Kapiel 30: James - Trailerpark.

134 10 0
                                    

James

Dieser Morgen war alles, aber nicht gut. Ich hatte keine Sekunde geschlafen und dann war auch noch diese bescheuerte Migräne dazugekommen. Die ganze Nacht hatte ich mich herumgewälzt. Selbst die Schmerzmittel hatten nicht geholfen.
Und dann saß sie hier mit diesem weißen, schulterfreien Oberteil (es hatte allerdings trotzdem lange Ärmel) und lächelte so freundlich wie immer. Auch wenn sie etwas verbissen aussah.
Aks ich im den Raum gekommen war, hatte sie mich nicht mal bemerkt. Sie war so sehr in das Gespräch mit diesem Eric vertieft. Und dann dieses Seufzen. Es war mir nie aufgefallen, wie oft sie es tat und es brachte mich auf die falschen Gedanken. Zumal denken jetzt gerade wirklich wehtat.
Und doch saß ich jetzt hier neben ihr und versuchte David zu folgen, wie er uns über die nächste Zeit informieren wollte. Er startete eine kleine Vorstellungsrunde und wieder seufzte Ella leise. Dieses Geräusch fuhr wie ein Blitzschlag in mich hinein.
Reihum stellten sich die Menschen am Tisch vor. Doch ich hörte gar nicht richtig hin. Erst als Ella den Mund öffnete war ich ganz Ohr.
"Hey, ich bin Ella. Ich spiele die Ava. Ich komme aus El Paso, lebe aber in LA. Ich habe drei Brüder und meine Mamà in El Paso." Dann hörte sie auf zu sprechen und ich dachte über ihre Worte nach. Vergaß dabei beinahe, dass  ich an der Reihe war.
"Ich bin James Sinclaire. Ich mache den Derek." Mehr sagte ich nicht. Wer etwas über mich wissen wollte konnte mich einfach googeln. Zumal ich mir sicher war, dass jeder im Raum genau wusste wer ich war.
Sie hatte schon mal von ihrer Familie gesprochen. Immer von ihrer Mutter und ihren Brüdern. Gab es keinen Vater dazu? Warxihr Vater einer von den Mistkerlen, die seine Kinder im Stich ließen oder war ihm was passiert? Unauffällig sah ich zu Ella, als würde mir dieser Blick verraten, was ich wissen wollte. Tat er nicht. Logischerweise.
Etwa eine halbe Stunde später begannen wir damit das Drehbuch in unseren Rollen zu lesen. Rayner übernahm die Regieanweisung. Ich las fleißig meine Zeilen und lauschte möglichst den anderen. Denn das hier war Arbeit.
Ich hatte gerade einen Dialog mit Ella, als ihre Rolle aufgeregt meine Habd greifen sollte.
Doch auch Ella schnappte sich meine Hand und drückte sie sanft. Ihre Wärme schoss in mich hinein. Mir war klar, dass mein Körper nicht mehr auf ihn hörte, sobald sie in der Nähe war. Aber so langsam wurde es albern. Erwartend sah Ella mich an. Ihre haselnussbraunen Augen leuchteten und sie lächelte. Irritiert hob ich die Brauen, bevor ich mich löste und vor mir auf das Drehbuch blickte, um meine nächste Zeile zu lesen.
Ich sollte sie nicht mögen. Ich sollte sie unangenehm finden und ich sollte sie einfach nur für nervig  halten. Aber das tat ich nicht.
Nun Teile meines Verstandes, mein logischer Verstand, konnte sie nicht ausstehen. Aber der Rest von mir genoss es viel zu sehr. Ich fand sie unterhaltsam. Ich mochte das Gefühl das sie in mir auslöste und ich liebte es sie sauer zu machen. Auch wenn ich ihr in diesem dämlichen Pakt versprochen hatte, es nicht zu tun.
Ohne weitere Verzögerung lasen wir das Drehbuch durch und wiederholten die Szenen die ab Montag gedreht werden sollten. Die nächsten Tage würde ich durch Kostümanproben, Szenen-Choreographien und Textbesprechungen müssen und erst dann würden die Dreharbeiten beginnen. Es waren etwas mehr als zwei Monate vorgesehen und ich würde aus den Dreharbeiten direkt in das Training für die Saison starten. Das hieß kein Urlaub auf den Bahamas für mich dieses Jahr.
Nicht das mich das stören würde. Doch mit dem Trainingspensum, das Trev in den Drehplan integriert hatte, war ich vollends ausgeplant.
Zu meinem Glück war ich kein Stubenhocker. Auch wenn ich mein Haus liebte und gerne dort war, war ich doch lieber unterwegs. Ich war kein Freund von Stille. Sie war immer unangenehm und meistens zu laut.
Und ich war froh, dass ich wieder in New York war. Denn hier tauchte niemand einfach so vor meiner Tür auf. In LA war es mehr als einmal vorgekommen, dass eine Party spontan stattgefunden hatte.
"Bist du fertig?" Riss Amber mich aus meinen Gedanken. Wir hatten gerade den Tableread beendet und der Raum war schon fast leer. Ich hatte es kaum mitbekommen. Mein Kopf schmerzte noch immer und ich hatte keine Nerven für mehr. Doch der Tag war noch nicht zu Ende.
"Kannst du mir was gegen meine Kopfschmerzen besorgen?" Fragte ich Amber und stand auf. Sofort kramte sie in ihrer großen Lederhandtasche und reichte mir im nächsten Moment ein Tablettendöschen. Sie wusste, welche Mittel ich nehmen wollte und durfte und welche nicht. Daher überraschte es mich nicht, dass sie Ibuprophen griffbereit hatte. Nur eine Sekunde danach reichte sie mir eine Wasserflasche. "Lass uns zu deinem Trailer gehen." Es war keine Frage. Ich folgte ihr.
Mein Trailer. Mein Trailer war so ziemlich der Ort an dem ich die nächsten Wochen sein sollte. Auch wenn mir der Gedanke nicht sonderlich gefiel. Es erinnerte mich ans Campen. Klar irgendwie war es Luxuscampen. Aber nichts ging über meine eigenen vier Wände. Kein Stahlkarton, den man abtransportieren konnte.
Wir folgten dem Gang hinaus auf einen kleinen Parkplatz. Ein paar Zelte, ein paar Trailer und ein paar Foodtrucks waren Kreisförmig um den Platz verteilt worden. Als wäre das ein beschissenes Dorf mit Marktplatz.
"Dort gibt es was zu essen, das Personal kennt deine Vorlieben." Sagte Amber und zeigte nach links. "In dem großen weißen Trailer ist Kostümfundus und Maske. Anprobe findet aber im Gebäude statt." Sie zeigte auf einen Trailer neben dem großen Zelt. "Und das ist das Gemeinschaftszelt, wo es Essbereiche und Vergnügungsbereiche gibt." Ich schnaubte. Die Vergnügungen an die ich dachte, gab es sicherlich nicht. Amber verdrehte die Augen, als sie meine Gedanken erriet.
"Und das..." Sie zeigte auf den Trailer direkt neben meinem. "...ist der Trailer des restlichen Casts." Verwirrt blinzelte ich. Ich hatte meinen eigenen Wagen bekommen und die anderen mussten sich alle einen Teilen? Wozu dann der Aufenthaltsbereich?
Man es war manchmal wirklich geil James Sinclaire zu sein. Wirklich, wirklich geil.

The Big Move Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt