Als Josh erwachte, hatte er das Gefühl, als würde irgendjemand mit einem Vorschlaghammer auf seine Großhirnrinde einprügeln. Und kaum hat er die Augen geöffnet durchzuckte ihn die Erinnerung... das Gefühl eines furchtbaren Dejavus.
An diesem Punkt war er doch schon mal gewesen! Gefangen in einem kalten, engen, feuchten Raum unter der Erde.
So ein mistiger Doppelmist aber auch!
Wie konnte das jetzt wieder passiert sein? Mühsam richtete der Omega sich auf und tastete um sich herum. Seine Hände trafen auf etwas lebendiges.
Kurz stieß er ein panisches Quietschen aus, dann berührte er seidiges Haar.
Definitiv zu lang, um eine Ratte zu gehören! Vor allem, da diese langen Haare zu einem Körper gehörten, der ihm nur allzu vertraut war.
„Gwen?"
Doch Gwen rührte sich nicht... Er legte eine Hand auf ihre Brust und konnte das ruhige Schlagen ihres Herzens spüren.
Na, wenigstens war sie nicht tot!
Allerdings... wer war auch schon so bescheuert, zwei wertvolle Clanherzen zu ermorden? Geschweige denn, sie überhaupt erst mal zu entführen. Und als er sich diese Frage stellte, wusste Josh auch, wer so saudämlich gewesen war.
Irgendwie war die Bunkeranlage unter Cliffmanor kompromittiert gewesen und das Letzte an, dass er sich erinnern konnte, war ein widerlich süßlich riechender Dampf, der zunächst seine beste Freundin und dann ihn selbst ausgeknockt hatte.
Ein Teil von ihm wollte hysterisch loslachen, ihm klar wurde, dass seine so auf Sicherheit bedachten Alphas den falschen Teil des Hauses überprüft hatten. Aber... wer würde schon auf die Idee kommen, dass die Bunkeranlage, welche drei Weltkriege überstanden hatte, beschädigt worden war. Und zwar nicht von außen, sondern von innen!
Stöhnend rieb Josh sich übers Gesicht und spürte, wie sich ein Krampf fröhlich in seinem Unterleib einnistete.
Echt jetzt?
ECHT JETZT?
Nicht, dass sich seine Hitze sonst die günstigen Zeitpunkte aussuchte, aber genau jetzt loszulegen, war nun wirklich ein absolut hinterfotziger Move! Nachdem der Krampf angeklungen war, lehnte der Omega still vor sich hin japsend an der Wand, die Beine eng angezogen und haderte mit seinem Schicksal.Er spürte es mehr, als dass er es sah... Langsam kam seine Gwenny wieder zu sich und ganz offensichtlich ging es ihr ähnlich bescheiden wie ihm selbst. Die Epsilon stemmte sich hoch und rutschte promt auf dem schlüpfrigen Kellerboden aus.
„Au..." jammerte sie und Josh verdrehte die Augen.
„Tollpatsch... Gwen komm rüber!"
„JOSH?!"
Hastig krabbelte die junge Frau auf allen Vieren in seine Richtung... Anscheinend hatte sie ihre Lektion gelernt und verstanden, dass auf diesem wirklich rutschigen Boden das Vorwärtskommen auf zwei Füßen einfach zu gefährlich war.
Nur Sekunden später spürte Josh ein kurzen, harten Schmerz in seinem Knie und das gequälte Aufstöhnen seiner Besti zeigte ihm, das es sehr wahrscheinlich ihr Kopf gewesen war, der da mit ihm kollidiert war.
„Gwehen... jetzt komm schon her und hör gefälligst auf irgendwelchen Blödsinn zu machen," schnaubte Josh gereizt, packte seine Freundin an der Schulter und zog sie rasch neben sich.
Gwenny schniefte und kuschelte auf der Suche nach Trost und Geborgenheit sich in seine Arme. Josh presste sie fest an sich und kuschelte zurück.
Hey, er war auch nur ein Omega... und er hatte mit Kellern nicht unbedingt die besten Erfahrungen!
Genauer gesagt hatte er eine Scheißangst!
Nur dass diesmal seine Alphas zur Rettung heranstürmten würden wie beim letzten Mal, war doch eher unwahrscheinlich..
„Wo zum Teufel sind wir eigentlich?" wisperte sie, Josh kam seinem Bedürfnis nach und presste seine Lippen auf ihre Stirn. Dann fragte er leise: „Woran kannst du dich denn noch erinnern?"
Ihre Verwirrung war fast greifbar...
