*Elara POV*
-Mitte des 19.Jahrhunderts-
Ich konnte schon erahnen was als nächstes kommen würde. Er würde mir meine Tasche gewaltsam entreißen um nach möglichen Waffen zu suchen die ich möglicherweise mit mir trug. Den Rest des Inhalts würde er vermutlich wegwerfen, wenn sie ihm nicht genügend wertvoll erscheinen würden. Jedenfalls hätte ich es in seinem Fall so gemacht.
Ich antwortete ihm nicht und versuchte die Tasche unter mein Kleid zu schieben um es so gut es mir möglich war vor ihm zu verstecken. Unter meinem Kleid war meine Tasche ganz sicher nicht großartig geschützt, aber ein Versuch war es wert. Der Inhalt war für jeden unwissenden Menschen sicherlich Wertlos doch befand sich in der Tasche, auch wenn es etwas grotesk klang, die hälfte meiner Seele. Es war mir durchaus bewusst, dass ich gegen so einen großgewachsenen Mann nicht ankommen würde, doch würde ich meine Hoffnung auf Freiheit nicht Kampflos aufgeben. Nicht nachdem ich so viel dafür geben musste.
Mit einem Mal drehte er sich zu mir "Was bezweckst du mit deinem Schweigen? Glaubst du nicht, dass du damit viel eher mein Interesse weckst kleines Häschen?" Er suchte mit seinem Blick nach der Tasche die ich erfolgreich unter mein Kleid verstauen konnte. "Wo hat sie wohl die Tasche versteckt?" fragte er neckend und sah mich mit weit aufgerissenen Augen an als würde er mir noch mehr Angst machen wollen. Er machte sich lustig über mich. "Glaubst du ernsthaft, dass mich ein stück Stoff davon abhalten könnte an das zu kommen was ich mir nehmen will?" Die Zweideutigkeit seiner Worte schürte meine Angst in das Unerlässliche. Irgendwie musste ich es schaffen meine Angst herunter zu schlucken. Wieder antwortete ich ihm nicht, nicht aus trotz.. ich traute meiner Stimme nicht, stattdessen stopfte ich die Seiten meines Rockes unter meine Beine um ihm die Arbeit so schwer wie möglich zu machen. Es handelte sich für mich nun mal nicht nur um eine einfache Tasche sondern um sehr viel mehr.
"Komm schon kleines Häschen, erspar uns beiden die Mühe. Wenn der Inhalt passt bekommst du deine Tasche wieder zurück." Nun sprach er mit mir auch noch wie mit einem Kleinkind. Ich glaubte ihm kein Wort und verharrte weiterhin in meiner Position. "Bitte das Buch ist alles was mir von meiner Familie geblieben ist, nehmt mir alles nur nicht das Buch.. Bitte." versuchte ich es widerwillig mit Betteln.
Der Mann vor mir sah mich erst nur an und schien auf etwas zu warten. "Komm schon Häschen." ihm war sein Vorteil durchaus bewusst, denn er trällerte seine Bitte fast schon neckend. Völlig in unserem Dialog verfangen ruckelte die Kutsche unerwartet stark und schmiss mich etwas zur Seite. Ich hatte zwar vorher schon einen meiner Füße durch den Riemen der Tasche gesteckt um es etwas besser zwischen meinen Beinen zu stabilisieren, doch rutschte es trotzdem unter meinem Rock hervor. "Häschen hüpf." Er grinste mich überheblich an und machte den Blick auf seine geraden weißen Zähne frei. Er war ganz sicher nicht ein einfacher Krimineller der sich auf den Straßen an wehrlose Frauen ran machte. Dafür war er, im Vergleich zu seinen Freunden, viel zu gepflegt. "Da hat die holprige Fahrt dir doch noch zu einem erträglichen Ende verholfen nicht war Häschen?"
Entgegen all meiner Versuche zog er die Tasche mit einem Ruck an sich heran. Mein Bein in dem Riemen schien ihm dabei nicht einmal aufzufallen. "Bitte." verzweifelt versuchte ich noch einmal nach meiner Tasche zu greifen, doch entzog der großgewachsene Mann mir die Tasche erneut.
Siegessicher grinsend öffnete er meine Tasche ohne jegliche Probleme und sah hinein. Das war scheinbar nicht die erste Situation in der er einer Frau ihre Tasche wegnahm. Plötzlich wurde sein Grinsen noch breiter bevor er in die Tasche griff.
Zu meiner Erleichterung nahm er sich nicht das lederne Buch sondern den Beutel mit den getrockneten Früchten. "Fürs erste brauchst du die ja nicht." kommentierte er während er weiterhin siegessicher seine Beute betrachtete.
Erleichtert atmete ich aus und sah dem Mann nun das erste Mal so richtig in sein Gesicht. Vor mir saß ein breitgebauter großer Mann mit blonden fast schon weißen Haaren. Seine Augen saßen giftgrün unter seinen dicken geraden Augenbrauen. Das linke seiner Brauen wurde durch eine kleine Narbe in zwei geteilt und ließ ihn in Verbindung mit seinem Vollbart gefährlicher Aussehen als mir lieb war. Trotzdem muss ich gestehen, dass er einer der schönsten Männer war die ich je kennengelernt hatte.
"Gefällt dir was du siehst, kleines Häschen?"
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Mythos
ParanormalKurz bevor sein Leben auf dem Kopf steht nimmt Noan entgegen seiner Natur den Platz der rechten Hand des Königs ein. Elara wartet schon seit Jahrhunderten auf ein Zeichen und darf sich endlich mit ihrer Seele auf den Weg zu dem König machen, dort e...