aus als würde es sie stören, dass ich fürs erste die restliche Versammlung leiten würde. "Nun gut dann fangen wir mal an" sagte ich kurz bevor die Hand Ferdinands nach oben schoss. Mit einem Nicken gab ich ihm seine Rede frei. " Ich bin nun also der Lord des Uranus und muss nicht mehr ständig die Berichte aus meinem Reich zu Ihnen tragen Lord Torin?" fragte er stolz "Das stimmt. Sie alle müssen meinem Bruder keine Berichte mehr erstatten was bei ihnen im Reich vor sich geht, nur müssen wir Sie alle bitten über wichtige Angelegenheiten hier bei unseren monatlichen Versammlungen zu berichten um möglichen Gefahren aus dem Weg zu gehen. Wir sind hier um das Leben des Volkes zu erleichtern und nicht um unsere Macht zu demonstrieren." Antwortete ich mit einer festen Stimme, auch wenn Lord Ferdinand diese Frage direkt an meinen Bruder gestellt hatte.

Kurz war ein zustimmendes Gemurmel zu hören bis sich nun auch Ares meldete " Und was ist mit unseren Nachkommen? Wer wird nach unserem Abdanken unseren Amt übernehmen?" Er wirkte durchaus interessiert, doch wussten mein Bruder und ich, dass er damit nur die älteren Lords auf ihre mögliche Amtsübergabe hinweisen wollte. "Das ist eine berechtigte Frage my Lord. Um Machtkämpfen schon im vornherein keine Möglichkeit zu bieten möchten wir vorschlagen, dass ihre erstgeborenen Söhne den Amt des Lord übernehmen sobald sie entweder sterben oder ihren Amt abgeben wollen. Sollten sie jedoch keine Söhne haben liegt es bei Ihnen wen sie auserwählen wollen." Wieder war das zustimmende Gemurmel zu hören. Parvus hob seine Hand doch entschied ich mich erst weiter zu sprechen bevor ich ihm seine Rede frei gab. "Wir bitten Sie also auch darum Ihren Nachfolger in das neue Amt eines Lord einzuweisen, damit die spätere Amtsübergabe Problemfrei ablaufen kann. Sollten Sie keine Söhne haben und auch keinen Nachfolger auserwählt haben bevor Sie abdanken wird ihr Nachfolger durch die Abstimmung bei einem unserer Versammlungen auserwählt werden." Parvus senkte daraufhin seine Hand und nickte mir zustimmend zu.

Ich wartete noch einen Moment, doch schienen die Lords fürs erste wunschlos Glücklich zu sein, daher wendete ich mich wieder an meinen Bruder. "Du wolltest zum Schluss noch etwas sagen My Lord." Torin sah sich um und schien auch auf weitere Fragen zu warten, doch keiner der neuen Lords meldete sich. "Nun gut. Wenn Sie für heute keine weiteren Fragen haben möchte ich diese Versammlung hiermit beenden, wahrscheinlich werden Ihnen in Ihren ersten Amtstagen noch einige fragen einfallen. Sie können sich gerne wieder an mich oder meinen Bruder wenden."

Mit dem Ende der Versammlung wollten die Männer alle aufstehen, doch wurden sie durch das Eintreten einer Wache unterbrochen. Plötzlich zog eine warme Aura meine Aufmerksamkeit wieder zu dem Eingang des Tempels als kurz nach der Wache eine kleinere Person in die Halle trat. Wir alle sahen verwundert zu den Neuankömmlingen und warteten nur darauf, dass jemand zu sprechen begann. Die Person hatte seine Erscheinung zwar unter einem dunkeln Mantel versteckt, doch trotzdem konnte ich spüren, dass sich darunter eine Frau verbarg. Der Wind welcher durch das Eintreten der Beiden hineingetragen wurde wehte mir ihren süßlichen Duft entgegen. Der Duft von Jasmin, Minze und auch einem Hauch von Rosen vernebelte meine Gedanken und ließ mich für einen Moment wie in einem Rausch tief einatmen. Mit einem Mal schwirrte mir das Wort Seelengefährtin durch den Kopf.

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