Bekehrung?

10 3 18
                                    

E s war einige Wochen später als Gidi die Handelskarawane zum Fort Defiance begleiten wollte um ihre Post abzuholen.

Für gewöhnlich brachten die Diné die Post mit, doch die Weiße hatte das Bedürfnis, das Dorf zu verlassen und wieder einmal etwas anderes zu sehen. Nitsas-Ini, der die Reiselust seiner Frau kannte, ließ sie nur ungern ziehen, aber er hatte wichtige Dinge im Dorf zu tun und konnte sie diesmal nicht begleiten.

Die Reise zum Fort dauerte zwei Tage. Der Weg war zwar nicht so weit, aber unwirtlich und voller Überraschungen, da sie nie wussten, ob der letzte Regen und die damit verbundenen Wassermassen aus dem ausgetretenen Pfad nicht doch eine Geröllhalde gemacht hatte.

Gidi unterhielt sich lebhaft mit den Kriegern, die den Zug begleiteten und die gern mit der Häuptlingsfrau sprachen. Die meisten der Männer hatten die englische Sprache von ihr erlernt und man kannte sich gut.

Die Nacht wurde am gewohnten Rastplatz verbracht und obwohl sie mehrere Packpferde dabeihatten, kamen sie gut voran und erreichten am Abend des zweiten Tages das Fort.

Fort Defiance hatte sich in den letzten Jahren sehr verändert. Die Reiseroute Gallup – Tucson, hatte an Beliebtheit gewonnen. Immer mehr Menschen wollten im Fort rasten und darum hatte man mehrere neue Gebäude errichtet.

Neben einem Saloon, einem Hotel und einem Store gab es auch mehrere Privathäuser. Einige der Baracken waren abgerissen und die meisten Soldaten abgezogen worden und nur noch eine kleine Garnison war ständig im Fort stationiert.

Mayor Smith, seit einem denkwürdigen Tag mit Gidi befreundet, war versetzt und durch einen ihr fremden Soldaten ersetzt worden.

Gidi lagerte mit den Kriegern bei den handeltreibenden Diné. Diese hatten einiges zu erzählen. Eine der älteren Frauen nahm Gidi beiseite und warnte sie:

„Gidi, sei vorsichtig, wenn du die Post holst. Die Besatzung des Forts ist nicht mehr wie früher. Die Soldaten sind uns Indianern gegenüber aggressiver und misstrauischer geworden. Seit Mayor Smith nicht mehr hier ist, werden wir Händler nur noch geduldet."

Gidi aber war unbesorgt. Was sollte ihr schon passieren? Die Nacht verbrachte sie in einem der Zelte der Diné, um am Morgen direkt die Post abzuholen und dann mit den Männern wieder ins Dorf zurückzukehren.

Nach dem Frühstück machte sich die Weiße auf den Weg, während die Krieger die Pferde für den Rückritt vorbereiteten.

Das Büro des Postmeisters lag etwas abseits in einer der Baracken und beherbergte auch ein Telegrafenamt. Gidi kannte sich dort sehr gut aus, da sie mehrmals im Jahr ihre Post holte und Briefe aufgab.

An diesem Morgen saß ein ihr fremder Mann hinter dem Schreibtisch. Erstaunt schaute dieser auf die blonde Frau in Indianerkleidung.

Gidi stellte sich vor und fragte nach ihrer Post. Der Postler bat sie, einen Moment zu warten und verschwand im Hinterzimmer. Unterdessen hatte Gidi ihre Briefe auf den Schreibtisch gelegt und wunderte sich über das lange Ausbleiben des Mannes. Als dieser den Raum wieder betrat war er in Begleitung zweier Soldaten.

„Frau Bauer, Sie müssen keine Angst mehr haben. Sie sind hier bei uns sicher und brauchen nicht zurück zu den Indianern", sagte einer der Soldaten.

Verwirrt schaute sie diesen nun an.

„Aber warum sollte ich die Indianer verlassen wollen? Ich habe keine Angst vor diesen, ich liebe sie, sie sind meine Familie."

„Gehirnwäsche", nickte der zweite Soldat.

„Sie sind eine Weiße und gehören zu uns. Kommen Sie mit uns und Sie werden sehen, wie wohl Ihnen das Leben bei intelligenten Menschen tut."

Nitsas-IniWo Geschichten leben. Entdecke jetzt