[Kapitel 16/Teil 6]

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*Elara POV*

-Mitte des 19.Jahrhunderts-

"Elara hör mir doch bitte einfach nur zu." Nein. Er hatte seine Chance schon vor langer Zeit vertan. Ich wollte mir so kurz vor meinem Ende nichts mehr einreden lassen. "Nein, jetzt hörst du mir zu. Ich bin durch die Hölle gegangen um hierher zu kommen nur um eine Prophezeiung zu erfüllen, da die Hälfte meiner Seele in diesem beschissenen Buch feststeckt. Dann musste ich auf dich treffen, dem Mann dem meine restliche Seele gehört. Was glaubst du wie lange ich überleben kann während die eine Hälfte meiner Seele in dem Buch steckt und die andere Hälfte gegen meinen Körper arbeitet um zu dir zu kommen?" Meine Augen füllten sich mit Tränen welche meine sicht beeinflussten, doch trotzdem versuchte ich sie weiterhin zurück zu halten. Mit dem Blick zur Decke blinzelte ich meine Tränen weg. Es tat so unbeschreiblich gut meine ganze Frust hinaus zu schreien. Während mein Kopf mich mit unerträglichen schmerzen tadelte, fühlte sich mein Herz um Welten leichter an.

"Wie? Deine Seele arbeitet gegen deinen Körper?" Noan hatte seine Augenbrauen zusammen gezogen und sah mich mit einem Unglauben an. "Das kann nicht sein.. es sei denn.." plötzlich schien er es verstanden zu haben, denn er hob überrascht seinen Blick und sah mir nun direkt in die Augen. Mein ganzer Körper fühlte sich an wie Blei, doch trotzdem konnte ich es nicht lassen seine leuchtend haselnussbraunen Augen zu betrachten. Wie lange würde mir noch bleiben ihn mir so genau ansehen zu können? Vorsichtig stand ich auf um mich vor ihm etwas größer zu machen. Er sollte meine Unsicherheit und auch meine schwächelnden Glieder nicht sehen können während ich ihm beichtete was damals geschehen war. Er sollte mich als die starke Person in Erinnerung behalten die ich eigentlich war.

"Ich habe dir schon am Tag der Versammlung meine Seele versprochen. Solaris hat mir keine andere Wahl gelassen.. meine Seele ist dein. Meine Seele ist dein.. was anderes konnte ich nicht sagen bis alles um mich herum pechschwarz wurde." Es fühlte sich an als würde ich wieder genau dort stehen, vor der Statue der Göttin Solaris, kurz vor der Schwärze. "Du hast mich akzeptiert? Schon bei der Versammlung?" Nun konnte man seine Verwunderung auch aus seiner Stimme hören. Auch er stand nun auf und stellte sich mir gegenüber. Dabei löste er seine Augen keinen Augenblick von meinen, als würde er in meiner Seele nach etwas suchen, was ich nicht aussprach. Ich wollte ihm antworten, doch nun waren nicht nur meine Glieder Tonnen schwer sondern auch meine Zunge. Egal wie sehr ich es auch versuchte, kein einziges Wort verließ meine Lippen. Ich sammelte alle meine Kraft zusammen und probierte mich zum letzten Mal an meiner Stimme. "Noan" Es hörte sich nicht einmal mehr wie sein Name an, sondern wie ein schmerzverzehrtes Stöhnen.

Plötzlich hörte ich einen unerträglich schrillen konstanten Ton in meinen Ohren, während seine Stimme in Wellen undeutlich zwischen den Wänden hin und her hallte. Ich konnte zwar seine Stimme hören und auch, dass er zu mir sprach, doch schien etwas die Wellen seiner Worte kurz vor meinen Ohren aufzuhalten. Nach und nach wurde der Ton in meinen Ohren immer schriller und lauter, während seine Stimme immer weiter in den Hintergrund rückte. Mein Kopf schmerzte schlimmer denn je. Immer und immer wieder schloss ich verzweifelt meine Augen ganz fest um sie kurz darauf wieder ganz weit aufzureißen. Mein Bewusstsein spielte mir ein böses Spiel mit mir, denn plötzlich bemerkte ich den Druck meiner rechten Hand an meinem Kopf. Wann hatte ich meine Hand gehoben? Alles um mich herum fing an zu schwanken, bis sich alles drehte. Ich versuchte mit meiner linken Hand an das Bett zu kommen, um meinen zittrig schwankenden Körper zu stützen, doch konnte ich es mit dem besten Willen nicht erreichen. Eine Träne löste sich von meinem linken Auge.

Mit einem Mal packte mich Noan unter meine Arme und sank mit mir zusammen auf den Boden. Die Dunkelheit überschattete die Geborgenheit die von ihm ausging und holte mich wieder ein. Dieses Mal war es anders. Dieses mal wirkte die Dunkelheit unendlich.

"Meine Seele ist dein."

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