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Auf dem Rückweg schwiegen beide... Josh war tief in seinen Gedanken versunken. Auf der einen Seite tanzte sein Herz vor Glück, dass Gwendolyn doch nicht tot war. Auf der anderen Seite hatte er ein mörderischen Bratz auf seinen eigenen Alpha.
Der hatte es doch tatsächlich gewagt, seine geliebte beste Freundin anzugreifen.
Hätte Josh sich nicht wie eine menschliche Brezel um ihn herumgewickelt, würde sich Gwenny gerade über ein paar gebrochene Knochen freuen können.
Immer wieder linste der kleine Omega den schrankartigen Riesen an seiner Seite finster an und grummelte wütend vor sich hin.
„Beruhige dich, Josh... Es ist ja nichts passiert!" murmelte Rafe leicht genervt und Josh verschluckte sich beinah an seiner Wut.
Nichts passiert?
Nichts passiert!
Oh, er würde seinem Alpha gleich ‚nichts passiert' geben!
Und das links und rechts, wenn es nach ihm ging!
Kaum hatten sie ihr Haus erreicht, stapfte der Kleine mit geballten Fäusten und wie ein Miniatur Höllenhund fauchend und knurrend zu seinem Nest hinüber.
So schnell er konnte, entledigte sich Josh seiner Sachen und wühlte sich unter die unzähligen Lagen an Kuschelflausch, um den Vollstrecker erst mal aus dem Weg zu gehen... Ansonsten hätte er ihn vermutlich so lange mit einem der großen Kissen bearbeitet, sprich geschlagen, bis einer von ihnen müde geworden wäre.
Klar, das wäre hundert pro der Omega selbst gewesen, aber hier ging es schließlich ums Prinzip!
Rafe begriff anscheinend, dass im Moment nichts Gutes dabei rauskommen konnte, wenn er sich zu seinem Gefährten ins Nest kuscheln würde und tat das einzig Vernünftige... er richtete sich sein Nachtlager auf dem Sofa ein.
Einmal nur versuchte der Alpha den naschsüchtigen Winzling hervorzulocken, indem er mit den köstlichen Keksen aus der Bäckerei vor der Kissenfestung herumwedelte, doch als eines der besagten, mit weichen Federn gestopften Dinger zielsicher an seinem Ohr vorbeisegelte, stellte der große Mann den Teller seufzend auf die Kommode und überließ Josh sich selbst.
Der kleine Omega schmollte... und kochte gleichzeitig vor Wut!
Er wusste, dass die nahende Hitze alle seine Gefühle befeuerte, die Guten wie auch die schlechten. Und so war es nicht weiter verwunderlich, dass sich Josh nun auf einer regelrechten Gefühlsachterbahn befand. Mal lag er auf dem Rücken und jubelte glücklich über dem Wissen, dass Gwenny wieder in seinem Leben war, im nächsten Moment grub er seine Zähne in ein Decke und zerrte grollend wie ein Wolf daran, um irgendwie den bohrenden Zorn auf Rafe Ausdruck zu verleihen.
Ach, und dann waren da noch die Episoden, in denen er mit einer mörderischen Erektion zu kämpfen hatte!
Da er nun an einen Clan gebunden war, nahm er auch keine Unterdrückungsmedikamente mehr, so dass er die Hitze und inklusive sämtlicher Vorboten fröhlich in all ihrer glorreichen Pracht durchstehen konnte.
Wie wahnsinnig toll das Leben eines Omega ist doch wahr!
Sarkasmus ließ grüßen!
Die nächsten zwei Tage verbrachte Josh auf die gleiche Weise. Lachend, knurrend und frustriert vor sich hin jaulend und immer mal wieder versuchend, den handfesten Ständer irgendwie in den Griff zu bekommen.

Am dritten Tag hatte Rafe den Kaffee gründlich auf und tauchte todesmutig zwischen die unzähligen Lagen aus verschiedenfarbigen Flausch und zerrte den wie eine Sirene kreischenden Omega an den Fußgelenken packend aus seiner Höhle.
„Jetzt benimm dich, Josh! Du gehst duschen, dann wirst du was essen und danach werden wir beide zusehen, dass wir diese Missstimmung zwischen uns bereinigen. Du hattest jetzt über zwei Tage deinen Willen, aber nun langt es! Tu, was ich dir sage, oder ich verklopfe dir deinen niedlichen Knackpopo, bis du morgen nicht mehr sitzen kannst!"

