Im Dorf der Navajos

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Während Gitti langsam erwachte, überließ Nitsas-Ini die Aufsicht über die Verteilung der Jagdbeute den Frauen, die diese  haltbar machten und die Felle bearbeiteten, bevor die Hitze Arizonas die Beute verdarb. Der junge Häuptling schaute noch einmal nach seinem Pferd und machte sich dann auf den Weg zu seiner Hütte, als die Medizinfrau auf ihn zutrat:

„Sie ist aufgewacht", teilte sie ihm mit und Nitsas-Ini wußte sofort, wovon sie sprach.

„Hat sie etwas gesagt?"

„Sie sprach, aber ihre Worte ergaben für Káalógii, keinen Sinn, da diese die Sprache nicht kennt", meinte die Medizinfrau der Navajos, die die Pflege der jungen Weißen übernommen hatte.

„Wo befindet sie sich jetzt?"

„Sie badet im See, Káalógii wollte ihr neue Kleidung bringen."

Nitsas-Ini nickte und überlegte, die Weiße direkt am See anzusprechen um von ihr zu erfahren, ob er mit ihr kommunizieren konnte.

Indessen trat Káalógii an das Seeufer und winkte Gidi aus dem Wasser, um ihr Hose, Hemd und Schuhe anzubieten, wohlwissend, dass sich die Geschändete damit wohler fühlen würde als mit Rock oder Kleid.

Nitsas-Ini hatte hinter einigen Tannen verdeckt die Szene beobachtet, verließ nun ungesehen den See und stieg hinauf zu den Hütten. Die Male der Marterung, die er deutlich hatte sehen können, ließen darauf schließen, dass die Weiße von den fremden Indianern mehrfach gegen ihren Willen benutzt worden war. Deutlich erinnerte er sich an ihre blaugeschwollenen Oberschenkel, Bisswunden an Brust und Hals und als sie sich umdrehte, hatte er auch den zerschundenen Rücken erkennen können. Trotzdem hatte er sie nicht klagen hören und musste zugeben, dass die weißen Frauen härter als ihre Männer zu sein schienen, die er oft hatte jammern hören. 

Vor seinem Hogan sitzend wartete er, bis Káalógii mit der Weißen erschien. Er betrachtete sie flüchtig, nahm aber genau ihre knabenhafte Figur und das lange lockige blonde Haar wahr. Káalógii bedeutete Gitti, in ihren Hogan zurückzukehren und sich auf eine der Decken zu setzen. Dann betrat auch Nitsas-Ini die Hütte und setzte sich der Frau gegenüber. Káalógii verließ nun den Raum und ließ die beiden allein...

*

Nachdem Gitti sich ausgiebig gereinigt hatte, bemerkte sie die Indianerin, die sie schon kannte, am Ufer stehen. Erschrocken, da sie sich alleine glaubte, tauchte sie im Wasser unter, sodass nur noch ihr Kopf herausragte. Verlegen griff sie nach den zerrissenen Kleidungsstücken, die neben ihr im Wasser trieben. Doch dann winkte ihr die fremde Frau und warf ihr die Decke zu, die sie zuvor am Ufer abgelegt hatte. Dankbar fischte sie diese aus dem See und verhüllte sich. Sie watete langsam ans Ufer. Unterdessen hatte Káalógii ihr ein Tuch, Hemd, Hosen und Schuhe bereitgelegt und sich abgewendet. Dankbar huschte Gitti zu den Sachen, trocknete sich ab und kleidete sich an. Obwohl sie zuerst irritiert darüber war, dass die Wilde ihr Männersachen mitgebracht hatte, fühlte sie sich sofort wohl in der Kleidung, die nicht nur ihren Körper bedeckte, sondern ihr auch Sicherheit verlieh, da sie nicht befürchten musste, dass ihr jemand unter den Rock griff.

Die Medizinfrau hatte geduldig gewartet, bis Gitti fertig war und führte sie dann zurück in ihre Behausung. Dort bedeutete sie ihr, sich auf eines der Felle zu setzen. Dann betrat Nitsas-Ini den Hogan.

*

Gitti war entsetzt, als sie den Wilden bemerkte, der nun hereinkam. Ihre Magengrube zog sich zusammen und Angst machte sich in ihr breit. Gedanken wirbelten durch ihr Gehirn, Bilder von erigierten Gliedern erschienen vor ihren Augen und Übelkeit stieg in ihr auf. Schnell senkte sie den Blick und konzentrierte sich darauf, die Übelkeit zu verdrängen. Langsam atmete sie ein und aus, bis es ihr besser ging.

Nitsas-IniWo Geschichten leben. Entdecke jetzt