10. Kapitel - Zora

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PoV. Sam

Nach dem Gespräch mit Herrn Moreno, hat Collin mich zu seinem Lamborgini geschliffen. Ich habe eigentlich eher gehofft, zurück in das Zimmer zu können. Aber offensichtlich will er mit mir irgendwo hin fahren.

<Ich dachte wir wollen erst heute Nacht los.>, spreche ich meine Verwirrung aus, als wir beide im Auto sitzen. Collin fährt los und erklärt dann den Plan. <Das bleibt auch so, aber du brauchst Klamotten. Deshalb fahren wir jetzt zu einer guten Komplizin von mir.>
Ich bin überrascht, eigentlich habe ich vermutet, dass er die Klamottensache von seinem Vater gar nicht gehört hat. Und ich frage mich wer diese Komplizin ist.

Bei der Fahrt staune ich nicht schlecht, wie schon vermutet liegt der Hauptsitz der Mafia in einem Waldstück. Aber zum einen viel tiefer als ich dachte und zum anderen sind hier so viele Sicherheitsposten, dass ich es nie daran vorbei schaffen würde. Collin hingegen fährt ohne anzuhalten. Gut bei dem Sohn vom Boss ist es vielleicht auch normal, wobei für mich hier nichts normal ist.

Nach ungefähr 20 Minuten parkt Collin seinen Lamborgini und zerrt mich raus. Bevor ich mich überhaupt umgucken kann stehe ich schon in einem Laden drin.  Dann höre ich das zuklappen der Tür und einen Schlüssel, der umgedreht wird. Wieder bin ich also mit Collin hier eingeschlossen.
<Hey Zora, wir sind da!>, ruft Collin und schiebt mich weiter. Zeitgleich werden die Rolläden vor den  Schaufenstern runtergefahren und das Licht heller. Nun kann uns von draußen keiner mehr sehen, dafür sehe ich aber eine ältere Frau auf uns zukommen. Sie hat schon Falten im Gesicht und ihre Haare sind rosa gefärbt, aber eigentlich sieht sie freundlich aus. Ist ja klar, das solche Leute mit der Mafia arbeiten. Kein normaler Mensch würde Verdacht schöpfen. <Hallihallo Collin!>, jodelt uns die Frau zu.
Okay zugegebenermaßen ist sie schon ein wenig schräg. <Ach und du musst Samantha sein, aus den Nachrichten.> Bei diesem Satz spüre ich Hoffnung aufkommen. Ich bin in den Nachrichten und alle suchen mich! Das bedeutet sie werden mich sicher bald finden, vielleicht warten sie nur noch auf den richtigen Moment. Ich kann meine Freude kaum verbergen.

<Ja die scheiß Polizei wieder, machen ein Drama um so ein kleines Mädel. Naja wie auch immer, sie braucht Klamotten, T-Shirts, Pullover, Hosen, Socken, Unterwäsche und so nen Kram.>, wechselt Collin das Thema.

Direkt fühle ich die Freude wieder abfließen. Vielleicht hat er Recht und ich bin zu unwichtig, um das Risiko einer Rettung einzugehen. Ich bin doch niemand besonderes.

<Na das wird doch ein Kinderspiel, welche Größe brauchst du denn Liebes?>, fragt sie mich. Wahrheitsgemäß antworte ich mit: <S oder M, wie es ausfällt.>
Dann stöckelt sie sofort los und flizt durch die einzelnen Gänge. Nach ein paar Minuten bringt sie einen Stapel mit T-Shirts und Pullovern mit. Ich darf mir jeweils drei aussuchen, Collin hat jedoch immer das letzte Wort. Besonders etwas farbenfrohere Teile gefallen ihm nicht, weshalb meine Farbauswahl bisher nur schwarz, dunkelblau, olive grün und bordeux rot ist. Dann bringt Zora Hosen, davon sucht Collin eine mittelblaue Skinny Jeans, eine graue Jogginghose und eine kurze schwarze Sporthose aus. Von den Socken bekomme ich sogar ein ganzes Zehnerpack und auch Unterwäsche sind mehr als drei Teile geworden. <Zora hast du zufällig noch Schuhe?>, fragt Collin dann. <Ja klar, Größe?> <38>, antworte ich Zora schnell, dann läuft sie wieder durch den Laden. Ich habe echt kein Bock mehr hier zu sein, denn meine Hoffnung, dass mich draußen jemand erkennt und ich gerettet werde ist zerbrochen. Dann würde ich diese ganzen Klamotten eh nicht mehr brauchen, vermutlich hat Collin alles so gut absichern lassen, dass die Polizei sowieso keine Chance hätte. Zora hält mir plötzlich fünf Schuhkartons unter die Nase. Collin schaut sich alle genau an und entscheidet sich für die komplett schwarzen halbhohen Sneaker. So langsam habe ich das Gefühl, dass er dunkle Farben so toll findet, weil man dann nicht auffällt. Gerade für meine Flucht vielleicht ganz gut, andererseits solange ich noch nicht fliehen kann, werden die Leute wahrscheinlich nicht auf mich aufmerksam. Was ein Nachteil für mich ist.

Collin nimmt die Tüte, in die er alles reingeschmissen hat, dann verabschiedet er sich von Zora und schiebt mich raus. Ohne zu zahlen gehen wir. Dafür wurden die Rolläden wieder hochgefahren. Ich stehe vielleicht zwei Sekunden draußen und habe versucht Menschen in meiner Nähe auszumachen, aber viel zu schnell sitze ich wieder in dem Lamborgini. Collin steigt ebenfalls ein und fährt los.
<Hättest du die Sachen nicht bezahlen müssen?>, frage ich ihn, als mir erneut bewusst wird, dass wir einfach so gegangen sind. Collin muss lächelnd den Kopf schütteln: <Weißt du Sam, so läuft das bei uns nicht. Zora hat mir noch einen Gefallen geschuldet und damit sind wir nun quitt. Es läuft nicht immer alles mit Geld, das ist vielleicht in deiner Welt so. Aber bei uns hat Geld keinen Wert, Treue ist hier die Währung.>

Die restliche Fahrt denke ich über seinen letzten Satz nach. Ich habe gedacht, dass mich mein Vater vielleicht auch freikaufen könnte, aber jetzt denke ich das eher weniger, oder? <Also kann mein Vater kein Lösegeld zahlen, damit ihr mich gehen lasst?>, frage ich bei Collin einmal nach. Er lacht: <Richtig, nur das versteht der leider nicht, weshalb der Trottel uns Millionen für dich anbietet.> <Aber so viel Geld haben wir doch gar nicht.>, spreche ich meine Gedanken viel zu schnell laut aus und bereue es direkt. <Ja, das wissen wir auch. Deshalb ist es ja noch lächerlicher als sowieso schon.>

Ich mag es nicht, wie er sich über meinen Vater lustig macht. Er versucht doch bloß mich zu retten, vor was auch immer sie mit mir vor haben. Daher wechsle ich das Thema: <Wohin fahren wir heute Abend?> <Wir werden nach Mexico fahren. Genauer gesagt nach Las Arenitas, dort steht das Ferienhaus meiner Mutter. Und da wir mindestens 26 Stunden unterwegs sein werden, fahren wir mit zwei Wohnmobilen. Du brauchst dir aber gar keine Hoffnungen machen. Dank Zora wird die Polizei denken, dass wir dich nach Montana bringen. Und abhauen wirst du auch nicht können, da passe ich schon auf.> Alle meine Hoffnungen gehen den Bach runter, ich will jetzt einfach nur noch heulen und zurück nach Hause. Das muss hier doch mal ein Ende haben.

Wieder am Hauptsitz der Mafia angekommen, bringt Collin mich sofort in das Zimmer. Gerade als er gehen will knurrt mein Bauch, weshalb er noch schnell sagt: <Ivo macht Pizza, ich bring dir ein Stück.> <Auch zwei?>, frage ich nach, da ich heute noch nichts gegessen habe und verhungere. <Ja auch zwei, bin gleich wieder da.>, antwortet Collin und verlässt mein Zimmer. Jedoch nicht ohne abzuschließen. Jetzt wäre meine letzte Chance abzuhauen, vielleicht durchs Fenster. Aber wie weiß ich nicht. Draußen sind viel zu viele Wachen. Ich schaffe das niemals.

Im Auge der MafiaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt