Feuer

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Nitsas-Ini hatte die Clans der Diné in der näheren Umgebung aufgesucht, um sich ihrer Probleme und Sorgen anzunehmen. Erfreulicherweise stellte er dabei fest, dass es in keinem der Hogans Missstimmungen, in keinem der kleinen Dörfer Hunger oder Not gab und in allen Gebieten Frieden herrschte. Nun überlegte er, ob er nicht anschließend noch eine Familie aufsuchen sollte, der sich etwas abseits in den Bergen angesiedelt hatte. Dies würde einen Ritt von mehreren Tagen beinhalten, und da es zurzeit sehr friedlich unter den einzelnen Stämmen zuging, könnte seine Frau ihn dabei begleiten.

Der Häuptling setzte sich am Nachmittag mit seinem Vertreter und Freund Bee Sid zusammen.

„Bee Sid, du kennst die Reiselust meiner Frau. Ich würde sie gern mitnehmen, um die Familie am Bitterwater zu besuchen."

„Nitsas-Ini, du bist der Oberste Häuptling aller Diné und es ist deine Pflicht, auch die Clans in weit abgelegenen Gebieten zu betreuen. Oder traust du mir nicht zu, unsere Krieger in deiner Abwesenheit zu führen?"

Die beiden Männer waren schon ein Leben lang Freunde und genossen es, sich gegenseitig zu necken.

„Der Rat der Ältesten wird dich gern unterstützen, falls es ungeahnte Schwierigkeiten geben sollte."

„Da du unser gefährlichstes Dorfmitglied mitnehmen möchtest, sehe ich keine Gefahr einer Überforderung meinerseits."

Die beiden lachten.

„Soll ich dir ein langes Seil mitgeben, damit du Gidi unter Kontrolle halten kannst?"

„Ich glaube, das schaffe ich auch ohne Seil, im Gegensatz zu dir."

Gidi beobachtete die beiden Häuptlinge, die lachend und schwatzend vor der Hütte Bee Sids saßen. Sie wusste genau, warum die beiden sich, entgegen aller Sitten, nicht vor dem Hogan des Obersten Häuptlings trafen. Zum einem war die Frau Bee Sids eine weitaus bessere Gastgeberin als sie und zum anderem würden sie dort nicht von ihr gestört werden. Sie verstand zwar nicht alles von der Sprache der Diné, doch die Männer wirkten eindeutig entspannter, wenn sie nicht in der Nähe weilte. Sie gönnte ihrem Mann diese lockere Atmosphäre von Herzen. Zu oft lag die Verantwortung für sein Volk schwer auf seinen Schultern. Da war jede friedliche Zeit wie ein großes Geschenk und musste ausgekostet werden.

Gegen Abend bereitete Gidi vor ihrem Hogan eine kleine Mahlzeit zu und wartete auf ihren Mann, der in der Regel zum Sonnenuntergang zu ihr kam. Sie zündete ein Feuer an, breitete Decken aus und legte das Kalumet bereit, welches Nitsas-Ini nach dem Essen zu rauchen pflegte. Dann lehnte sie sich zurück und wartete.

An diesem Abend dauerte es etwas länger, bis Nitsas-Ini den Weg nach Hause antrat. Die Sonne hatte das Dorf schon länger in ihr abendliches rotes Licht getaucht und begann, am Horizont ganz zu verschwinden. Schon zog die Kühle der Nacht herauf, als sich der Häuptling endlich zu Gidi setzte.

Schweigend verzehrten die beiden ihr Essen und nachdem Gidi das Geschirr gesäubert und weggeräumt hatte, setzten sie sich nah beieinander. Sie rauchten gemeinsam das Kalumet und besprachen den vergangenen und kommenden Tag. Dieses Ritual vollzogen die beiden, seitdem sie verheiratet waren und Gidi schwor darauf, dass diese Gespräche dazu beitrugen, dass ihre Ehe so glücklich und harmonisch war.

In den Anfangsjahren war ihr Mann noch sehr schweigsam gewesen, hatte ihr eher zugehört, als selbst zu sprechen, doch im Laufe der Zeit hatte er sich angepasst und genoss es, seine Gedanken mit seiner Frau zu teilen.

„Geliebter, hast du mit Bee Sid alles besprechen können, was dir am Herzen lag?"

„Geliebte, versuchst du gerade, mich auszuhorchen?"

Gidi lachte leise. Sie rieb ihre Wange am Oberarm ihres Mannes, schob ihre Hand heimlich unter seinen Lendenschurz und tätschelte seinen Po. Da es mittlerweile recht dunkel geworden war, brauchte sie nicht zu befürchten, dass einer der Dorfbewohner diese Intimität beobachten würde.

Nitsas-IniWo Geschichten leben. Entdecke jetzt