Sprachlos ließ der Junge sich ins Badezimmer schleifen, doch dort angekommen fauchte er Rafe solange an, bis der Alpha genervt die Augen verdrehte und in die Küche davonstiefelte.
Aus wilden Augen starrte Josh die geschlossene Tür an, als könne er sie dadurch pulverisieren. Sehr zu seinem Leidwesen widersetzte sich die Eiche rustikal den verzweifelten Bemühungen, so dass der Kleine sich schließlich frustriert abwandte und dem warmen Wasser eine Chance gab.
Doch auch eine gute halbe Stunde, etliche Liter und eine zümpftige Masturbation später, hatte sich an seiner Gefühlslage nicht wirklich was geändert.
Wütend strubbelte Josh sich mit einem Handtuch die braunen Haare trocken und stapfte ins Schlafzimmer, um sich eine weiche Jogginghose und ein schlichtes Baumwollshirt anzuziehen.
Für einige Herzschläge spielte er mit dem Gedanken, sich über das Badezimmerfenster zu seiner Grammy abzuseilen, doch als hätte er es gespürt, erschien Rafe im Türrahmen und knurrte: „Denk nicht mal dran! Ab in die Küche! SOFORT!"
„Pfff..!"
Beleidigt schnaubend reckte der Kleine seine Nase empor und marschierte an seinem Alpha vorbei in Richtung Küche.
Klar hatte er Hunger, schließlich war die einzige Nahrung der vergangenen Tage die zugegebenermaßen köstlichen Schokoladen-Mandel-Baiser Kekse gewesen, aber - und der Omega konnte diesen Gedanken kaum zu Ende denken, ohne in gnadenlosen Selbsthass zu versinken - nun brauchte er etwas Herzhaftes zwischen die Beißerchen!
Also stopfte er sich gierig die Backen mit dem leckeren Reisauflauf mit Zucchini und gebratenem Hühnchen voll, welchen Rafe so vortrefflich zubereitet hatte.
Der riesige Alpha lehnte an der Kücheninsel und betrachtete zufrieden das schmatzende Herz seines Clans, dann stellte er ein großes Glas mit Apfelschorle vor den Jungen und wartete geduldig, bis auch dieses geleert war.
Danach legte der Vollstrecker den Kopf schief, verschränkte die Arme vor der Brust und fragte mit einem leichten spöttischen Lächeln: „Gesättigt, Kleiner? Bist du nun wieder zurechnungsfähig?"

Das war's!
Josh's Schulterengelchen warf frustriert die Arme in die Luft und entschloss sich zu einem spontanen Kurzurlaub auf den Bahamas, damit es für die folgenden Minuten ein Alibi haben würde.
Derweil plusterte sich Josh's Schulterteufel freudig auf, rieb sich hämisch gackernd die Pfötchen und begann mit seiner Arbeit...

