Kapitel 6: James - Kein Bock.

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James

Fünfzehn Minuten nachdem wir uns hatten treffen sollen, betrat ich das Restaurant und ignorierte Amber, die förmlich vor mir herrannte. Sie hätte mich beinahe an den Haaren hinter sich hergezerrt, wenn sie nicht wüsste, wie wichtig mir meine Haare waren.
Niemand fasste sie an. Keiner. Das war sie wichtigste Regel.
"Komm schon, James." Maulte sie und zerrte mich durch die Tür zum Nebenraum. Dann blieb sie abrupt stehen und setzte ein freundliches Lächeln auf.
"Entschuldigen Sie die Verspätung. Wir hatten noch ein wichtiges Auslandsgespräch, dass sich einfach nicht hatte verschieben lass..." Sie brach ab, als sie bemerkte, dass keiner der Anwesenden sie beachtete, was mir ein leises Lachen entlockte und ihr einen bitterböse Blick in meine Richtung.
Stattdessen hörten wir ausgelassenen Gelächter und ich zuckte beinahe  zusammen, als mich das Geräusch dieses schrille Lachens erreichte. Sofort machte ich mich auf die Suche nach dem Besitzer und ich blinzelte ein paar Mal. Ich erkannte sie sofort. Auch wenn ihr das Bild, dass ich vorhin noch so belächelte nicht gerecht wurde.
Ella Rodriguez, saß neben einem dunkelhaarigen Mann, Eric Tate aka Logan und einem, dem einzigen, freien Stuhl und lachte über etwas das er ihr gerade erzählte.
Ihre dunklen Haare fielen wie Seide über ihre Schultern und ließen mich beinahe über das hässliche Blumenkleid hinwegsehen, dass sie trug. Das Foto hatte sie aus einem Guten Winkel erwischt. Sie lachte, doch es war keines dieser verführerischen Lachen. Er eins dieser Schnodder-aus-der-Nase-Lachen. Und sie lachte laut. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich eine Frau das letzte Mal hatte so laut lachen hören.
Ich mochte eher feminine, Petite Frauen. Weibliche Frauen eben. Frauen, die nicht fluchten oder laut lachten. Die aussahen wie Frauen. 
Ich hatte noch nicht ein Wort mit dieser Person gewechselt und wusste schon jetzt, sie war mein absoluter Albtraum.
Sie gehörte vermutlich zu der Art von Mensch, die errötete wenn man über Sex sprach aber fluchte wie ein verdammter Dockarbeiter.
Wenn ich sie küsste und nur ein bisschen etwas anderes schmeckte als Minze und Frühlingsbriese war ich raus. Sowas von raus.
"Oh, James!" Rief David Bruchs gerade und erhob sich. Er kam auf mich zu und reichte mir die Hand. Ich schlug ein und lächelte. Begrüßte Dann Richi Norton, Produzent und Geldgeber des Projektes und Kelly Adams, die neben ihm saß und freundlich sagte: "Du bist der perfekte Derek." Sie war Autorin der Buchreihe und für das Drehbuch zuständig, wie Amber mir erzählt hatte.
Mein Blick wanderte weiter zu dem jungen Mann, der meinen besten Freund und Avas - Ellas - Bruder spielen sollte und nickte ihm freundlich zu, was er erwiderte.
Dann zu dem älteren Mann, der sich in seinem Stuhl umgedreht hatte und mich neugierig musterte. Vielleicht ein Fan. Er spielte Richard, doch ich konnte mich an seinen Namen nicht mehr erinnern. Im Film würde er meinen Vater spielen. Es war einer der wichtigsten Teile der Geschichte, denn zu meiner Überraschung hatte der Film tatsächlich eine Storyline über häusliche Gewalt. Denn mein Charakter wurde als Kind geschlagen und hasste seinen Vater deswegen. Schwer vorstellbar, dass ich das dem freundlichen Mann vor mir abkaufen sollte.
Dann sah ich zu der süßen Blonden hinüber und grinste mein Tausend-Watt-Lächeln und brachte sie damit zum erröten. Oh ich liebte es, wenn das passierte. Doch mir entging der neugierige Blick in Ambers Richtung nicht und sofort fragte ich mich, ob sie vielleicht mehr an ihr interessiert war? Normalerweise konnte ich solche Blicke recht gut deuten. 
Vielleicht fragte sie sich auch nur, ob Amber und ich vielleicht ein Item waren. Was bedeutete, dass sie vielleicht eine Klette war. Beides nicht optimal.
Mir entging aber auch nicht, wie Ella neben ihr, ihre Arme vor der Brust verschränkte, schwach lächelte und mich, von oben bis unten, mit hochgezogener Augenbraue, musterte. Sie war kein Fan.
Vermutlich hielt sie das Gleiche von mir, wie ich von ihr. Dabei war ich es nicht, die sich gehen ließ.
Ich erwiderte ihren Blick und ahnte ihre Haltung nach, doch anders als erwartet, ließ sie sich nicht einschüchtern.
Stattdessen spürte ich dieses eigenartige Kribbeln in meinem Nacken. Und ihre hellbraunen Augen schienen sich in mich hineinzubohren und sich in meinem Gehirn einzunisten. Wie klebriges Karamell in meinen Zwischenräumen festzusetzen. Verdammt.
Zu meinem Glück sprach Eric sie an und sie schlug die Augen nieder, so dass ich nicht zugeben musste, dass ich mich tatsächlich unwohl gefühlt hatte, als sie förmlich in mich hineingesehen hatte. Ich war keiner der Männer die sich leicht einschüchtern ließen und ich ließ mich auch nicht von dieser Kleinen einschüchtern. Doch ich gab zu, dass sie mehr Fragen auslöste, als ich beantworten konnte.  Jedenfalls irgendwie. 
Wenn ich raten müsste, würde ich sie in die Gruppe Menschen einordnen, die diese ganze Pseudo-Akzeptanz-Schiene fuhren. Sich selbst lieben, egal wie ungesund man lebte und welche schlechten Entscheidungen man traf. Es war nicht so, dass sie übermäßig dick war, dass hatte ich schon auf dem Bild erkennen können, doch man sah ihr an, dass es durchaus einiges an Verbesserungen geben könnte. Potential war da. Doch wenn sie es jetzt nicht geschafft hatte, dann würde es sich vermutlich nie ändern und ich wollte mir gar nicht anhören, was sie dazu zu sagen hatte. 
Ich sagte ja; Absoluter. Albtraum.
Seufzend ging ich aber um den Tisch herum. schluckte meine Gedanken herunter und zog mir den Stuhl heraus. Leise ließ ich mich darauf nieder und schloss genervt die Augen, bevor ich mich zusammenriss und wieder im Griff hatte. 
Meine Laune war von absoluter Langeweile zu abgrundtiefer Abneigung geworden und ich betete insgeheim dafür, dass wir dieses Treffen schnell hinter uns bringen würden. Wenn es nach mir ginge, wäre ich jetzt beim Training. Ein paar Aufschläge üben. Das würde meine Gedanken etwas beruhigen. Vielleicht ging ich danach ein paar Kilometer am Strand joggen?
Für eine Weile saß ich einfach nur da und lauschte den belanglosen Gesprächen. Wenn ich angesprochen wurde, gab ich nur knappe Antworten und hielt mich zurück. 
Morgan hatte recht, wenn ich das nicht vermasseln wollte, sollte ich den Mund halten. Doch, auch wenn ich nicht genau wusste warum, lauschte ich dem Gespräch, dass Ella und Eric neben mir führten. "Wo kommst du her, Ella?" Fragte Eric sie und lächelte freundlich. Er war charmant und ich fragte mich, ob er darauf abzielte sie  vielleicht mit in sein Bungalow zu nehmen. Denn auf das Drama hatte ich wirklich, wirklich, wirklich - ! - keinen Bock. 
 

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