Kapitel 44: James - Gute Morgen.

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James

Alle Türen in diesem Haus knarrten. Zuhause hätte es mich verrückt gemacht, doch hier hatte es eine Art Charme die mich lächeln ließ als ich den kleinen Raum verließ. Es waren vielleicht acht Quadratmeter, ein Bett, ein Tisch, eine Kommode und ein halbleeres Bücherregal.
Es war nicht unbedingt das Ritz, doch es reichte aus. Nachdem ich irgendwann Nachts gehört hatte, wie Ellas Tür aufging und ich innerlich schon hoffte, sie würde meine gleich öffnen und ihren Schopf ins Zimmer stecken, war ich enttäuscht eingeschlafen und erst aufgewacht, als mein Wecker um sieben geklingelt hatte. Meine jahrelange Routine, war seit Wochen gestört und noch vor einem Jahr hätte ich das nicht toleriert, doch diesmal drehte ich mich um und schloss nochmal für eine Stunde die Augen. Es war immerhin Weihnachten. Als ich dann aber hörte, wie Bewegung im Haus war, zog ich mich an, huschte die Treppe hinunter und dort in das kleine Gästebad. Als ich heraustrat traf ich Kathrina. "Oh buen día." Sagte sie überrascht. "Guten Morgen." Begrüßte ich sie. "Du bist ein Frühaufsteher. Niemand in diesem Haus ist ein Frühaufsteher." Erklärte sie mit einem freundlichen Lächeln.
"Nur Pablo war immer so früh wach." Sie seufzte schwer. "Mein Mann. Er ist vor ein paar Jahren gestorben." Fügte sie hinzu, doch beinahe sofort schüttelte sie den Gedanken ab. Sie ging in den kleinen Wohnbereich undnich folgte ihr.
Der Wohnbereich bestand aus einem großen Wohnzimmer, dass an ein Esszimmer anschloss und dahinter. "Setz dich. Ich mache Frühstück." Sagte Kathrina und zeigte auf die Couch. Doch ich schüttelte den Kopf. "Kann ich etwas helfen?" Ich wusste nicht, wie  unhöflich ich wäre, es nicht anzubieten. Es würde sich komisch anfühlen, nur hier zu sitzen. Ich folgte ihr durchs Esszimmer in eine kleine Küche. "Du brauchst nicht helfen, du bist unser Gast." Sagte sie und trat zur Kaffeemaschine. "Ich helfe gerne." Gab ich aber zurück. Mit einem mütterlichen Lächeln sah sie mich an. "Nun, dann mach du den Kaffee. Ich kümmere mich um unser Frühstück." Ich nickte dankbar und trat an ihre Stelle. Es dauerte nur  wenige Minuten bis die Maschine leise zischend zum Leben erwachte.
Danach half ich noch den Tisch zu decken und sah mich um. Ähnlich wie im Gastraum unten waren die Wände hier mit Zeug behängt. Und als ich mich umsah, sah ich Bilder von den Jungs, von Kathrina und, wie ich annahm, Pablo und von Ella. Sie lachte in die Kamera. Sie sah glücklich und jung aus. Auch wenn sie oft lachte, wirkte sie doch nie so ausgelassen, wie auf den Bildern.
"Sie sieht sehr glücklich aus." Rutschte es mir raus, als Kathrina neben mir stehen blieb. Sie griff nach meiner Hand und lächelte schwach. "Das war sie auch. Wir waren damals alle glücklich." Flüsterte sie und klopfte auf meine Hand. "Was ist passiert?" Wollte ich wissen und sah zu Kathrina hinab. Ella sah ihr so ähnlich.
"Das Leben, schätze ich." Eine kryptische Antwort. "Aber wir haben das Glück nicht alleine zu sein. Wir haben uns. Diese Familie ist das wertvollste, dass ich besitze." Sagte sie und ich glaubte ihr. Ich wusste wie es war, niemanden zu haben. Wieder fühlte ich diesen Stich in meiner Brust.
"Darum beneide ich euch." Sagte ich leise. Kathrina hatte etwas an sich, dass mich dazu brachte ehrlich sein zu wollen. Meine Geheimnisse vor ihr auszubreiten. Ich konnte mir nur vorstellen, was sie darüber dachte, dass ich ihre Tochter vögeln wollte.
"Du bist nicht alleine. Die nächsten drei Tage gehörst du zu uns." Sie lächelte mich an. "Und wenn du dich gut stellst mit den Jungs bist du hier auch immer willkommen."
Die Tür öffnete sich und ich drehte mich ruckartig um. Ella kam gähnend hereingeschlurft.
Sie trug eine rosafarbene Pyjamahose, ein weißes, schulterfreies Top und einen wilden Knoten auf dem Kopf. Und obwohl sie aussah, als hätte sie keine Sekunde geschlafen und sich nur herumgewälzt, traf mich ihr Anblick. Dieses Gefühl hatte ich in letzter Zeit so häufig, dass es mir Angst machen sollte. Ich wusste ich sollte in Panik geraten. Aber ich steckte so tief drin, dass es kein Zurück mehr gab.
"Gutem Morgen." Sagte sie leise kam zu uns und Hauchte ihrer Mom einen Kuss auf die Wange. Dann sah sie mich an und lächelte warm. Sie griff nach meinen Fingern und drückte sie sanft.
"Gibt es schon Kaffee?" Fragte Ella und spähte in die Küche. "Aber nicht für dich, Isabella." Sagte Kathrina streng und ich runzelte die Stirn. "Hast du deine Medikamente schon genommen?" Fragte sie dann und ich musterte Ella fragend, die errötete. "Mamá!" Schnaubte sie genervt. Sie begannen sich auf Spanisch zu unterhalten und mir wurde klar, dass Ella nicht wollte, dass ich davon etwas mitbekam. War sie krank? Ging es ihr deswegen nicht so gut letzte Woche? War es etwas schlimmes?
Erst als Adrian hereinkam und sich an den Tisch setzte hörten die beiden auf sich zu streiten. Kurz danach kam Matheo herein.
Kathrina hatte nicht nur Frühstück gemacht, sondern auch noch kleine Weihnachtsdeko auf dem Tisch verteilt. Als hätte man an der restlichen Dekoration im Raum noch nicht gesehen, dass es Weihnachten war. Selbst der Baum in der Ecke, der so festlich geschmückt war und aussah, als hätte der Weihnachtsmann persönlich darauf gekotzt, hatte ihr offensichtlich nicht gereicht.
"Lasst uns essen." Sagte Kathrina und setzte sich an den Kopf des Tisches. Es gab noch zwei freie Gedecke. "Was ist mit Lucas?" Fragte Ella und Matheo schnaubte. "Der ist erst vor ein paar Stunden zuhause gewesen. Der wird vor ein Uhr nicht aus dem Bett kommen." Erklärte er genervt. So kangsam begann ich zu glauben, dass es eine charakterliche Grundeinstellung war, dass Matheo einfach immer genervt war. 
Wir begannen zu frühstücken, auch wenn ich nicht viel herubterbekam außer meinen Kaffee und ein Toast. Immer wieder sah ich zu Ella hinüber und sah ihr dabei zu, wie sie  genüsslich aß. Als hätte sie noch nie etwas besseres gegessen. Sie machte es nicht gerade leichter für mich.
"Was ist euer Plan für heute?" Riss Matheo mich aus meiner Trance. Doch es war Ella die ihm antwortete. "Ich dachte, James und ich, gehen etwas spazieren und gucken ob wir noch ein paar Last-Minute-Geschenke auftreiben können. Bist du dabei?" Und alles was mir darauf einfiel war; Immer, Baby!

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