#18 Arztbesuch

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Logan

Jamie als Arzt für Jordan zu organisieren war eigentlich das Letzte, was ich wollte, aber ich wollte, dass er keine Schmerzen mehr hatte. Bei jedem Treffen hatte ich das Gefühl, dass es schlimmer wurde. Ungeduldig wippte Jordan mit dem Bein auf und ab, da wir bereits eine Viertelstunde im Behandlungszimmer warteten. Mein Bruder ließ sich Zeit, wahrscheinlich mehr als nötig. Sanft legte ich eine Hand auf sein Knie ab, damit er still hielt. Ich merkte, dass er nervös war, da er sehr ruhig war. Mir kam es so vor, als ob er Angst vorm krank sein hatte. Sein Blick ging immer wieder unsicher durch den Raum und verharrte kurzzeitig an der Tür. Damit Jordan sich auf etwas anderes konzentrierte, drängte ich mich zwischen seine Beine und gab ihm einen Kuss auf die Stirn.

„Du brauchst keine Angst haben. Jamie ist ein guter Arzt", versicherte ich ihm. Auch wenn ich meinen Bruder nicht mochte, zweifelte ich seine Kompetenzen nicht an. „Lob von meinem kleinen Bruder, dass ich das noch miterleben darf", ertönte es hinter mir.

Da ich mit Jordan seine Symptome durchgesprochen und diese an Jamie weitergeleitet hatte, hatte dieser schon eine Vermutung, was die Schmerzen auslöste. Trotzdem bat er ihn das Oberteil auszuziehen, um sich selber die betroffene Stelle anzusehen. Auf seiner Schulter war mittlerweile ein großer roter Fleck, welchen ich schon am Abend erkannt hatte. Erst hatte ich gedacht, dass dieser durch die Wärmepflaster entstanden war, aber er verschwand nicht. Jamie tastete die Stelle ab und stellte monoton verschiedene Fragen.

„Wir machen ein Bild im MRT, um zu schauen, ob mein Verdacht sich bestätigt", nannte mein Bruder den nächsten Schritt. Zweifelnd schaute Jordan mich an, wodurch ich bereits die Sorge hatte, dass er jeden Moment abhauen würde. „Dauert es nicht total lange, um einen Termin zu bekommen?", fragte er nach. Er versuchte unauffällig drumherumzukommen. „Wenn du nicht der Freund meines Bruders wärst, ja. Ich habe das Gerät gestern vorsichtshalber reserviert", sagte Jamie.

Leise seufzte Jordan, da er wusste, dass er sich nichtmehr rausreden konnte. Mit einer Handbewegung signalisierte Jamie uns, dass wir ihm folgen sollten. Um die Nervosität von Jordan zu verringern, nahm ich seine Hand in meine und lächelte ihn sanft an. Das erste Mal war ich froh darüber, dass mein Bruder in einem Krankenhaus arbeitete. Da ich nicht mit in das Behandlungszimmer durfte, setzte ich mich auf den Gang und wartete geduldig. Der Scan sollte circa eine Viertelstunde dauern. Ich hoffte, dass sich Jamies Verdacht nicht bestätigte, denn ich Jordan durfte ansonsten mehrere Wochen nicht arbeiten. Zumindest nicht in dem Maß wie er es sonst tat. Ich wusste nicht, wie er darauf reagieren würde, aber ich konnte mir vorstellen, dass die Reaktion nicht positiv ausfällt. Mit einem leisen Seufzen legte ich meinen Kopf in den Nacken und schloss meine Augen.

***

Meine Befürchtung war wahr geworden. Jordan hatte eine Entzündung in der Schulter und durfte mindestens vier Wochen nicht arbeiten. Er musste für diesen Zeitraum eine Armschlinge tragen und durfte die Schulter nicht belasten. Mein Bruder hatte ihm noch zusätzlich Schmerzmittel verschrieben.

„Ich muss mit Ray telefonieren", sagte Jordan. Die ganze Rückfahrt hielt ich ihn schon ab, irgendwas zu machen, was mit seiner Arbeit zu tun hatte. „Wir sind gleich zurück und dann kannst du das machen", erwiderte ich zum wiederholten Mal.

Sein genervtes Seufzen war verständlich. Seine Aushilfe arbeitete erst wenige bei ihm und er wollte ihn weder kündigen noch alleine lassen. Vor wenigen Tagen war erst der Überfall gewesen und Ray hatte glücklicherweise keine Andeutung gemacht, dass er kündigen wollte. Der Shop musste Jordans Meinung nach trotzdem weiter betrieben werden. Ich bewunderte ihn für den Ehrgeiz, den er an den Tag legte, denn finanziell machte eine Schließung für ihn kaum einen Unterschied. In so einem Moment merkte man, dass ihm die Arbeit sehr wichtig war. Zoe hatte nicht ohne Grund gesagt, dass Jordan mit seiner Arbeit verheiratet war. Wenn das gesetzlich erlaubt wäre, hätte er das wahrscheinlich gemacht, vermutete ich. Als ich vorm Haus parkte, stieg er zügig aus, woraufhin ich ihm folgte. Ich wusste nicht, ob Zoe wieder zuhause war, wodurch ich ihn nicht alleine lassen wollte.

Zeit ist GeldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt