Kapitel 38: James - Händchen halten.

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James

Ich saß auf diesem bescheuerten Bett und wartete. Wartete darauf, dass die Prinzessin aus ihrem Turm kommen würde und sich herablassen würde, um die Kuschel-Szene zu drehen.
Ich war heute morgen schlechtgelaunt aufgestanden, weil ich wusste was heute passierte. Es war der letzte Tag vor der Drehpause und die Kuschel-Szene war angesetzt. Ich hätte gut darauf verzichten können. Denn es war kicht nur so, dass ich mit ihr kuscheln sollte, sondern auch mit ihr rummachen und das würde definitiv nicht helfen.
Und als Ella dann auch noch ausgerastet war, war meine Laune noch mehr in den Keller gesunken. Ich war kein Idiot und wusste, dass sie nicht wegen mir so ausgerastet war, aber es ärgerte mich trotzdem. Vor allem dass sie mir unter die Nase rieb, dass sie eine lange Nacht hatte? Ich hatte schon ihre Albträume erlebt, aber davon wusste sie nichts und ich war hin und hergerissen davon was ich glauben sollte.
Ich ließ meinen Kopf ans Kopfteil sinken und schloss die Augen. Was für ein Scheißtag.
"Sorry." Flüsterte Ella plötzlich so nah neben mir, dass ich erschrocken die Augen aufriss. Doch als sie nun vor mir stand, bereute ich es.
Sie trug nur ein Shirt, dass ihr bis zur Mitte der Oberschenkel reichte und zupfte unbehaglich daran herum. Man sah ihr an, wie unwohl sie sich fühlte. Ihre dunklen Haare flossen glänzend über ihre Schultern und ich konnte es kaum abwarten, meine Finger hindurchgleiten zu lassen. Ihre verquollenen Augen von heute Morgen waren verschwunden. Sie hatte wirklich krank ausgesehen.
Unbehaglich stand sie neben dem Bett und ich seufzte. Wegen des Kameraufbaus musste sie über mich klettern, doch es schien ihr peinlich zu sein. Also lächelte ich nur und hob die Decke an. Sie verdrehte die Augen. Lächelte aber.
Ich wollte nicht, dass sie noch länger nackt hier herumstand. Die Leute sahen sie eh schon zu lange an. Such wenn David darauf achtete so wenig Leute am Set zu haben, wie es ging.
Langsam kroch sie, mit dem Knie voran, aufs Bett. Dann kletterte sie auf meinen Schoß und ich musste die sluft anhalten, weil ich Angst hatte, sonst etwas zu tun, was ich kicht tun sollte. Sie zu packen zum Beispiel.
Sanft legte sie ihre Finger auf meine nackten Schultern und ich schob die Decke so beiseite, dass ihre Beine bedeckt waren und sie, ohne ihren Hinter zu entblößen, neben mir auf die Matratze sinken konnte.
Dabei musste ich mich krampfhaft davon abhalten sie nicht auf meinen Schoß zu ziehen. Ihr Gewicht zu spüren. Und ich wusste wie absurd das war. Noch vor ein paar Wochen hatte ich der Welt erklärt, wie ungesund es war zu dick zu sein. Wie unattraktiv ich es fand, dicke Frauen zu sehen. Und auch wenn ich mich immer wieder davon abhalten wollte, Ella als dick zu bezeichnen. War sie eben nicht schlank. Sie hatte Polster an den Hüften, dem Hintern, den Schenkeln. Sie war dick. Und es störte mich bei Uhr plötzlich kein bisschen. Ich war so ein Heuchler.
Um uns herum herrschte reges Treiben und sie lehnte ihren Kopf gegen die Rückwand, so wie ich es eben noch getan hatte.
"Wegen vorhin..." Flüsterte sie leise. So leise, dass ich sie kaum verstand. Ich sah sie an. Ich glaubte, sie würde mich nicht ansehen, doch sie tat es, lächelte schwach und sah so traurig aus, dass es etwas mit mir machte. Etwas, dass ich nicht benennen konnte. Aber ich hasste es.
"Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht so anfahren." Erklärte sie mir ehrlich. Und ich nickte. Meine ursprüngliche Wut verpuffte sofort. Mein Mund wurde trocken.
Ihre Augen wirkten so traurig und sie so zerbrechlich, dass ich glaubte sie würde sich jeden Moment auflösen. Ihr Ausdruck hatte etwas ängstliches. Etwas verzweifeltes.
"Es war nur... Heute ist einer dieser Tage." Erklärte sie mit einem schweren Seufzen und biss sich auf die Lippe. Als würde sie ihre Tränen zurückhalten. Bitte, nicht weinen, Ella! Bitte, bitte, bitte!
Unter der Decke suchte ich nach ihrer Hand. Sie hatte sie in ihrem Schoß verschränkt und ich ignorierte das Gefühl ihrer nackten Haut. Das Gefühl ihrer Schenkel. Die Nähe zu ihrer... Bebend holte ich Luft. Reiß dich zusammen, Sinclaire!
"Es ist alles gut, Ella." Sagte ich leise und drehte mich ihr zu. "Wenn du einen dieser Tage hast, dann sag mir das. Aber du brauchst nicht gleich auf Kill Bill machen." Scherzte ich und sie lächelte. Sanft erwiderte sie den Druck meiner Finger und für einige Zeit saßen wir schweigend da. Unsere Finger noch immer ineinander verschränkt. Es fühlte sich gut an. Ruhig. Und zum ersten Mal seit einer Ewigkeit war ich irgendwie geerdet.
"Was machst du über Weihnachten?" Fragte sie mich und ich blinzelte. Obwohl es in den letzten Tagen echt eisig gewesen war, hatte ich völlig vergessen, das es Weihnachten war. Die kitschige Deko und die nervige Musik waren irgendwie an mir vorbeigegangen. Vielleicht weil ich kein Weihnachten feierte.
Ich hatte keine Familie. Naja, oder keine mit der ich feiern wollte. Daher war dieser Feiertag für mich eigebtlich kein wirklicher Grund zu feiern.
"Oh. Äh. Nichts." Sagte ich also unbeholfen. Eigentlich wollte ich mich auf keine Erklärung einlassen, aber ich wollte irgendwie auch ehrlich zu Ella sein.
"Nichts? Fährst du nicht zu deiner Familie, oder so?" Wollte sie wissen. Doch ich schüttelte nur den Kopf. "Ich mach mit nicht viel aus Weihnachten. Und meine Familie ist fürn Arsch." Sagte ich mit einem Schulterzucken. Es war nun mal wie es eben war.
"Das tut mir leid." Flüsterte sie und drückte meine Hand, die sie noch immer umklammert hielt. Ich beschwerte mich sicher nicht.
"Aber du kannst doch nicht alleine sein wollen zu Weihnachten." Flüsterte sie leise und sah mich direkt an. Sah in mich hinein.
Ella hatte dieses Talent Dinge in mir aufzubringen, die ich selbst nicht kannte. Und sie schaffte es, dass ich tatsächlich zu Weihnachten nicht alleine sein wollte. Eigenartig. Dabei war ich gerne mal alleine.
"Ich lebe in New York City. Ich bin nie wirklich alleine." Sagte ich mit einem schwachen Lächeln und drückte ihre Hand, um ihr zu zeigen, dass sie sich nicht sorgen sollte. Doch sie lächelte nur traurig und sagte: "Selbst wenn man nie alleine ist, kann man doch einsam sein."

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