#8 Übernachtung

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Logan

Nachdem ich nicht nach Hause fahren konnte, genehmigte ich mir noch ein weiteres Glas Wein. Zoe war bereits schlafen gegangen, da sie Kopfschmerzen hatte, wodurch ich mit Jordan alleine auf der Couch saß. Im ersten Moment war mir die Einladung zur Übernachtung unangenehm gewesen, aber mittlerweile sah ich es positiv. Ich hatte Zeit, um an mehr Informationen zu gelangen. Vielleicht würden wir uns sogar körperlich näher kommen, überlegte ich. Da wir nebeneinander saßen, nutzte ich die Chance, um einen Arm um Jordans Schultern zu legen. Ich empfand die Geste als komisch, da er eigentlich ein paar Zentimeter größer als ich war. Er war so sehr in die Couch eingesunken, dass der Unterschied nicht auffiel.

„Tut mir leid, ich war in Gedanken und habe gar nicht gemerkt, was ich mache", entschuldigte ich mich, als er mich verdutzt anschaute. Wenn ich gegähnt hätte, hätte das meine Berührung noch weniger gerechtfertigt. „Ist nicht schlimm", winkte er ab, wobei sein Ton sanft klang. Ich wollte meinen Arm bereits zurückziehen, als er seinen Kopf gegen mich sinken ließ. „Ich mag es", murmelte er leise, was mich zum schmunzeln brachte.

Ich spürte, dass er tief durchatmete, aber er sagte nichts weiteres. Ein fruchtiger Duft, der eindeutig von seinen Haaren kam, drang in meine Nase. Da ich nicht wie ein Irrer rüberkommen wollte, lenkte ich meinen Blick zurück auf den flackernden Fernsehbildschirm. Als Zoe noch wach gewesen war, hatten wir uns auf die Serie ›Modern Family‹ geeinigt. Bisher hatte noch keiner von uns beiden etwas gegen die Serie gesagt, wodurch sie noch immer lief. Leise lachte Jordan, wodurch ich seinen warmen Atem noch stärker an meinem Hals spürte. Ich überlegte, ob ich meinen Arm von ihm neben sollte, damit ich eine Hand auf seinem Oberschenkel ablegen konnte, aber verwarf die Idee schleunigst. Erstmal musste ich mich mit unserer derzeitigen Position zufrieden geben, um nichts zu überstürzen. Wenn ich so etwas einfaches vermasselte, vermasselte ich noch viel mehr. Die Gefahr etwas falsch zu machen, war zu groß, wodurch ich jede Geste und Berührung mehrfach überdenken musste.

„Ich gehe jetzt schlafen", setzte Jordan sich aufrecht hin. Erschöpft streckte er sich, wobei mehrere seiner Knochen knackten. „Nochmal danke, dass ich hier übernachten darf. Ich hoffe, dass ich euch damit wirklich keine Umstände bereite", bedankte ich mich erneut. „Kein Problem. Wenn du etwas benötigst, ist mein Zimmer direkt nebenan. Gute Nacht", müde lächelte er mich an, als er aufstand.

***

Es war noch dunkel, als ich an meiner Schulter wachgerüttelt wurde. Verwirrt blinzelte ich, bis ich die Umrisse von Jordan erkannte, der neben der Couch kniete. Seine Haare, die sonst zu einem ordentlichen Mittelscheitel gekämmt waren, standen wirr von seinem Kopf ab. Müde gab ich einen fragendes Geräusch von mir, da ich nicht wusste, warum er mich mitten in der Nacht geweckt hatte. Nur einzelne Fetzen meines Traumes schwirrten mir durch den Kopf.

„Du hast geschrien", sagte Jordan. Er klang müde, aber zur gleichen Zeit auch besorgt. Seine Hand lag noch immer auf meiner angespannten Schulter. „Ich habe schlecht geträumt", entschuldigend schaute ich ihn an, obwohl er meinen Gesichtsausdruck gar nicht erkennen konnte. „Geht es dir denn gut oder brauchst du etwas?", fragte er fürsorglich nach.

Grübelnd fuhr ich mir mit der Hand durch die Haare. Nicht zu wissen, ob es einem selber gut ging, war komisch. Ich schob meine Verwirrung auf meine Müdigkeit und den Alkohol, denn es gab keine andere Erklärung dafür. Brummend schüttelte ich mit dem Kopf auf seine Frage hin, denn ich wollte ihn nicht weiter wachhalten. Irritiert legte er seinen Kopf schief. Mir fiel auf, dass ich nur eine Frage beantwortet hatte und er mein Kopfschütteln wahrscheinlich auf die erste bezog.

„Wie viel Uhr haben wir?", fragte ich zusammenhanglos nach. „Kurz vor drei", antwortete Jordan. Leise lachte ich. „Vor ein paar Jahren waren es noch gruselig, wenn man um diese Uhrzeit wach wurde", sagte ich. Ich musste an die Geschichten denken, die man sich in einem Sommercamp bei einem Lagerfeuer erzählt hatte. „Daran hat sich nichts geändert", entgegnete er trocken. „Buh!", machte ich, aber nicht, um ihn zu erschrecken.

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