17 - rote Wangen - Julian

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- Dienstag, 02.04.24 - Under/Alex Hepburn -

Mein Rücken schmerzte noch immer von der Nacht, die ich zuvor auf Toms Couch verbracht hatte. Nun saß ich in seiner kleinen Küche an dem klapprigen Holztisch und trank aus meiner Tasse Kaffee. Vorsichtig dehnte ich meinen schmerzenden Nacken und versuchte, die Müdigkeit aus den Gedanken zu vertreiben. Mittlerweile hatte ich ein wenig Zeit gehabt, um alles zu verdauen.

Das Spiel am Sonntag hatten wir zwar verloren, aber es hatte wirklich gut getan, für sechzig Minuten einfach alles vergessen zu können und Tore zu schießen. Es hatte sogar so gut getan, dass ich einen absoluten Lauf hatte und satte sieben Tore geschossen hatte. Trotzdem war der Schmerz der Trennung und des Vermissens danach wieder in mein Herz eingetreten.

Sie fehlte mir so unglaublich. Sie war einfach meine erste Anlaufstelle für alles gewesen. Ich hatte alles mit ihr geteilt und ihr so vieles erzählt, was sonst niemand wusste. Jetzt hatte ich nicht mehr so wirklich die Möglichkeit, über alles zu reden, was so in mir abging. Und das fiel mir unglaublich schwer. Ich hatte nicht nur meine Lebensgefährtin verloren. Mit ihr war auch meine beste Freundin gegangen. Nein. Sie war nicht gegangen, ich hatte sie mit meinen Aktionen und Worten vertrieben.

Wieder einmal stiegen Schuldgefühle und Verlustschmerzen in mir hoch. Ich versuchte, sie zu verdrängen. Es war noch zu früh für Tränen. So schluckte ich zügig den Rest meines Kaffees herunter und erhob mich, um die Tasse aufzuräumen. Aufs Neue fiel mir auf, wie dankbar ich doch für Toms Hilfe und Gastfreundschaft war. Er hatte so viel für mich in den letzten paar Tagen getan. Schon ratterten meine Gedanken wieder. Wie konnte ich das ihm jemals heimzahlen? Mit einer Tafel Schokolade war das nämlich wirklich nicht erledigt.

Ich trat aus der Küche und wollte mich gerade wieder zu meinen Sachen begeben, die neben der Couch standen. In diesem Moment kam Tom aus seinem Schlafzimmer und gähnte. Er erschrak sich leicht, als er mich sah. "Na? Seit wann bist du bitte denn schon wach?" Ich lächelte leicht. "Konnte nicht schlafen..." Er nickte nur und zeigte so sein Mitgefühl.

"Okay, wir haben noch eine gute Stunde Zeit bis zum Training. Ach stimmt, hast du überhaupt noch frische Klamotten da?" Ich überlegte kurz und schüttelte dann den Kopf. Er grübelte kurz. "Gut. Dann bekommst du eine Hose von mir und schreib am besten Miro, dass er dir noch ein extra Tshirt mitbringt. Ich bezweifel nämlich stark, dass du in eins von mir reinpasst..." Wir beide lachten leicht.

Für einen kurzen Moment vergaß ich, warum ich so traurig war. Dann nistete sich wieder der Schmerz in meinem Herz ein und mein Lachen erstarb. So meinte ich nur: "Mach ich. Und danke dir." Er winkte lachend ab. "Nicht dafür, bitte. Warte kurz, ich hol dir schnell eine Hose." Mit diesen Worten verschwand er in seinem Zimmer und kam kurz darauf mit einer schwarzen Sporthose wieder heraus. "So, die dürfte passen. Und wehe, du sagst noch einmal das Wort 'danke' heute", mahnte er mich spielerisch tadelnd. Ich nickte nur. "Okay." Dann lächelte ich ihn ernsthaft an und versuchte so, meine Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen.

Ich schnappte mir mein Handy, welches er mir gestern Abend zurückgegeben hatte, vom Couchtisch und scrollte durch meinen WhatsApp-Verlauf. Bald fand ich den Chat von mir und Miro, und klickte auf den Namen, der mit einem blauen Herz versehen war.

Die Sache mit den Herzchen war eigentlich ein kleiner Witz beziehungsweise eine Strafe gewesen, die ich nach einer verlorenen Runde Rage Cage umgesetzt hatte. Jeder des Teams, dessen Handynummer ich besaß, hatte ein solches Herz hinter seinem Namen. Auch die Spielerfreundinnen hatten eins und so hatte ich nicht einmal lange überlegt, als ich auch Mia so eingespeichert hatte.

Wieder erinnerte ich mich an den Streit mit Lou und eine Wunde riss in mir auf, die gerade angefangen hatte, zu heilen. Klar, ich hätte wahrscheinlich auch so reagiert, wenn Lou einen Mann so eingespeichert hätte. Aber dass sie mir grundsätzlich misstraut hatte und direkt das Schlechteste in mir gesehen hatte, tat mehr weh, als ich es hätte beschreiben können. Aber die Trennung war vermutlich das Richtige gewesen. Und längst überfällig. Trotzdem schmerzte es immer noch sehr.

111 km/h  /// Julian Köster ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt