Kapitel 42: James - Italiener.

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James

Es hätte mich nicht überraschen sollen, aber das tat es. Nicht mal die Lautstärke und das durcheinander reden. Was mich umhaute war die Liebe. Es war in jeder Neckerei, in jedem Satz in jedem Wort so glasklar, dass diese Familie sich liebte. Zum Kotzen.
Ich beobachtete Ella, wie sie mit ihren Brüdern über ihr Leben, über LA, New York, den Dreh sprach. Und sie alle sahen sie so an. So, als wäre Ella ihr wertvollsten Besitz. Und ich beneidete sie darum.
Nicht nur ihre Mutter, Kathrina, bemutterte sie. Es war sie Art wie alle mit ihr umgingen. Als wäre sie ein rohes Ei. Ein geliebtes rohes Ei.
Adrian war nett aber zurückhaltend gewesen. Als einziger in der Familie.
Ihre Mutter war laut und wild und hörte kaum auf zu sprechen.  Doch sie lauschte ihrer Tochter aufmerksam. Sie klebte ihr an den Lippen. Sie fragte zu allem nach und schien wirklich daran interessiert. Manchmal fragte sie sogar mich nach etwas, was Ella erzählte.
Dann war da noch Lucas. Er war dazugestoßen, als wir mit dem Essen fertig waren und hatte sich neben Ella auf die Bank gesetzt. Er hatte ihr Outfit kommentiert und gesagt, sie sehe weißer aus als die Tochter von Donald Trump. Was auch immer genau das heißen sollte. Ich fand sie hübsch. Vor allem jetzt, weil sie von innen heraus zu strahlen schien. Aber vielleicht bewies das auch nur seinen Punkt. Immerhin war ich ein weißer Mann in Amerika. Ich spielte Tennis.
Und dann war da noch Matheo. Ihr ältester Bruder. Er war vermutlich in meinem Alter und alle sahen zu ihm auf. Doch er schien mich zu hassen. Ich redete mir ein, dass es daran lag, dass er diesen irren Beschützerinstinkt hatte und sicher lag ich damit nicht falsch. Aber es warf auch die Frage wieder auf, was ihre Familie dachte, was wir waren? Und was sie ihnen erzählt hatte? Und warum alle sie behandelten, als wäre sie zerbrechlich?
Das Restaurant an sich war ein kleines mesikanisches Restaurant. Vollgestopft mit buntem Plunder, im Hintergrund spielte spanische Folklore und um mich herum sprachen so ziemlich alle Spanisch. Ich hätte vorher einen Kurs machen sollen. Denn imvon dem Gespräch verstand ich nur die Hälfte. Ella versuchte mir ab und an etwas zu übersetzen und sprach nur, dass ich es verstand. Aber ihre Familie schien so daran gewöhnt zu sein, dass es ihnen nicht auffiel.
"Oh ihr müsst ganz müde sein. Disculpe!" Es war kurz nach halb neun und ich war wirklich erschöpft. Was weniger an der Uhrzeit, als mehr an dem Tag lag.
Ella sah mich an und hob fragend eine Augenbraue. Auch wenn ich nichts sagte, schien sie mich zu verstehen. "Ich werde James zeigen, wo er schlafen kann und selbst ins Bett gehen." Sagte sie und scheuchte Lucas von seinem Platz, um aufzustehen. Ich folgte ihr. Doch Matheo schnaubte. "Ich denke ich zeige ihm, wo er schlafen wird."
Die beiden wechselten einen ernsten Blick. "Sei nicht albern, Matheo." Sagte Kathrina und schüttelte den Kopf. "Kümmere du dich um deine Küche!" Dann begann sie ihn wegzuscheuchen und bearbeitete ihn auf Spanisch." Ich grinste.
"Danke für das Essen. Und für die Einladung, Kathrina." Sie lächelte, nahm meine Hände in ihre. "Ellas Freunde sind uns immer willkommen." Sie lächelte mich an, sah dann zu Ella. "Außer dieser furchtbare Junge. Wie war sein Name? Antonio? Italiener!" Kathrina schnaubte angewidert und Ella verdrehte die Augen. "Ich verspreche ich habe keinen Tropfen italienisches Blut in mir!" Scherzte ich. Wobei ich es auch ernst meinte. "Gut so. Mit denen haben wir nämlich keine guten Erfahrungen, oder Isabella?" Sie wurde rot, griff nach meinem Arm und zerrte mich zur Küche. Doch wir betraten sie nicht sondern folgten einem Gang daran vorbei. "Was war mir diesem Italiener?" Wollte ich wissen und sie warf mir nur einen warnenden Blick zu. "Oh komm schon." Bettelte ich belustigt. "Was war mit Antonio?" Wollte ich wissen, doch Ella schwieg nur und führte mich eine schmale Treppe am Rnde des Ganges hinauf.
Oben gab es einen kleinen Flur mit drei Türen und eine weitere Treppe. Sie zeigte auf die geöffnete Tür. "Hier ist das Wohnzimmer und die Küche. Aber die benutzen wir kaum." Dann zeigte sie erst auf eine der geschlossene Türen, dann auf die andere. "Hier schläft meine Mamà. Und da ist ein Bad." Ich nickte. "Und wir schlafen oben. Ich folgte ihr die zweite Treppe hinauf. Hier gab es sechs Türen. und eine weitere Treppe.
"Die führt aufs Dach." Sagte Ella nur. "Das ist Matheos Zimmer." Die Tür der Treppe am nächsten. "Lucas und Adrian." Sie zeigte nacheinander auf zwei Türen.
"Das ist das große Bad. Aber für vier Kinder ist kein Bad je groß genug." Erklärte sie mir, bevor sie vor einer Tür stehen blieb. "Das ist mein Zimmer." Und zeigte auf die Tür mit dem alten Poster einer Band, die ich nicht kannte. "Und das..." Sie zeugte auf das Zimmer ihrem Gegenüber. "...ist dein Zimmer. Es ist nicht groß und nicht sonderlich luxuriös. Aber es wird reichen. Wenn du was brauchst, weißt du wo du mich finden kannst." Sagte sie, doch sie bewegte sich nicht, sondern sah mich nur an. Ich konnte den Ausdruck auf ihren Zügen nicht deuten.
Irgendwann regte sie sich doch. "Gute Nacht, James." Sagte sie und öffnete ihre Zimmertür. Aber ich wollte noch nicht, dass sie ging. Es fühlte sich komisch an, hier allein zu sein. Und ich fragte mich, ob Matheo mich umbringen würde, wenn ich mich in ihr Zimmer schlich. Nur um mich mal umzusehen natürlich.
"Sagst du mir, was Antonio getan hat?" Fragte ich sie bevor sie verschwunden war und ich rückwärts zum Gästezimmer gegangen war. Sie stand im Türrahmen ihres Zimmer und lehnte sich lässig dagegen.
"Er hat mich entjungfert und meine Mamà hat uns erwischt. Zufrieden?" Mein Herz blieb beinahe stehen. Nein, ich war nicht zufrieden. Ich brauchte mehr Infos. Ich...
"Ich... äh... Also..." Stotterte ich nicht sehr geistreich. "Was?" Brachte ich dann raus und starrte sie entgeistert an. "Mehr bekommst du heute nicht von mir, Sinclaire. Das ist schon mehr als genug!"

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