„ZURECHNUNGSFÄHIG? SAG MAL, BIST DU IM OBERSTÜBCHEN ETWA FALSCH VERDRAHTET? Du ARROGANTER... du EINGEBILDETER... ICH GEB DIR GLEICH ZURECHNUNGSFÄHIG!" brüllte der Winzling los und sprang vom Stuhl auf.
Rafe hob warnend eine Augenbraue und wollte eine gutgemeinte Ermahnung geben, als der Löffel, mit dem Josh gerade sich noch den Bauch vollgeschlagen hatte, gegen die Stirn des Alphas knallte.
„JOSH! HÖR AUF!" donnerte der Mann stocksauer und bewegte sich auf den aufgebrachten Jungen zu.
Doch dieser hatte weder die Intension sich einfangen zu lassen, noch wollte er sich beruhigen.
Sein Schulterteufelchen leistete schließlich hervorragende Arbeit und die wollte auch angemessen gewürdigt werden!
Also warf er alles, was er zwischen die Fingerchen bekam, in Richtung seines Gefährten, schimpfte ununterbrochen wie ein kleiner Rohrspatz und bedachte ihn dabei mit Ausdrücken, für die Rafe ihm sehr bald den Mund mit Seife auszuwaschen gedachte!
Mittlerweile hatten sie ihren ungleichen Disput ins Wohnzimmer verlagert, wo - sehr zum Leidwesen des Vollstreckers - ein beeindruckendes Arsenal für den vor Wut spuckenden Omega bereit lag.
Der Alpha zischte schmerzerfüllt auf, als ein schwerer Brieföffner aus Messing seinen Oberarm traf.
Josh legte auch direkt nach!
Er schnappte sich eine schöne Blumenvase aus feinem Porzellan und schleuderte sie zielsicher an dem Mann vorbei. Das schicke Stück zerbarst neben Duncan, der just mit dem restlichen Zirkel wieder zur Tür hereinkam.
„Wow... was ist denn hier los?" fragte der Clansführer entgeistert und wurde von einer gebrüllten Schimpftirade ihres Lieblings übertönt.
„Du verdammter Doofkopf! Du wusstest doch, wer sie war! Was sie mir bedeutet! Wie sehr mich ihr Verlust gebrochen hat! Du... du..."
Duncan seufzte schwer und war mit ein paar Schritten bei dem tobenden Clanherzen, hob den Jungen auf seinen Schoß und setzte sich mit ihm in einen Sessel.
„Das war jetzt nicht gerade die Begrüßung, die wir uns erhofft hatten! Was ist denn passiert, Baby? Hm? Was hat dich so aufgebracht?"
Liebevoll streichelte der braunhaarige Mann den Rücken des Gefährten und Josh sprudelte wie ein Wasserfall das Vergehen des Vollstreckers heraus.
Mit strafenden Blicken sahen die vier Männer zu Rafe über.
Xander schüttelte tadelnd den Kopf und seufzte leise. Der dunkelhäutige Riese hob abwehrend die Hände und maulte: „Was hattet ihr denn gemacht? Sie war frech uns gegenüber und hat unseren Kleinen hier angebrüllt... Ich hatte doch praktisch keine andere Wahl!"
Josh wurde vor Wut puterrot im Gesicht, fletschte die Zähne und wand sich aus der Umarmung des Clanführers. Mit einem gewaltigen Satz hechtete er, die Finger zu Krallen gekrümmt auf Rafe zu.
„Ah, ah, ah... nicht doch, mein Kleiner!"
David pflückte den aufgebrachten Omega aus der Luft und drückte ihn zärtlich an die muskulöse Brust.
„Es wird alles wieder gut, mein Liebling! Hat der böse, böse Rafe deine kleine Gwenny denn verletzt? Nein? Na, siehst du... Es ist doch kein Schaden entstanden. Also beruhigt dich endlich, Schätzchen!"
Kaum hat er das gesagt, begann er zärtliche kleine Küsse auf dem Hals des immer noch wütend vor sich hin grummelnden Omegas zu verteilen... so lange, bis Josh aufhörte, den Vollstrecker mit Blicken grausam zu Tode quälen zu wollen und seinen Nacken reckte, um dem knutschenden Headhunter besseren Zugang zu gewähren.
Verstohlen atmeten die Alphas auf und Duncan warf einen Blick zu Rafe hinüber.
Dieser nickte und murmelte betreten: „Mit Omegas sollte man sich echt nicht anlegen! Der kleine Rotschopf war ähnlich angepisst, wie unser Josh hier."
„Rotschopf?"
David hörte auf dem Nacken seines Liebsten diverse Knutschflecke zu verpassen und richtete sich auf.
Der Vollstrecker nickte geistesabwesend und rieb sich geistesabwesend den Oberarm, während er eine kurze Beschreibung der niedlichen Epsilon gab.
Xander gluckste amüsiert und sagte leise: „Tja... die Welt ist klein... irgendwie kommt mir diese Maus doch sehr vertraut vor!"

Brennende HimmelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt