Kapitel 14: James - Tausend-Watt-Lächeln.

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James

Gegen ein Uhr kamen Eric und Taylor dazu. Da wir vier die größten Rollen haben würden, sollten wir die Szenen durchgehen. Allerdings hatten Taylor und ich nur eine kleine Szene zusammen, in der sie mir sagte, dass sie Ava vor Derek beschützen würde. Ich legte so viel Charme in mein Lächeln, dass mir fast das Gesicht wehtat. Doch sie reagierte kaum darauf. Eigenartig. 
Dabei entging mir nicht, wie Eric neben mir das gleiche tat. Allerdings war sein Tausend-Watt-Lächeln in Ellas Richtung gerichtet und anders als Taylor, stieg sie voll darauf ein. 
Nicht dass ich spürte, wie die Funken flogen, dazu war Eric viel zu nett. Aber er flirtete schon recht auffällig und ich hätte es irgendwie amüsant gefunden, wenn Ella nicht ebenfalls so engagiert darauf reagierte. Es war irgendwie nervig. 
Als David uns um kurz vor sechs dann sagte, es sei genug für heute, war ich am Ende. Kein Tag auf dem Platz war je so anstrengend gewesen. Jedenfalls in meiner Erinnerung. 
Ich fühlte mich ausgelaugt und überspannt gleichzeitig und ich hasste es auf der Insel zu sein. Denn es gab so weit ab vom Schuss kaum richtige Orte, wo man sich einfach jemanden aufreißen konnte und ganz ehrlich ich könnte jetzt ein wenig Zerstreuung gebrauchen. Aber nachdem Taylor mich hatte auflaufen lassen und ich mir fast fünf Stunden Ellas und Erics Vorspiel hatte angucken müssen, war ich nicht in der Stimmung jetzt eine Stunde über die Insel zum nächsten Touristen-HotSpot zu gelangen, wo mich dann vielleicht auch noch Leute erkennen würden, um mir dann eine Kleine für die Nacht zu suchen. Nur noch zwei Tage, dann würde ich mich ins Flugzeug setzen und zurück nach New York fliegen. Ich konnte es kaum abwarten endlich in mein Penthouse zu kommen. Und in meinem Penthouse zu kommen. Das gute an großen Städten war die Verfügbarkeit von allem. Von Alkohol, von Partys, von Frauen. Und ich liebte es. Ich liebte es mehr als ich sollte. 
Ich verließ den Raum nach den anderen und ließ nur Kelly und David zurück, die noch über das Drehbuch gebeugt dasaßen. 
Ich folgte Taylor, die schon fast den Fahrstuhl erreicht hatte und hinter ihr dann Eric und Ella, die sich über irgendeinen Film unterhielten. Der Fahrstuhl kam und ich schob mich als erstes hinein. Was ich ziemlich schnell bereute, denn Ella und Eric standen vor mir und ich durfte mir das Gequatsche nun aus nächster Nähe anhören. Ich lehnte meinen Kopf gegen die Wand und schloss kurz die Augen. Ignorierte das eigenartige Ziehen in meinem Bauch, jedes Mal wenn Ella eines dieser lauten, schrillen Lacher ausstieß und betete, dass die drei Stockwerke schnell vorbei zogen. 
Noch bevor ich den Gedanken zu ende gedacht hatte, ruckelte es heftig und mit einem letzten Ruck blieben wir stehen. Ella vor mir geriet ins stolpern und ohne mein dazutun schossen meine Arme vor und fingen ihre breiten Hüften auf, bevor sie wankend gegen die Wand stieß und zog sie - warum auch immer - an meine Brust. 
Meine Fingerspitzen hielten sie fest und ich schluckte, als ich spürte, wie ihr warmer Körper an meinem lehnte. Doch schneller, als mir - seltsamerweise - lieb war, löste sie sich von mir und warf mir über ihre Schulter, in der kargen Notbeleuchtung des Fahrstuhls, einen gehetzten Blick zu.