„Äh.. also... So wirklich klar ist noch der Flug mit dem Solarsegler. Wie du versucht hast deinen Xander in diese absolut lächerliche Pilotenuniform zu zwingen. Aber danach... sind es eher Splittermomente. Ich erinnere mich dunkel an das Haus... Es hatte große Panoramafenster, glaube ich... wir haben Nudeln gegessen? Mit Tomatensoße und irgendwas Grünem. Dann hat einer deine Alphas die Umgebung abgecheckt... War es Deke oder David?"
„Es war Deke... Sonst noch was?"
Die Kälte drang langsam nicht nur durch seine eigenen Glieder, auch Gwen hatte mittlerweile angefangen so sehr mit den Zähnen zu klappern, dass ihre Worte kaum noch verständlich waren.
„Ich glaub, wir beide sind durchs Haus getobt und haben uns unser Schlafzimmer ausgesucht und... äh... hatten wir einen Wettstreit, wer das größte Nest hatte?"
Josh schmunzelte bei der Erinnerung und rieb mit beiden Händen über ihre Oberarme.
„Kann man wohl sagen! Im ganzen Haus gab es nicht eine einzige, herrenlose Decke mehr! Und du hast gewonnen. Aber auch nur, weil du einen der Teppiche aus dem Wohnzimmer geklaut hast."
Seine Freundin kicherte leise vor sich hin und murmelte: „Jaaaa... Der war echt kuschelig! So einen will ich später auch in meinem Nest haben."
Schwere Schritte draußen auf dem Gang unterbrachen das leise geflüsterte Gespräch und Josh konnte hören, dass Gwen tief Atem holte, um loszubrüllen. Schnell legte er ihr eine Hand auf den Mund und zischte: „Pst... sei still! Wir sind nicht mehr in Cliffmanor. Wir beide haben den blöden unterirdisch gelegenen Bunker erkundigt und da haben sie uns geschnappt. Die verdammte Anlage war nicht mehr sicher und es gab wohl einen Durchbruch. Eine Art Geheimgang, der vom Palast direkt in unser vermeintliche sicheres Versteck geführt hat. Wäre ja echt zum totlachen, wenn man nicht darüber heulen sollte, dass meine beiden Alphas versucht haben, die Umgebung des Hauses sicher zu machen und der angeblich sicherste Teil der war, um dem wir uns tatsächlich Sorgen machen mussten!"
Gwendolin versteifte sich und flüsterte entsetzt: „Scheiße! Du willst mir doch nicht echt erzählen, dass wir uns in den Katakomben des verschissenen Palastes befinden. Bei Henry und Jays durchgeknallten und machtgeilen Vater?"
Müde nickte Josh und verstärkte den Griff um seine Freundin.
Er würde gerne sagen, dass er das nur machte, um sie zu beruhigen,
Fakt aber war, dass er selber kurz vor dem Nervenzusammenbruch stand, denn just erinnerte er sich an etwas anderes noch. Er war einmal während des Transports in den Palast wach geworden und hatte die regungslosen Körper seiner beiden Alphas neben sich liegen gesehen.
Er horchte tief in sich hinein und konnte spüren, dass das Band zu ihnen noch da war... aber es wurde schwächer. Und alles, was ihm davon abhielt, vor Panik völlig durchzudrehen, war der feste Griff um seine beste Freundin.
Diese streichelte sanft über seine Hände und fragte leise: „Josh... Was ist mit Deke und David passiert?"
Und diese sanfte Frage genügte, dass bei Josh die Dämme brachen. Tränen liefen ihm über die Wange und sickerten in den Stoff von Gwendolyns T-Shirt.
„Ich weiß nicht, wie lange sie noch durchhalten. Ich kann spüren, dass sie noch leben. Aber sie werden schwächer... sie müssen auch hier irgendwo sein."
Gwen kuschelte sich enger an den schluchzenden Omega und versuchte, ihm Trost zu spenden. Doch mitten in diese Heul-Session klapperten Schlüssel und dann öffnete sich die schwere, altmodische Stahltür mit einem leisen Knarren. Die beiden Herzen brauchten keine weitere Aufforderung. Sie agierten, als hätten sie bereits seit etlichen Jahren genau auf diesem Moment hintrainiert. Denn das war sie... die eine Chance, die sie bekommen würden.
Und verdammt noch mal, sie würden diese nutzen und zwar gründlich!
