Kapiel 48: James - Arme Seelen.

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James

Genervt starrte ich aus dem Fenster. Die beiden saßen da, auf dem Boden und kuschelte. Sie kuschelte mit diesem Typen, der aussah, als würde er noch zur Schule gehen.
Dabei wusste ich jetzt so ziemlich alles, über ihr Highschool Sweetheart. Sie waren ihr halbes Leben zusammen und es wurde von Heiraten gesprochen. Kathrina hatte sich beinahe vor Freude überschlagen. Sie liebte diesen Kerl. Er war wohl der perfekte Schwiegersohn. Und das einzige was dem ganzen im Wege stand, war Ella, die sich zu ihrem Glück nicht zwingen lassen wollte.
Und ich wollte mir wirklich nichts anmerken lassen. Ich wollte selbst nichts fühlen. Aber ich tat es. Ich fand, dass Ella etwas besseres verdiente. Besser als diesen Jungen, besser als mich. Sie verdiente die Welt und der konnte ihr das sicher nicht geben.
Es war egal, dass ich es auch nicht konnte. Dass ich sie nicht glücklich machen würde. Ich war nunmal egoistisch. Und ich wollte, dass Ella nur mich so ansah, mich so anlächelte, mich so berührte.
Ich war nicht fair. Das wusste ich selbst. Aber das war mir egal. Und ich durfte immerhin denken was ich wollte. Ich sollte denken was ich wollte. Und wenn ich wieder in New York war, konnte ich  einfach so tun, als hätte das hier alles nie stattgefunden. Diese geistige Verwirrung wäre vorüber. Ich würde ein paar Frauen flachlegen, ich würde mal wieder richtig einen drauf machen und ich würde Ella aus meinem Gedächtnis streichen. Ein guter, einfacher Plan.
"Hier!" Sagte Adrian und knallte ein Glas vor meine Nase. In der anderen Hand hatte er eine Flasche Tequila. "Kannst du meine Gedanken lesen?" Fragte ich ihn mit einem arroganten Grinsen. Alkohol war eben manchmal doch die Lösung. "Oh, dafür braucht man kein Zauberer sein." Er lachte leise. "Sie hat diese Wirkung auf Männer und sie weiß es nicht mal." Fügte er mit einem Schukterzucken hinzu. "Was die Wirkung Männer zum saufen zu verleiten?" Hakte ich nach, halb im Scherz. Doch Adrian durchschaute mich sofort. "Nein. Diese Art, dass man sich in ihr Herz verliebt. Sie tut es mit allen. Sie hat es mit uns getan, mit unserem Padre und mit der armen Seele." Er nickte nach draußen. "Und jetzt bist du an der Reihe." Er hatte wohl recht. Sie lullte einen ein, bis es zu spät war. "Sie ist wie eine schwarze Witwe." Sagte Matheo und ließ sich mir gegenüber am Tisch nieder und schob sein Glas in die Mitte. Adrian  goss uns dreien ein. Wir nahmen uns jeder eins davon und hielten es hoch. "Auf die Frauen." Flüsterte Adrian. "Und die Schwestern." Fügte Matheo vielsagend dazu. Ich aber hatte nichts zum Prosten. Also sagte ich nur: "Tja, dann trink ich wohl auf die Witwen." Die beide lachten, dann kippten wir den Tequila weg.
Die Jungs tranken ihn pur und er schmeckte fürchterlich. Jedenfalls der erste. Beim dritten mochte ich das Brennen irgendwie.
Als Ella und der Jüngling wieder hereinkamen, trennten sich ihre Wege sofort und sie kam zu uns herüber. Sie legte ihre Hand auf die Lehne meines Stuhls und lehnte sich lässig gegen meine Schulter. Als wüsste sie nicht genau, was sie da mit mir tat.
"Warum trinken wir?" Wollte sie wissen und beugte sich nach vorne, um nach der Flasche zu greifen. Doch Matheo schob sie weg und schüttelte den Kopf. "Heute gehörst du zu den Sachen auf die wir trinken und nicht zu denen, die mit uns trinken." Stellte er klar und runzelte die Stirn. "Okay?" Sagte sie belustigt und schob sich neben Adrian auf die Bank. "Ist das Essen soweit fertig?" Hakte sie nach und Matheo nickte.
Wir würden erst sehr spät essen, da die Geschenke erst um Mitternacht ausgepackt wurden. Also saßen wir bis dahin einfach nur zusammen, lauschten der Musik, redeten und waren einfach nur beieinander. Um kurz nach zehn war das Restsurant bis auf uns leer und Kathrina schloss die Tür. Innerhalb von zehn Minuten hatten wir das Essen nach iben gebracht und ein regelrechtes Festmahl angerichtet. Es sah fantastisch aus. Und als würden noch zwanzig Mann kommen.
Nacheinander durften wir unsere Geschenke unter den Baum legen und Kathrina scheuchte uns nach oben, um uns in unsere Pyjamas zu stecken. Ich zog mir meine Pyjamahose an und einen einfachen dunkelblauen Pullover. Ella hatte wirklich gut gepackt, dass musste ich ihr lassen. Mit Socken stapfte ich aus meinem Zimmer und sah Ella, die im gleichen Moment aus ihrem Zimmer kam und mich mit einem warmen Lächeln ansah.
Es war nicht fair. Sie trug eine rote Schlafanzughose mit kleinen rentieren drauf und einen roten Longsleeve. Ihre Haare waren offen und fielen ihr um die Schultern und umrahmten ihr rundes, leicht gerötetes Gesicht. In ihrer Kleidung ging sie etwas unter und sie wirkte breiter als sie war. Trotzdem war sie schön. Auf eine natürliche Art. Nicht wie diese ganzen aufgetakelten Weiber. Nicht wie die Frauen, die ich mit aufs Zimmer nahm. Sie war dick, sie hatte einen breiten Hintern, ausladende Hüften, einen Bauch. Sie hatte ein Doppelkinn und diese Pausbäckchen und trotzdem war sie schöner als alle Frauen mit denen ich je geschlafen hatte. Vielleicht nicht objektiv betrachtet. Aber subjektiv. Für mich war sie es. Und ich hasste es. Ich hasste sie und ich hasste ihr zärtlichen Lächeln und ihre leuchtenden Augen.
"Ist alles in Ordnung?" Fragte sie mich und ich wollte schreien. Ich wollte ihr sagen, dass nichts in Ordnung war. Aber ich wollte ihr den Tag nicht versauen. Ich wollte diesen Abend genießen. Und den nächsten. Und ich wollte sie danach nie wieder sehen. Ein Entschluss den ich so felsenfest stellte, dass es wehtat. Schon bevor ich ihn überhaupt durchsetzte. "Ich hoffe du magst mein Geschenk." Sagte sie und drückte ein kleines flaches Päckchen an  die Brust. Sie hätte mir einen Stein schenken können und ich wäre begeistert gewesen. Das war es was sie mit den Menschen machte. Und ich hasste es, dass sie mir diese Seite von sich zeigte.
Sie hätte einfach nur die laute Ella Rodriguez bleiben sollen. Aber stattdessen war sie Ella, einfach Ella und hatte mich bei den Eiern. Und das wusste sie nicht einmal.

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