Also waren geschlossene Räume nicht ihr Ding. Das konnte ich verstehen. Mich machten diese Dinge immer unruhig. Ich fühlte mich gefangen, was ich ja auch war. Aber ich hatte nicht direkt Angst. Ich würde nicht hier drin draufgehen oder so.
"Alles in Ordnung, Ella?" Fragte Eric und mein Blick schoss vom blinkenden Bedienfeld zu ihr. Sie atmete schnell. Schneller als gesund war. Zusätzlich war sie leicht nach vorn gebeugt und ihre Finger schlossen sich zur Faust und öffneten sich wieder. Eric stand neben ihr und starrte sie besorgt an, während Taylor hysterisch auf den Rufknopf des Fahrstuhls hämmerte. Ich seufzte. "Das ist doch nicht dein verdammter Ernst." Flüsterte ich genervt und griff nach Ellas Hand. 
Ich wusste wie eine Panikattacke aussah, wenn ich eine sah und Eric war keine Hilfe. 
Mit festem Griff wirbelte ich sie zu mir herum, und legte meine Finger an ihr verkrampftes Gesicht. Sie schaffte es kaum den Kopf zu heben und mich anzusehen. Doch sie tat es widerwillig und sah mir ins Gesicht. Ich sah den wilden Ausdruck in ihren Augen und es überraschte mich irgendwie, dass ich so heftig darauf reagierte. 
Ich war nicht wirklich ein empathischer Mensch, doch die Panik in ihren Augen schoss durch mich hindurch und hinterließ etwas, dass sich stark wie Mitgefühl anfühlte. Was zur Hölle?
"Ella, sieh mich an!" Befahl ich streng, weil ihr Blick immer wieder hin und her huschte und ihr Atem sich nur beschleunigte. "Sieh. Mich. An." Knurrte ich förmlich, weil ich sah, wie ich sie verlor. Sofort ruckte ihr Blick zu mir. 
Ich ignorierte, das Eric mich anstarrte und wie Taylor noch immer den beschissenen Knopf malträtierte und konzentrierte mich auf Ella. Ich hatte früher vor fast jedem Spiel eine Panikattacke gehabt und niemand hatte mir geholfen, dabei hatte ich mir so oft gewünscht, dass da jemand wäre, der mir einen Ausweg zeigen könnte. 
"Atme ein." Ich holte tief Luft. "Und atme aus." Ich atmete aus. "Atme ein." Wieder holte ich Luft und ließ meine Finger über ihre Schultern zu ihren Oberarmen wandern. "Und aus." Ihre Haut war kalt und das, obwohl ich spürte, wie sie schwitzte. Mir selbst war beinahe unerträglich warm. 
"Wieder ein." Sagte ich leise und ließ mich in einen beruhigenden, langsamen Rhythmus fallen. "Und aus." Langsam folgte Ella meinen Anweisungen und ich stellte mit stolz fest, dass ihre Atmung sich regulierte und sie ruhiger wurde. Sie würde heute Nacht gut schlafen. 
Nach ein paar weiteren Atemzügen strich ich ihr über die kalten Arme und ignorierte, wie weich sich ihre nackte Haut unter meinen Fingern anfühlte.
"Besser?" Wollte ich wissen, gerade als das Licht ansprang und der Fahrstuhl sich mit einem weiteren ruckeln in Bewegung setzte. 
Taylor seufzte erleichtert auf, Eric musterte mich und Elle, die noch immer nur einen Schritt von mir entfernt stand und Ella atmete mit geschlossenen Augen langsam ein und aus. Sie wirkte so geschafft und ich konnte es ihr kaum verübeln. Sie war klaustrophobisch und da waren Fahrstühle so ziemlich der Endgegner.
Wir verließen den Aufzug und sofort standen zwei aufgeregte Mitarbeiter neben uns. Ich stöhnte und ignorierte sie. Ich nahm Ella bei der Hand und zog sie hinaus. Langsam liefen wir schweigend zu den Bungalows. Und zum ersten Mal seit einer Ewigkeit wusste ich nicht was ich sagen sollte. Ich war mir ja nicht mal genau sicher, was ich denken sollte. Ich wusste, nur, dass Ella und ich etwas gemeinsam hatten und das machte es immer schwerer sie nicht zu mögen.


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