[Kapitel 9/Teil 3]

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*Noan POV*

-Mitte des 19.Jahrhunderts-

"Wie Sie alle wissen ist unser Vater und König vor wenigen Wochen von uns gegangen. Zu seinen Ehren werden wir heute seinen letzten Wusch erfüllen und einiges an unserer Politik ändern. Wie Sie vielleicht schon bemerkt haben, habe ich mich nicht in den Mittelpunkt unseres neuen Versammlungstisches gesetzt." sprach Torin mit einer festen Stimme. Die Männer sahen zum Teil zu Magnus bei dem sie den Platz des Königs vermutet hätten. Sofort wollte sich Tarvos eingeschnappt zu Wort melden und hob seine Hand um sich zu beschweren, doch schnitt Torin ihm eisern das Wort ab. "Das soll natürlich nicht bedeuten, dass Magnus in irgendeiner Art und Weise über euch steht nur weil er in der Mitte sitzt." Folglich senkte Tarvos seine Hand und blickte weniger garstig in die Richtung seines neuen Königs.

Auch wenn Torin sich selbst dazu bereit erklärt hatte seinen Amt, in der ersten Versammlung nach dem Tod unseres Vaters, abzutreten wusste ich, dass es ihm nicht leicht fallen würde die nächsten Worte auszusprechen. Die neue Politik würde unter anderem auch sehr viel Arbeit mit sich bringen was größtenteils an ihm hängenbleiben würde bis sich die Aufregung der neuen Situation gelegt hatte. Um ihm meine Unterstützung noch einmal zu versichern nahm ich meine Hand von meinem Schwert und legte sie daraufhin auf seine freie Schulter um sie etwas zu drücken. Er würde auch ohne Worte verstehen, was ich ihm damit signalisieren wollte.

Torin legte kurz seine Hand auf meine und bedankte sich stumm für meinen Beistand, bevor er mit seiner Rede fortfuhr. Er wusste, dass sobald er meine Rede ankündigte es keinen zurück mehr geben würde. "Nun bitte ich Euch, schenkt den Worten meines Bruders Gehör. Noan kannte Vater viel besser als wir alle, er wird im Namen unserer Familie die letzten Worte für unseren Vater sprechen." Kurz darauf fingen die Männer an durcheinander zu sprechen. Einige von ihnen weigerten sich dem Bastard genügend Respekt zu erweisen indem sie ihm zuhörten, während die anderen versuchten mich in den Schutz zu nehmen. Ein Bastard hatte keinen recht dazu an so einer Versammlung teilzunehmen geschweige denn die letzte Rede im Namen des verstorbenen Königs zu halten.

Plötzlich hallte die laute Stimme Torins durch die große Halle des Tempels. "Meine Herren." Kurz hielt er inne bis die Diskussionen der Anwesenden verstummten und sich alle Männer der sechs Gebiete sich zu uns wendeten. "Lasst Euch nicht von meiner Wortwahl täuschen. Ich sprach zwar von einer Bitte doch war das ein Befehl eures Königs" Die Autorität die Torin in diesem Moment ausstrahlte erfüllte mich mit Stolz. Die Männer sahen alle gebannt in seine Richtung und keiner traute sich auch nur in irgendeiner Weise aufzufallen. Weder sprachen sie unaufgefordert noch schienen sie sich unnötig bewegen zu wollen. Ich selbst hielt den Knauf meines Schertes wieder fest um zu verdeutlichen, dass ich nicht abgeneigt war seine Worte im Notfall auch mit etwas mehr Nachdruck zu verteidigen.

Ich räusperte mich und sah dann kurz zu Torin welcher mir mit einem Nicken meine Rede frei gab. "Meine Herren, wie Sie alle wissen bin ich nicht der leibliche Sohn des verstorbenen Königs. Daher kann ich ihre Einwände nachvollziehen, doch trotzdem stand ich ihm sehr nahe. König Horus war ein starker Mann, denn er nahm mich den Bastard seiner Königin als ältesten Sohn der Königsfamilie auf. Obwohl er wusste, dass ich meiner Mutter aufgezwungen wurde. Ich bin das Ergebnis einer Misshandlung." Horus hatte nicht einmal seinen Engsten von der Vergangenheit seiner Königin erzählt, daher schauten die Männer mich nicht gerade wenig überrascht an. "Er war stark genug um für mich gerade zu stehen, doch fehlte ihm die Stärke um das gleiche auch für seinen leiblichen Sohn zu tun." Einige der Männer zogen scharf die Luft ein, doch keiner schien mich wirklich unterbrechen zu wollen.

"Ihm war leider nur nicht bewusst, zu was für einem starken Mann sein Sohn herangewachsen war." Voller stolz legte ich Torin wieder einmal eine Hand auf seine Schulter und sprach erst dann weiter. "Torin ist der rechtmäßige Thronfolger Horus' und hat sich trotz der ihm zustehenden Macht dazu entschieden sich gegen seinen Thron zu wenden um Platz für eine neue Ära zu schaffen. Ab heute meine Herren gibt es keinen König, ab heute gibt es nur noch Lordschaften und sein Gefolge. Sie alle werden nach dem heutigen Tag die Verantwortung über die Gebiete übernehmen über welche Ihr in den letzten Jahrzehnten Bericht erstattet hatten. Jeder einzelne Mann der an diesem Tisch sitzt, steht ab heute auf dem gleichen Rang und wird ab heute als Lord betitelt." Ein lautes ungläubiges Raunen ging durch die Halle. Die Männer fingen wieder an untereinander zu Diskutieren, doch dieses Mal stritten sie sich um die größeren Gebiete.

"Meine Herren" rief Torin erneut laut aus. "Hört meinem Bruder bis zum Ende zu danach geben wir euch Zeit darüber nachzudenken. Erst Morgen werden wir ihnen die Chance geben Fragen zu stellen. So wollen wir sicher gehen, dass Sie sich ihre Fragen zurechtlegen können um spätere Unstimmigkeiten zu umgehen." Wieder verstummten die Männer und sahen zu mir auf. "Wir haben uns absichtlich für diesen Ort entschieden. Unsere erste Versammlung sollte an dem einzigen neutralen Gebiet unseres Kontinents stattfinden um Ihnen unsere Absichten noch einmal zu verdeutlichen. Der nördlichste Teil unseres Orbitaris wird ab heute nach der Göttin Solaris und ihrem Tempel benannt. Sie sitzen gerade im Reich der Sonne. Dieses Gebiet ist und bleibt für immer unabhängig. Alle unsere Versammlungen, Allianzen, Auseinandersetzungen und auch Handel werden ab heute hier stattfinden, so wollen wir verhindern, dass Sie sich untereinander durch einen Heimvorteil hintergehen können." Kurz ließ ich meine Worte sacken und holte einmal tief Luft bevor ich weiter sprach, denn die nächsten Worte würden einigen Männern nicht gefallen.

"My Lords. Die Euch zugeteilten Gebiete sind nicht willkürlich gewählt worden. Sie sollen alle den Teil unseres Kontinents übernehmen den Sie durch Ihre zahlreichen Berichte über die vielen Jahre kennengelernt haben. Jeder kennt sein Gebiet am besten. Das Eines größer ist als das Andere ist leider nicht zu vermeiden, doch soll es keineswegs bedeuten das diese Lords mehr Ansprüche stellen können." Ich beendete meine Rede indem ich die Schulter meines Bruder drückte und ihm somit noch einmal die Möglichkeit zu geben zu den neuen Lord zu sprechen.

"Wie Sie alle gehört haben bin ich nicht mehr König Torin sondern Lord Torin. Ich stehe ab heute im Amt nicht über ihnen. Bitte nutzen sie Ihre neuen Ämter weise. Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass wir unseren Kontinent in diese Gebiete eingeteilt haben damit wir besser auf die Bedürfnisse des Volkes eingehen können. Die Lords können daher bei einer einstimmigen Abstimmung bei einer weiteren Versammlung abgewählt und ersetzt werden." Mit einem Ruck stellte sich mein Bruder hin und beendete seine Rede indem er sagte "Es ist schon spät, lassen Sie die neuen Informationen erst einmal sacken wir sehen uns morgen in aller Frische noch einmal hier und besprechen die restlichen Punkte und auch ihre nun aufkommenden Fragen." Kurz darauf nahm er seine Gefährtin an die Hand und verließ mit ihr zusammen die Halle des Tempels. Auch Vega und ich folgen ihnen stumm. Torin hatte scheinbar vergessen, dass wir heute unsere Verlobung bekannt geben wollten, doch ließen wir uns nichts anmerken. Am nächsten Tag würden wir schon genügend Zeit finden unser Schauspiel fortzusetzen.

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