Zeit ist Geld

#5 Mittagessen

Jordan

Still schweigend lief ich neben Logan entlang, nachdem wir die Bar verlassen hatten. Er hatte darauf bestanden mich nach Hause zu bringen, da dieses Fußläufig erreichbar war. Ich war mir sicher, wenn das nicht so gewesen wäre, hätte er mich gefahren. Da wir bereits Mitte Oktober hatten, hörte man, wie der Wind die Blätter durch die Straßen fegte. Obwohl es meist matschig und regnerisch war, mochte ich den Herbst am liebsten. Nur die geringen Temperaturen störten mich, da ich schnell fror, wie an diesem Abend. Glücklicherweise waren wir nur noch wenige Hundert Meter von meinem Zuhause entfernt.

„Der Abend war sehr schön", sagte ich mit einem Lächeln auf den Lippen, als wir vor der Haustüre standen. Logan lehnte nur circa anderthalb Meter von mir entfernt an der Ladentür. Die Hände hatte er in seiner schwarzen Jeans vergaben, bis er nach mir ausstreckte und mir diese auf den Oberarm legte. „Das fand ich auch. Ich hoffe, dass wir das nochmal wiederholen werden", stimmte er mir zu. „Es würde nichts dagegen sprechen", stellte ich fest. „Einen schönen Abend dir noch", verabschiedete er sich und wendete sich in die Richtung von der wir gekommen waren.

Mit einem glücklichen Lächeln griff ich nach meinem Schlüsselbund, um die Haustür aufzuschließen. Bereits auf der Treppe konnte ich den Fernseher hören, der im Wohnzimmer vor sich hin flimmerte. In meinem Zimmer entledigte ich mich meiner Kleidung, um diese gegen gemütlichere einzuwechseln. Aus der Küche hörte ich das verräterische Quietschen von dem Hängeschrank, welcher Gläser beinhaltete. Zoe bat mich bereits seit Wochen die Tür zu reparieren, aber ich vergaß es andauernd. Als ich das Wohnzimmer betrat, saß sie längst wieder auf der Couch und nippte an ihrem Rotwein. Auf dem Tisch stand ein weiteres gefülltes Glas, was mir erklärte, warum sie in der Küche gewesen war. Wie eine Beute, die ins Netz gegangen war, schaute sie mich an, als ich mich an das andere Ende von der Couch hinsetzte.

„Wie war dein Date? Ich möchte alles wissen", forderte Zoe, nachdem ich einen Schluck von dem Wein genommen hatte. „Wir beide sind für eine Wiederholung", ließ ich nur verlauten, was sie zum quietschen brachte. Wenn unsere Fenster oder Gläser zersprungen wären, hätte mich das nicht gewundert. „Ich wusste, dass es eine gute Idee war, dich zu der Versteigerung zu überreden", freute Zoe sich. „Ich bin gespannt, wann Logan keine Lust mehr auf mich hat", sagte ich.

Bisher verliefen die ersten zwei oder drei Dates gut, aber ab danach war nichts mehr von der vorherigen Energie zu spüren. Ich wusste nicht, ob es an mir lag, aber ich vermutete es. Wenn ich mich mit jemanden nach Ladeschluss getroffen hatte, war ich vollkommen erledigt und nicht sonderlich gesprächig. Einmal war ich sogar in einer Bar eingeschlafen und alleine wieder aufgewacht. Nach dem Tod von Dad war ich häufig in Gedanken gewesen, wodurch ich meinem gegenüber nicht genügend Aufmerksamkeit und Interesse geschenkt hatte. Wenn ich so darüber nachdachte, würde ich mit mir selber auch nicht ausgehen.

„Sei nicht so pessimistisch. Logan möchte ein zweites Date und das ist ein gutes Zeichen. Da du selber auch für ein weiteres bist, denke ich, dass er kein Irrer ist", redete Zoe mir gut zu.

Bevor ich zu unserem Treffen aufgebrochen war, hatte ich die Sorge gehabt, dass Logan ein Irrer oder Vergewaltiger sein könnte, was sich glücklicherweise nicht bestätigt hatte. Ich hatte sogar mit Zoe eine Zahl ausgemacht, die ich ihr schreiben konnte, damit sie mich anrief, wenn das Date eine Katastrophe wäre. Als ich den Anruf von Ray erhalten hatte, hatte ich erst die absurde Befürchtung gehabt, dass ich die Notfall Nachricht abgeschickt hatte. Aus dem Augenwinkel erkannte ich, dass mein Handy, welches auf dem Tisch lag, aufleuchtete. In mir breitete sich bereits Hoffnung aus, dass Logan geschrieben hatte, aber ich wurde enttäuscht, denn es war nur eine Email mit Werbung. Ich hätte ihm selber schreiben können, aber ich wollte nicht aufdringlich wirken.