Licht flutete in den winzigen Raum und wurde kurz danach wieder von der Silhouette eines riesigen Alphas blockiert. Berauscht durch den schweren Beerenduft, den sowohl Josh wie auch Gwendolyn ausströmten, brüllte der wandelnde Kleiderschrank und machte einen Schritt nach vorne, um sich die beiden zu packen...
Aber Omegas und Epsilons waren ausgesprochen agil und so schafften es die beiden immer wieder dem Gorilla auszuweichen, bis er schließlich vor Wut außer sich versuchte, seinen massigen Körper in die kleine Zelle hineinzuquetschen.
Und wie jeder Alpha hatte er die Angewohnheit, das mit sehr weit gespreizten Beinen zu tun!
Ohne eine weitere Aufforderung tauchten die zwei ein letztes Mal unter seinem Griff hindurch und rutschten auf dem schlüpfrigen Boden durch den weiten Schritt des massigen Grobian in den Gang hinaus. Gwen drehte sich noch einmal um und trat dem Kerl mit aller Kraft in die Kronjuwelen, was sehr effektiv das Brüllen des Alphas beendete und ihn mit einem Jaulen zusammenklappen ließ. Kaum war Gwenny sicher neben Josh auf dem Gang, warf dieser die schwere Stahltür mit aller Kraft ins Schloss und drehte den Schlüssel um. Danach zog er ihn ab und steckte ihn ein.
„Ich muss meine Alphas suchen!" zischte er leise und Gwendolyn nickte verbissen.
Josh wirbelte herum und sprintete den Gang entlang, dicht gefolgt von seiner Besti.
Er konnte sie spüren... seine beiden Männer. Es war, als wären sie der Magnet und Josh selbst ein Stück Eisen, das mit rasender Geschwindigkeit direkt in ihre Richtung gezogen wurde.„... laufen direkt in eine Falle!"
Mit einem Ruck packte Gwen Josh am T-Shirt und zerrte ihn in einen Nebengang, gerade noch recht rechtzeitig, denn nur wenig später kamen drei Beta in schwarzes Leder gekleidet an ihrem Versteck vorbei
„Als würde unser hoch geschätzter König sich von seinen Söhnen so leicht überlisten lassen. Die Falle ist gesetzt und jetzt, wo die Epsilon in unserem Gewahrsam ist, hat der Prinz keine Chance mehr... Sein Clan wird vor ihren Augen hingerichtet und dann kann der König endlich einen würdigen Nachfolger mit dieser kostbaren und köstlichen kleinen Beute zeugen."
„So eine Epsilon Muschi soll ja legendär sein... Ganz besonders, wenn sie nicht willig ist. Fuck, was wünsche ich mir, dass ich da mal eine Kostprobe nehmen könnte!"
Das derbe Gelächter entfernte sich und Josh sah in Gwen entsetztes Gesicht, wohlwissend, dass er sein eigenes vermutlich ein Spiegelbild dessen war.
„Ich muss sie warnen! Joshi... Ich muss... sie.. eine Falle!"
Der Omega packte die junge Frau fest an den Schultern und schüttelte sie.
„GWEN! Komm mal wieder runter! Wenn du jetzt kopflos drauflosrennst und irgendwelche Heldentaten versuchst, gefährdest du nicht nur dich selbst und dein Baby, sondern auch mich, meinen Clan und vor allem deinen Clan! Wir müssen Deke und David finden. Wir brauchen Alphastärke auf unserer Seite! Also los jetzt... Lass uns meine Männer retten, damit wir dir helfen können, DEINE zu retten!"
Nach einigen Sekunden inneren Kampfes nickte Gwen hektisch und wischte sich die Tränen von der Wange
„Du hast recht. Du hast ja recht... Los, weiter!"
Tatsächlich kamen sie aber nicht mehr weit, bis ein lautes, mehrstimmiges und sehr wütendes Gebrüll hinter ihnen klar machte, dass ihre Zeit abgelaufen war. Anscheinend hatten die Betawachen den eingesperrten Gorilla gefunden und rausgelassen und der war anscheinend nicht wirklich glücklich darüber, wie er in der Zelle gelandet war.
„Oh, oh..." flüsterte Gwenny, kurz wechselten beide einen Blick, dann rannten sie los... die schweren, donnernden Schritte ihrer Verfolger im Nacken.
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Brennende Himmel
FantasyJosh ist ein begabter junger und sehr fleißiger Mann, dessen Herzenswunsch es ist, Kinderarzt werden will. An für sich ist das ja kein utopischer Wunsch... das Problem an der ganzen Sache ist nur, dass er ein genetischer Volltreffer ist. Ein geschle...